Von 1870 bis 2024: Frankreichs Zug-Riese Alstom und seine bewegende Geschichte in Luxemburg

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Die CFL haben wieder eingekauft. Für 350 Millionen Euro ordert das luxemburgische Bahnunternehmen Rollmaterial beim französischen Eisenbahnkonzern Alstom. Auf den Gleisen des Großherzogtums sind Alstom-Maschinen alte Bekannte. 

Der französische Hersteller von Eisenbahntechnologie Alstom Transport blickt auf eine lange Geschichte zurück: Bis 1998 nannte die Firma sich „Alsthom“. Der Name spiegelte eine Unternehmensfusion aus dem Jahr 1928 wider. Damals schlossen sich die 1872 entstandene „Société ALSacienne de Constructions Mécaniques, SACM “ und die 1893 gegründete „Compagnie française pour l’exploitation des procédés THOMson Houston, CFTH“ zusammen.

Als nächste steht gegenwärtig eine Fusion zwischen Alstom Transport und Siemens Mobility an. Derzeit finden aber noch Verhandlungen mit der Europäischen Kommission statt:  Brüssel verlangt Garantien, um eine marktbeherrschende Position des neuen Unternehmens zu verhindern.

Alter Bekannter in Luxemburg

In Luxemburg ist Alstom – wie bereits der Vorgängerbetrieb SACM – ein guter Bekannter. Da der größte Teil des Luxemburger Eisenbahnnetzes von 1870 bis 1918 von den „Reichseisenbahnen in Elsass-Lothringen“ (EL) und bis zur Gründung der SNCF im Jahre 1938 vom „Réseau Alsace-Lorraine“ (AL) betrieben wurde, waren die von SACM (bzw der „Elsässischen Maschinenbaugesellschaft“,  EMBG) konstruierten Dampfloks bis zum Ende der Dampfära allgegenwärtig.

Der Train 1900, dessen historische Loks durch den Minettpark rattern, betreibt sogar heute noch eine dreiachsige Dampflok vom Typ elsässische T3, die 1891 in der EMBG-Fabrik in Grafenstaden, einem Vorort von Straßburg, gebaut worden war. Ihre Schwesterlok stand bei der CFL als Nummer 3000 im hauptstädtischen Bahnhof im Rangierdienst. Sie ist bei der elsässischen Museumsbahn CFTR erhalten geblieben.

Besonders beeindruckend waren die Pacific-Schnellzugloks vom Typ S12 (CFL-Reihe 37, SNCF-Reihe 1-231A), von denen die CFL von 1945 bis 1950 drei Exemplare im Bestand hatte.

Auch im Minettpark dampft eine Alstom-Lok

In Luxemburg waren auch zahlreiche weitere Maschinen im Einsatz, die von Unternehmen gebaut wurden, die im Laufe der Zeit in Alsthom aufgingen: Brissonneau et Lotz (zu Alsthom im Jahre 1972), Jeumont-Schneider (1986), Carel & Fouché (1989), ACEC (1989) oder De Dietrich (1995).

Besonders geprägt wurde das Luxemburger Eisenbahnwesen in der Nachkriegszeit von den 1949 beschafften De Dietrich Dieseltriebwagen („Autorails“). Die Firma entwickelte auch die CFL Autorail-Reihe 2100, deren Triebwagen auf den charmanten Spitznamen „Dildo“ hörten. Ihre schnelle Ausmusterung nach zum Teil nur vier Jahren Einsatz im Jahre 2005 wurde zumeist mit „bon débarras“ kommentiert.

Von der ersten E-Lok bis zur Grubenbahn

In der einzigen Luxemburger Lokomotivfabrik – sie wurde von der ARBED in ihrem Werk in Dommeldingen betrieben –  wurden u.a. Lokomotiven von Schneider-Westinghouse (SW) in Lizenz hergestellt. SW fusionierte 1964 mit Jeumont zu Jeumont-Schneider, einem Unternehmen, das 1986 Teil von Alsthom wurde. SW war zudem führend an Bau und Entwicklung der ersten (und zwischen 1958 und 1998 einzigen) CFL-Elektroloks der Reihe 3600 (baugleich mit der SNCF BB 12000) beteiligt.

Von der Firma Jeumont wurden in Luxemburg etliche Grubenloks eingesetzt. Die Minette der  ARBED-Grube „Terres-Rouges“ in Audun-le-Tiche wurde bis zur Einstellung dieses Betriebs 1997 von bärenstarken SW- und Alstom-Loks über 70-cm-Schmalspurgleise zum Brecher in der Escher Hiehl geschleppt.

Alstom auf allen Gleisen

Alstom-Material ist aber auch gegenwärtig bei der CFL im Einsatz: Zum Beispiel die vierachsigen, ab 1998 beschafften Universalloks der Reihe 3000, die Doppelstock-Triebwagen der Reihe 2200 sowie die am Ende ihrer Karriere befindlichen Automotrices  der Reihe 2000 („Z2“), die demnächst von den neuen „Coradia“-Triebzügen ersetzt werden.

Luxemburg war und bleibt Einsatzgebiet für Alstom-Triebfahrzeuge von SNCF und SNCB. Von ihnen dürften die TGV, welche die Luxemburger mit mehr als 300 km/h nach Paris, Straßburg oder Bordeaux bringen, die bekanntesten sein.

Die Dampflok AL T3

Die 1891 von der „Elsässischen Maschinenbaugesellschaft“ produzierte Dampflok AL T3 6114 des „Train 1900“ 2009 im Bahnhof Luxemburg

Grubenloks in Esch

Alsthom-Grubenloks vom Typ MFA 131 der Other Mine „Terres-Rouges“ 1997 in Esch

Die „Coradia Duplex“ unterwegs

Eine „Coradia Duplex“ der CFL-Reihe 2200 zwischen Differdingen und Oberkorn

 

Eine alte E-Lok im Hauptbahnhof

„Schneider-Westinghouse“ war an Entwicklung und Produktion der CFL 3600er beteiligt. 1986 wurde die Nachfolgegesellschaft „Jeumont-Schneider“ Teil von Alsthom.

Robuste Triebwagen

 

Eine „Z2“ verlässt den Bahnhof Esch. Diese robusten Fahrzeuge sind für den modernen S-Bahn-Betrieb nicht mehr geeignet.

 

„Gueules jaunes“ in den „Terres-Rouges“

Die „Gueules jaunes“ der Mine „Terres-Rouges“ aus Deutsch-Oth nannten diese Maschine „la Belfort“ nach der gleichnamigen Stadt, in welcher Alstom heutzutage die TGV-Triebköpfe produziert. Hier sieht man sie in Esch im Jahre 1997.

Die Baureihe 2100, im Volksmund „Dildo“ genannt

Die 2100er Dieseltriebwagen der CFL erwiesen sich rasch als Fehlinvestition

Eine Tänzerin in Bettemburg

Eine von Alsthom gebaute „Danseuse“ der SNCF-Reihe BB 16500 in Bettemburg

CFL-Triebwagen vom Typ Moulinex

Die Firma „Carel-Fouché“ leitete die Konstruktion der CFL-Triebwagen vom Typ „Moulinex“. Die Firma wurde 1989 Teil von Alsthom.

Die CFL-Baureihe 3000

Eine Alstom/ACEC-Maschine der CFL-Reihe 3000 (baugleich mit den SNCB 13ern) schiebt ihren doppelstöckigen Wendezug aus dem Bahnhof Esch hinaus in Richtung Petingen

Der Autorail von 1604 Classics

Dieser von „1604 Classics“ betriebene Autorail wurde von „De Dietrich“ gebaut. Dieser Konstrukteur ist seit 1995 Teil von Alstom.

Lok mit SACM-MGO-Motor

„Brissoneau et Lotz“ war Pionier der dieselelektrischen Traktion und wurde 1972 Teil von Alsthom. Die CFL 856 von „1604 Classics“ wird von einem „SACM-MGO“ Motor angetrieben.

Dreimal Alst(h)om

Dreimal Alst(h)om: Die T3 des „Train 1900“, eine CFL „Duscholux“ und eine BB 3000 der gleichen Gesellschaft im Depot Luxemburg-Zwickau

 

Auf nach Straßburg

Eine SNCF BB 15000 in der klassischen „Livrée TEE“ verlässt den Bahnhof Luxemburg in Richtung Straßburg. Diese eleganten und zuverlässigen Maschinen wurden von den TGV auf den Verbindungen an die Seine und den Rhein verdrängt.

Der TGV in Luxemburg

Eine TGV-Duplex-Garnitur während der Homologationsfahrten auf dem Luxemburger Netz, 2015 in Esch. Höchstgeschwindigkeit an dieser Stelle: 60 km/h.

Micha Lippert
21. Dezember 2018 - 19.37

Vielen Dank für den schönen Artikel! Sei noch zu bemerken dass es eine zweite "Lokomotivfabrik" in Luxemburg gab, die zumindest zwei Lokomotiven selbst gebaut haben: Die Petinger Werkstatt zu PH-Zeiten. Hier wurde 1893 eine Dampflok der Serie D mit Achsfolge 021 gebaut. Ob es sich bei der 97 um einen Lizenzbau oder einen "wilden" Tubize-Nachbau handelt kann ich leider nicht sagen. 1934 wurde dann mit dem PH01 ein eigener Prototyp-Schienenbus gebaut, der bis in die 50er Jahre im Einsatz war. Das sind zwar "nur" zwei Eigenbauten, aber trotzdem erwähnenswert. Im übrigen hoffe ich dass die schönen Bilder der T3 auf dem CFL-Netz in Zukunft wieder möglich sein werden.