Was bedeutet die Wahl für die EU?

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Europa will sich nach dem Brexit-Schock neu erfinden und wartet dabei auf sein größtes Mitgliedsland und die erfahrenste Regierungschefin des Kontinents. Kann nach der Bundestagswahl neuer Schwung in die EU kommen?

Die Unionsparteien mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Spitze haben sich bei der Bundestagswahl klar als stärkste Kraft behauptet, mussten aber herbe Stimmenverluste hinnehmen. Dem am Montagmorgen veröffentlichten vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge erreichte die CDU/CSU 33 Prozent der Stimmen. Die rechtspopulistische AfD zieht mit 12,6 Prozent als drittstärkste Kraft erstmals in den Bundestag ein.

Die SPD stürzte mit 20,5 Prozent auf ihr bislang schlechtestes Ergebnis ab. Der FDP gelang mit 10,7 Prozent der Wiedereinzug in den Bundestag. Die Linke landete bei 9,2 Prozent, die Grünen erreichten 8,9 Prozent. Rechnerisch ist damit außer einer erneuten großen Koalition nur ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP möglich. Die SPD kündigte allerdings bereits an, sie wolle in die Opposition gehen.

Die Wahlbeteiligung lag 76,2 Prozent. Die Union erhält im neuen Bundestag demnach 246 Sitze, die SPD erhält 153 Mandate. Es folgen die AfD mit 94 Sitzen, die FDP mit 80 Mandaten, die Grünen mit 67 und die Linke mit 69 Sitzen.

Der neue Bundestag ist mit 709 Abgeordneten aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten der größte aller Zeiten. Bislang gehörten dem Parlament 630 Abgeordnete an. Den bislang größten Bundestag gab es 1994 mit 672 Abgeordneten. Ohne Überhang und Ausgleichsmandate hätte der Bundestag eigentlich nur 598 Sitze, je zur Hälfte Direkt- und Listenmandate.

Den deutschen Wahlkampf haben die EU-Partner kaum beachtet. Angela Merkel gegen Martin Schulz – zwei überzeugte Europäer im Wettstreit, was sollte da groß schief gehen? Nun aber dürfte der Erfolg der Alternative für Deutschland einige in der Europäischen Union aufrütteln. Erstmals haben auch im größten EU-Mitgliedsland europakritische Rechtspopulisten einen großen Batzen Stimmen erobert. Die deutsche Dauerkanzlerin, die bisher in Europa so unangreifbar wirkte, sieht nach den schweren Verlusten der CDU/CSU politisch gerupft aus und muss nun wohl langwierig eine neue Regierung zimmern. Das dürfte die Geduld der europäischen Partner strapazieren, die endlich mit lange debattierten EU-Reformen loslegen wollen – allen voran der französische Präsident Emmanuel Macron.

Was bedeutet das gute Abschneiden der AfD?

Auch auf europäischer Ebene ist es ein ordentlicher Schock. Immerhin verlangt die AfD den Austritt aus dem Euro und die Absage an Gemeinschaftsprojekte wie eine europäische Verteidigungspolitik. Als der Rechtspopulist Geert Wilders im März in den Niederlanden mit ähnlichen Thesen rund 13 Prozent der Stimmen holte, zitterte halb Europa mit. Jetzt kommt die AfD auf ähnliche Größenordnungen. „Alle demokratischen Parteien in Deutschland müssen nun zusammenstehen, egal ob sie in der Regierung oder der Opposition sind“, fordert Außenminister Jean Asselborn.

Analyst Fabian Zuleeg vom European Policy Centre gibt allerdings zu bedenken, dass das AfD-Ergebnis nur wenig Einfluss haben werde. Denn die Partei bleibt in der Opposition. Aller Voraussicht bleibt Merkel Bundeskanzlerin und auch im nächsten Bundestag stellen die traditionell pro-europäischen Parteien die übergroße Mehrheit. Deutschlands Europapolitik werde sich kaum verändern, meint Zuleeg.

Gilt das denn auch, wenn die FDP mitregiert?

Merkel wird auf jeden künftigen Koalitionspartner Rücksicht nehmen müssen. Mit der FDP in einer möglichen Jamaika-Koalition würde die Linie schon etwas anders als mit den Sozialdemokraten. Die Liberalen haben zum Beispiel eine klare Absage an eine „soziale Säule“ Europas im Wahlprogramm, eine „Transferunion“ ist für sie ein rotes Tuch. Der Franzose Macron dürfte es da mit einigen seiner Reformideen schwer haben. „Beim Thema Eurozonen-Budget kommen wir nicht zusammen“, sagt etwa der bisherige FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff, der jetzt in den Bundestag wechselt. Andererseits sieht er „keinen Grund zur Beunruhigung“, sollte die FDP mitregieren. Seine Partei sei klar pro-europäisch und wolle den Erfolg der EU. „Wir werden mit den Franzosen reden“, sagt Lambsdorff.

Bliebe mit einer neuen großen Koalition für Europa alles wie bisher?

Die SPD verkündete noch am Sonntagabend, in die Opposition gehen zu wollen. Aus der Union wurde dies teils als verfrüht kritisiert. Doch auch bei einer Neuauflage der großen Koalition bliebe für Europa nicht alles beim Alten. Kanzlerin Merkel hat Macron schon im Mai Unterstützung für EU-Reformen zugesagt und die SPD will sie auch. „Wir können dem Ganzen eine neue Dynamik geben“, sagte Merkel damals. Sie zeigte sich offen für Macrons Ideen eines Euro-Finanzministers und eines eigenen Budgets der Eurozone – wobei beide damit nicht unbedingt dasselbe meinen.
In Brüssel erwartet man, dass Berlin und Paris sich abstimmen und rasch gemeinsam eine Initiative starten. „Nun ist der Moment gekommen, in dem Deutschland und Frankreich ihre Verantwortung für die Verteidigung der europäischen Werte erkennen müssen“, meint auch Asselborn.

Wer treibt die Reformen voran?

Macron, der schon während des deutschen Wahlkampfs auf Merkel warten musste, dürfte es kaum mehr lange auf dem Stuhl halten: Für Dienstag hat er eine Rede angekündigt, bei der er seine Vorstellungen für die Eurozone erläutern könnte. Am Donnerstag und Freitag kommen dann die EU-Staats- und Regierungschefs im estnischen Tallinn zusammen. Die Zukunft der Europäischen Union nach dem Brexit ist das Thema eines informellen Abendessens am Donnerstag. Merkel hat sich angekündigt. Ihr erster Auftritt auf europäischer Bühne nach dem durchwachsenen Wahlergebnis wird mit Spannung erwartet.

Wie wichtig sind diese EU-Reformen überhaupt?

Dass die EU schneller, durchsichtiger, schlagkräftiger und bürgernäher werden muss, sagen inzwischen viele. Die Entscheidung der Briten zum Austritt und der Aufstieg EU-feindlicher Populisten in vielen Ländern dienten als Weckruf. Macron ist die Schlüsselfigur, weil er sich im Frühjahr nur vergleichsweise knapp gegen die EU-Gegnerin Marine Le Pen durchgesetzt hat. Der junge Präsident braucht Erfolge auf europäischer Bühne. „Er ist der Präsident der letzten Chance für Europa“, sagt auch Lambsdorff.

AFP/dpa

johnny 44
25. September 2017 - 17.51

Die Geister die ich rief.Daat ass eng Ursach vun deem Wahlresultat.

marek
25. September 2017 - 10.31

sorry, es sollte ADR sein!!!

Jos. Reinard
25. September 2017 - 9.53

"Die Politik ist ein Balanceakt zwischen den Leuten, die hinein wollen, und denen, die nicht hinaus wollen" J.B. Bossuet ( 1627 - 1704 ) Die beiden letzten Abschnitte sagen alles ! Der Französische President sitzt schon in den Startlöcher, er hat nur noch auf die jetzt eingetretene Schwächung der BRD-Regierung gewartet. Die EU wird jetzt; schneller werden ; wie, hat der Kommissionspräsident in seiner letztwöchigen Rede klar gemacht. durchsichtiger; Totalüberwachung der Bürger (Terrorgefahr), Bargeldabschaffung (Schwarzgeld usw.) schlagkräftiger; heiß Aufstockung der Militäretats, schon angekündigt. bürgernäher; Beispiel, Regieren per Dekret (Arbeitsmarktreform). Kein Referendum in Katalonien. Da lob ich mir doch das Wahlprogramm (sollte jeder selbst nachlesen) der Afd. freundlichst

marek
25. September 2017 - 8.55

wie die Haider Partei in Österreich stark wurde, hat man Österreich isoliert. Wo bleibt denn jetzt die Isolierung Deutschlands?

marek
25. September 2017 - 8.47

falsch,..wenn Sie Muller Guy vorm Fernseher beobachtet hätten dass jeder Talk der dort geführt worden ist zwei drittel auf die AFD/ Rechtsparteien zugeschnitten war, dann haben sehr wohl Medien ihren Senf dazu beigetragen. Eine "ARD" die sich am Rentenklau mitbeteiligt ist auch keine Alternative...

andy
25. September 2017 - 8.43

Also rechnerisch ist auch noch was mit der Linken drin. nur so nebenbei bemerkt

Muller Guy
25. September 2017 - 8.06

Wat dat fir Europa bedeit? Eng eescht Warnung! D'Politiker sollen mol ophalen eng Politik ze machen déi falsch as an déi hir Wieler sou net wellen. D'AFD as nemmen stark gin duerch d'Hellef vun der CDU/CSU an der SPD. Hei zu Lëtzebuerg get et bei deenen nächsten Wahlen genausou. Bettel, Asselborn an Co verstinn dat nach emmer net.

Jeannosch
25. September 2017 - 8.02

Solange in der EU die Parteien das Sagen haben, die die Interessen des Kapitals, der Wirtschaft vertreten ,werden Parteien wie AFD, FN,........Auftrieb erhalten.Wer die Zeichen der Zeit nicht erkannt, der europäische Bürger ein soziales Europa will, ein Europa der Bürger anstrebt ,wird den Traum "Europa "auf's Abstellgleis manövrieren.

Serenissima
25. September 2017 - 7.37

"Alle demokratischen Parteien in Deutschland müssen nun zusammenstehen, egal ob sie in der Regierung oder der Opposition sind”, fordert Außenminister Jean Asselborn." Herr Asselborn ihre Freunde in der SPD für die sie in Deutschland ja auch Wahlkampf betrieben haben sind gestrafft worden, sowie sie auch mit ihrer Partei in Luxemburg gestrafft werden wird nächstes Jahr...deshalb erteilen sie nicht den Parteien in Deutschland und anderswo Ratschläge was sie tu sollen....der Wähler hat die Regierung und die Regierungsparteien in Deutschland eben bestraft....also sollten sie mal ihrer betriebene Politik hinterfragen di nicht beim Wähler angekommen ist.....und die jeweiligen betroffenen Parteien Parteien brauchen da nicht ihre Ratschläg...bestimmt nicht...

Pompier Sam
25. September 2017 - 7.34

Dat do kann nemmen eng ganz schwach Regierung ginn well et get baal onmeiglech mat denen Grengen an denen Liberalen op en gemeinsamen Nenner ze kommen. Also werten et an denen nächsten Joren och keng nei EU Reformen ginn, op keschten vun den Memberstaaten ginn.