Wasser für die Welt: Luxemburgische Firma setzt auf Nischen im Weltmarkt des Trinkwassers

Wasser für die Welt: Luxemburgische Firma setzt auf Nischen im Weltmarkt des Trinkwassers

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Sauberes Wasser. Ein überlebenswichtiger Rohstoff, der immer seltener wird. Eine Herausforderung für die Welt. Gleichzeitig eine Chance für Unternehmen, die Lösungen anzubieten haben. Auch eine Luxemburger Firma mischt mit.

Die schwedische Insel Öland hatte ein Problem. Dem Urlaubsort fehlte es an Trinkwasser. Der Grundwasserspiegel war gefallen und das Wasser versalzte. Das lebensnotwendige Gut musste, vor allem in der Hochsaison, mit Lastwagen vom Festland über eine Brücke auf die zweitgrößte Insel des Landes transportiert werden.

Doch die Einwohner wollten ihre Selbstversorgung wieder herstellen. Um ihr Ziel zu erreichen, setzte die Gemeinde im Herbst 2017 auf eine Ausschreibung. Neben den traditionellen Weltmarktführern wie Veolia, Suez und BWT beteiligte sich daran auch ein junges Luxemburger Unternehmen, Apateq, welches schließlich gewann.

Bogdan Serban und Dirk Martin

Es galt, Wasser aus drei Quellen (behandeltes Abwasser, Wasser aus einem Salzwasserbrunnen sowie Wasser aus einem Brunnen, der nicht den Normen entspricht) in Trinkwasser umzuwandeln.

Dabei galt es zu beachten, dass einer der großen örtlichen Verbraucher ein Schlachthofbetrieb ist, der viel Abwasser erzeugt, aber nur an Wochentagen arbeitet.

„Schweden ist nur der Anfang“

„Im Gegensatz zu den anderen haben wir nur eine Anlage vorgeschlagen“, erklärt Dirk Martin, zuständig für den Vertrieb bei Apateq, gegenüber dem Tageblatt. „Die anderen schlugen alle, wie das gewöhnlich in der Vergangenheit gehandhabt wurde, zwei Anlagen vor.“

Dass die Anlage von Apateq funktioniert, hatte das Unternehmen bereits bewiesen. 2017 hatte es vor Ort eine Pilotanlage aufgebaut.

Zur offiziellen Eröffnung der mittlerweile laufenden Anlage kamen am 12. Juli dieses Jahres neben Prinz Félix aus Luxemburg auch Prinzessin Victoria von Schweden. Ihre Familie hat auf der Insel ein Ferienhaus, erzählt Dirk Martin. Prinz und Prinzessin tranken ein Glas Wasser aus der Anlage. „Das ist reines, remineralisiertes Wasser“, schmunzelt Dirk Martin. „Das Wasser wird im Reinigungsprozess komplett entsalzen (demineralisiert) und dann muss es wieder remineralisiert werden, damit es schmeckt.“

Auch wenn diese Anlage ein schönes Vorzeigeprojekt ist, so hat Apateq doch noch viel mehr vor. „Schweden ist nur der Anfang“, so Dirk Martin. „Wasserknappheit gibt es in vielen Ländern.“ Das Unternehmen ist gerade mal sechs Jahre alt. Der diesjährige Jahresumsatz dürfte die Marke von 20 Millionen Euro überschreiten.

Sechs Jahre altes Unternehmen

Die beiden Männer, die sich bereits von ihrem vorigen Job bei IEE in Echternach her kannten, haben zuvor Erfahrungen im Cleantech-Bereich sammeln können, bei der Firma Epuramat. Da sie dort ihre Visionen jedoch nicht umsetzten konnten, entschieden sich, ihre eigene Firma zu gründen.

Von Robert Dennewald, dem ehemaligen Präsidenten der Fedil, erhielten sie tatkräftige Unterstützung. „Wir sahen die Chance zu dem Zeitpunkt, die Zügel in die eigene Hand zu nehmen und wir haben sie genutzt“, so Dirk Martin weiter. „Das war alles schon ziemlich abenteuerlich.“ Im April 2013 wurde Apateq gegründet.

Funktioniert wie ein Kaffeefilter

Serban Bogdan und Dirk Martin stiegen mit ihrem neuen Unternehmen, wie zuvor geplant, in den Öl- und Gasmarkt ein. Sie boten ihre Membrantechnologie an, um das verschmutzte Wasser, das mit der Ölförderung zutage tritt, zu säubern. „Es funktioniert wie ein Kaffeefilter“, erklärt Dirk Martin. „Nur mit ganz dünnen Poren.“

Wie immer geht es um Kosten: Mit jedem geförderten Anteil Öl fallen drei bis fünf Anteile Wasser an – Wasser, das entsorgt werden muss, erklärt Martin weiter. „Oft wird es mit dem Lastwagen abtransportiert oder in alte Bohrlöcher eingepresst.“ Das sei aber deutlich teurer als die Betriebskosten einer Anlage von Apateq, so der Verkaufsmanager. Zudem könne das gesäuberte Wasser weiterverkauft werden.

Im Jahr 2015 verkaufte das Luxemburger Unternehmen seine erste industrielle Anlage in die USA. „Wir glaubten uns am Ziel“, so Bogdan Serban, Geschäftsführer von Apateq. Internationale Anerkennung im Ölmarkt sei nämlich nur möglich, wenn man auf Erfolge in den USA verweisen könne.

Doch dann machte die Weltkonjunktur den Unternehmern einen Strich durch die Rechnung: 2016 brach der Ölmarkt weltweit ein. Der Kunde, der die Abwasser-Containeranlage gekauft hatte, rutschte in die Pleite.

Eine Nische in der Schifffahrt

„Wir brauchten schnellstens Alternativen“, erinnert sich Serban. Immerhin sei Apateq speziell mit dem Ölmarkt im Visier gegründet worden. Gefunden wurde die Alternative schließlich in der Schifffahrt, „einem Sektor, den wir überhaupt nicht kannten.“

Zugute kam dem Unternehmen eine Entscheidung der IMO (International Maritime Organization). Die Organisation, die mehr als 170 Mitgliedsländer zählt, hat sich zum Ziel gesetzt, den Verbrauch von dreckigem Schweröl bis 2020 zu erschweren. Schiffseigner stehen bald vor der Wahl: Entweder sie kaufen teureren Treibstoff (mit einem geringeren Schwefelanteil) oder sie reinigen die Abgase, die beim Verbrennen von dreckigem Schweröl entstehen.

Beide Optionen kosten Geld. Laut Dirk Martin ist es jedoch „wesentlich günstiger“, billiges Öl zu kaufen und die Abgase dann zu reinigen. „Bereits nach einem Jahr kann sich das bezahlt machen“, unterstreicht er.

Ein komplettes System zur Reinigung der Abgase bietet Apateq nicht an. Diese Systeme (Scrubber, Rauchgaswäscher) produzieren jedoch Wasser, in dem die Schadstoffe gesammelt werden. „Und hier kommen wir ins Spiel“, so Dirk Martin. „Wir reinigen das Wasser, ehe es über Bord geht.“

„Alle Werften der Welt sind ausgebucht“

Das heißt, falls sich der Schiffseigner dazu entscheidet, die Abwasser zu reinigen. Alternativ kann er nämlich das Abwasser auch mit Meerwasser verdünnen und es dann ins Meer ablassen. Das ist in vielen Ländern in Küstennähe zwar verboten, auf hoher See jedoch nicht.

Kauf und Installation eines Rauchgaswäschers mit Wasseraufbereitung kostet zwischen drei und fünf Millionen Euro. Darin enthalten sind etwa 0,2 bis 0,3 Millionen Euro für Apateq.
In der Schifffahrt herrscht derzeit großer Druck, so Dirk Martin weiter. Die meisten Schiffseigner hätten nicht wirklich mit verpflichtenden Vorgaben gerechnet. „Nun müssen innerhalb kurzer Zeit alle Schiffe umgerüstet werden.“ Schlimmstenfalls kann man ihnen sonst die Einfahrt in einen Hafen verweigern. Und „derzeit sind alle Werften der Welt ausgebucht“, so der Vertriebsmanager weiter. „Auch wir können bei zusätzlichen Bestellungen frühestens Anfangs 2020 liefern.“

In den Räumlichkeiten der ehemaligen „Marbrerie Jacquemart“ in Kalchesbrück werden die Anlagen von Apateq nun in Serie hergestellt. „Eine Schicht schafft 12 bis 15 Anlagen pro Monat“, so Martin. „Von April bis August haben wir 35 Anlagen gebaut.“ Mehr als 130 feste Bestellungen hat Apateq bereits. „Die Kunden rennen uns die Bude ein. Der Markt boomt.“
„Vor vier Jahren waren wir in dieser Branche ein Niemand“, beschreibt Bogdan Serban die spektakuläre Entwicklung und den Auftragsaufschwung. Apateq habe sich mittlerweile zu einer weltweiten Referenz in dieser Nische der Schifffahrt entwickelt. „Wir haben einen Marktanteil von rund einem Drittel.“

Das Wachstum kam schnell. Vor einem Jahr beschäftigte Apateq gerade mal 17 Mitarbeiter. Heute sind es 72. Bis Jahresende will man 20 weitere Mitarbeiter einstellen. „Wir sind händeringend auf der Suche nach neuen Mitarbeitern“, so Serban. „Doch wir suchen Kämpfer. Menschen, die etwas erschaffen wollen.“

Den Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet Apateq derzeit in Asien. Rund 60 Prozent kommen aus der Schifffahrt und zehn Prozent aus dem Ölsektor.

Von 17 auf 72 Mitarbeiter

Mit aktuell 30 Prozent Umsatzanteil sind Trinkwasserprojekte das dritte Standbein der Firma. Zu diesem Bereich zählt die anfangs erwähnte Wasseraufbereitungsanlage in Schweden. Oder eine Sickerwasseranlage auf einer Mülldeponie auf Sizilien, die derzeit in Betrieb genommen wird. „Unser Kunde, der Betreiber der Mülldeponie, muss nun keine Lastwagen mehr bezahlen, um das Wasser abzutransportieren“, so Martin.

Doch so spannend die Großprojekte auch sind: Die Firmengründer glauben weiter fest an ihr ursprüngliches Konzept. Den Erfolg aus der Schifffahrt hoffen sie kurzfristig nun doch auch im Ölgeschäft wiederholen zu können. „Wir erwarten einen riesigen Boom“, so Martin. Das Potenzial im Ölmarkt sei dabei noch „viel größer“ als das in der Schifffahrt.

Die Vision bleibt das Ölgeschäft

Bogdan Serban ist nicht weniger optimistisch: „In einem Jahr wird der Öl- und Gasmarkt für uns den Bereich Schifffahrt bei weitem überholt haben“, unterstreicht er. Auch für diese Anlagen soll in Luxemburg eine Serienfertigung errichtet werden.

Die 2015 in den USA verkaufte Containeranlage zum Abwassersäubern hat Apateq mittlerweile zurück. Ein neuer Kunde hat sich auch gefunden. Nachdem eine neue Genehmigungsprozedur zwei Jahre gedauert hatte, wurde die Anlage nun Mitte August erneut in den USA eingeweiht. Eine solche Anlage kostet zwei bis drei Millionen Dollar.
Verkaufen wollen die Unternehmer ihre Firma jedenfalls nicht. Vor allem im Ölmarkt würde dies der Entwicklung der Firma sogar schaden. „Wer gekauft wird, der hat eine Farbe“, so Serban. „Dann ist man nicht mehr neutral.“ Ganz egal, ob der Käufer aus China, den USA dem Mittleren Osten, Frankreich oder Russland stammt. „Wir aus Luxemburg hingegen sind neutral und können überall hin. Zudem steht Luxemburg für Qualität.“

Prinz Félix aus Luxemburg und Prinzessin Victoria von Schweden stoßen mit einem Glas reinsten Wassers aus der Apateq-Anlage an

Für die längerfristige Zukunft machen sich die beiden Unternehmer keine Sorgen. „Bei Wasser werden noch viele Lösungen gesucht. 70 bis 80 Prozent aller Kläranlagen der Welt sind überlastet“, so Martin. „Die notwendige Technologie gibt es – was fehlt, ist der politische Wille. Erst wenn Trinkwasser teurer wird, werden die Leute beginnen, nach Alternativen zu suchen.“

Jacques Zeyen
20. August 2019 - 9.53

Bravo. Hightech sinnvoll eingesetzt. Schlage vor den amerikanischen Markt zu erobern.Der wird nämlich gewaltig,da die Trumpolinos durch Fracking serienweise ihre Quellen ruinieren.Hier müssen auch ganze Dörfer umgesiedelt werden weil die Quellen vergiftet sind.