Warum sich die Winzer mit Fernand Etgen so schwertun

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Der Rekordsommer macht’s möglich: Die Winzer freuen sich über außerordentlich gute Weine. Dabei gerät sogar das schwierige Verhältnis zu Minister Fernand Etgen (DP) in Vergessenheit.

Blau. Keine Wolke nirgends. Die Sonne drückt. Das Thermometer zeigt 27 Grad Celsius an. Und das mitten im September. Nur von Süden ziehen drei Wolkenpilze übers Land – sie sind menschengemacht.

Fernand Etgen steht in einem Hang eines Weinbergs. Er trägt ein kurzärmeliges Hemd, seinen Anzug hat er abgelegt. Um ihn herum versammeln sich Winzer, Beamte des Landwirtschaftsministeriums, Journalisten und Fotografen. Etgen beugt sich mit seinem Oberkörper nach vorn, greift mit seiner linken Hand eine Weintraube und schneidet mit der Schere in der rechten Hand den Pinot gris. „Pass auf, dass du dir die Finger nicht abschneidest“, ruft jemand ihm zu. Vereinzelte Lacher. Etgen verzieht keine Miene, sein Blick gilt vollends dem Pinot gris.

An seinem zu weit nach vorne gebeugten Oberkörper erkennt der geübte Winzer jedoch, dass hier kein Fachmann am Werk ist. „Nach einem Tag in dieser Haltung müsste er sich über mächtige Rückenschmerzen beklagen“, sagt jemand. „Ganz goud, Fern!“, ruft ein anderer ihm zu.

Beziehungsstatus: Es ist kompliziert

Es sind nur noch wenige Wochen bis zu den Wahlen. Und der Minister für Landwirtschaft und Weinbau nutzt die Gelegenheit, um sich medienwirksam in Szene zu setzen. Er hätte sich dabei keinen besseren Zeitpunkt auswählen können. Das Wetter an der Mosel ist überragend. Und die Stimmung der Winzer auch.

Der Grund: Der Jahrgang 2018 wird ausgezeichnet. Die Trauben haben einen rekordverdächtig hohen Oechsle-Gehalt, ein Wert, der den Zuckergehalt misst. Die Witterungsbedingungen der vergangenen Monate waren geradezu perfekt. Viel Regen im Winter und Frühling, und ab Juni eigentlich nur Sonne, nahezu keine Niederschläge. Das Ergebnis: keine Fäulnis, keine Schädlinge, nur satte, fruchtige Trauben. „Das ist wohl der beste Jahrgang, den wir jemals an der Mosel hatten“, sagt Ern Schumacher, der Präsident der Vereinigung der Privatwinzer.

Doch die gute Laune an der Mosel trügt. Denn das Miteinander zwischen Winzern und Minister war selten so harmonisch. Im Gegenteil. „Nein, es war eher schwierig“, sagt Patrick Berg, Generaldirektor der Genossenschaft Domaines Vinsmoselle. Auch Winzer Guy Krier gesteht, dass man sich ein besseres Verhältnis gewünscht habe. Und Schumacher, der Präsident der Privatwinzer, sagt: „Eigentlich sind 90 Prozent der Winzer nicht einverstanden mit der Politik des Weinbauministers.“

Etgen und die Winzer, das ist keine Liebesgeschichte. Doch warum eigentlich? Was stört die Landwirte so sehr am Minister und an dessen Politik?

Bevormundet und gegängelt

Geht es nach den Winzern, beruht das komplizierte Verhältnis auf drei Teilen: Bevormundung, Enttäuschung und Vernachlässigung. Zum einen beschweren sich die Landwirte über mehr Kontrollen aufgrund von EU-Gesetzgebung sowie des neuen Agrargesetzes. Der Staat gibt etwa genau vor, wie viel Pflanzenschutzmittel oder Produkte zur Schädlingsbekämpfung sowie auch Düngemittel eingesetzt werden darf.

Und damit die Normen auch eingehalten werden, gibt es staatliche Kontrollen. Auch das Verbrennen von alten Reben ist aus ökologischen Gründen seit dieser Legislaturperiode nicht mehr erlaubt. Die Arbeitsweise der Winzer wird zunehmend geregelt. Man fühle sich mitunter „bevormundet und gegängelt“, so Schumacher. Winzer wollen ihre eigene Herren sein, sagt ein anderer.

Dabei betonen die Landwirte, nicht Gegner von ökologischer und nachhaltiger Produktion zu sein. Allerdings sehen sie sich mitunter zu Unrecht in eine schmutzige Ecke gedrängt. Sie haben sich dabei etwas mehr Unterstützung erhofft – und zwar vom Minister. Denn während Umweltministerin Carole Dieschbourg („déi gréng“) ganz klar Lobbyarbeit für ihre Anliegen betreibt, habe Etgen nur wenig die Interessen der Landwirte vertreten. Bestes Beispiel: Glyphosat. „Bis heute ist noch kein Glyphosat im Wein nachgewiesen worden“, sagt etwa Berndt Karl, Technischer Direktor der Domaines Vinsmoselle. Eine Aussage, der eine Studie von Greenpeace aus dem Jahr 2016 allerdings widerspricht. Der Vorwurf lautet dennoch: Etgen habe sich von Dieschbourg treiben lassen und sich für einen Glyphosat-Ausstieg eingesetzt. Die Landwirte fühlten sich daraufhin verraten.

Etgen bleibt gelassen

Auch in der aktuellen Debatte um die Blaualgen in der Mosel und anderen Gewässern würde sich der Minister allzu sehr zurückhalten. Denn gerade die Kontrollen würden doch belegen, dass weniger gedüngt werde als in der Vergangenheit. Im öffentlichen Diskurs würde man jedoch nur Dieschbourg hören, und nicht Etgen.

Und schließlich haben die Landwirte das Gefühl, dass schlichtweg wenig im Weinbauministerium unternommen wird. Sinnvolle Verkaufs- und Vermarktungsstrategien wie etwa der neue nationale Onlineshop „Letzshop“ seien aus dem Wirtschaftsministerium gekommen. Initiativen aus dem Weinbauministerium suche man jedoch nahezu vergebens.
Fernand Etgen kann diese Kritik nicht nachvollziehen und wischt sie einfach weg: „Ach“, so der Minister, „ich bin auf vielen Festen an der Mosel und die Leute sagen mir, dass sie mich mögen.“

Etgen gibt dabei – wenn auch nur indirekt – zu verstehen, dass ein Weinbauminister nicht unbedingt der Lobbyist der Winzer ist. So zitiert er etwa eine rezente Studie, die besagt, dass die Mehrheit der Luxemburger mehr Bioanbau in Luxemburg will und weniger Chemie in der landwirtschaftlichen Produktion. Genau diesen Weg habe er eingeschlagen und den wolle er auch weitergehen. Manche sagen: Etgen macht Politik für die Gesellschaft und nicht für eine konservative Klientel. Andere sagen: Etgen will einfach wiedergewählt werden.

Lynn Faber
20. September 2018 - 14.23

..die Winzer tun sich mit ihrem Minister schwer und die Bauern noch wesentlich mehr.

Jérôme Lëscht 0
20. September 2018 - 11.03

@Jang.Sie kréien e scho gut ! E war nach all Joer gut !

Jang
19. September 2018 - 13.37

Daat gëtt jo dann nees een Topwein. Also keen Grond fir ze jéimeren an ze kloen. Prost op 2018