Vom Nachen zur Sankta Maria II

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Bereits im 15. Jahrhundert wurden auf der Mosel Menschen, Tiere und Gegenstände zwischen Oberbillig und Wasserbillig transportiert. Aus einem kleinen Kahn wurde mit der Zeit ein richtiger Fährbetrieb. Seit 2017 verkehrt eine solarbetriebene Elektrofähre.

Von Aloyse Kuhn

Zwischen Oberbillig und Wasserbillig muss seit sehr langer Zeit ein Fährbetrieb bestanden haben. Dies ist nicht zu bezweifeln. Oberbillig gehörte neben Mertert, Manternach und Lellig bis ins 19. Jahrhundert zur Pfarrei Wasserbillig, die schon vor dem Jahr 1000 bestand.

Die Oberbilliger setzten folglich bei Sonntagsmessen, Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen jedesmal über die Mosel. Da nicht jede Familie einen Nachen (Kahn) zur Verfügung hatte, wurde an ein gemeinschaftliches Fahrzeug gedacht, um einen zweck- und regelmäßigen Verkehr zu erlauben. Bereits im 15. Jahrhundert soll daher für den Transport ein großer Nachen benutzt worden sein.

Am Ende des 18. Jahrhunderts hatten dann einige Bauern und Winzer ein flaches Fährschiff, eine Ponte, bauen lassen. Aber schon 1811 wurde die Fähre wegen der enormen Unkosten Eigentum der Gemeinde Mertert.

Nach steuerlichen Schwierigkeiten mit den französischen Autoritäten, die damals Steuern vom Fährbetrieb abverlangten, gelang es dem Bürgermeister, die Ponte öffentlich durch einen Pachtvertrag an einen Pächter zu vergeben. Der Waren-, Wagen-, Vieh- und Personentransport war nach einem genehmigten Tarif oder „in Natura“ zu zahlen. Die in den Ortschaften Wasserbillig und Oberbillig wohnenden Personen mussten nur ein Drittel der Gebühren bezahlen. Der normale Tarif einer Überfahrt für eine Person betrug drei Pfennig.

In neuen Zeiten

Wasserbillig und Oberbillig hatten Jahrhunderte lang ein politisches, kirchliches und geografisches Kuriosum dargestellt. Weltlich wurde diese Vereinbarung durch den Wiener Kongress 1815, kirchlich 1871 aufgelöst.

Bei der Neuverpachtung der Fähre im Februar 1900 wurde dann die mittelalterliche Zahlungsart „in Natura“ abgeschafft. Es waren aber vorwiegend Einwohner aus Oberbillig, die den Fährbetrieb übernahmen. Die letzte Verpachtung fand im Jahre 1931 statt.
Als der Krieg im September 1939 ausbrach, löste man die Ponte von ihrem Gierseil und ließ sie die Mosel hinuntertreiben. Sie trieb jedoch nicht weit, denn schon bei Wasserliesch lief sie auf und versank. Der Fährmann holte sie im Sommer 1940 nach Oberbillig zurück und nahm den Betrieb in beschränktem Maße wieder auf. Beim Rückzug 1944 wurde die Fähre von einer deutschen Pioniertruppe unnützerweise gesprengt. Doch die Amerikaner ließen sich dadurch nicht in ihrem Vormarsch stoppen, obwohl die Trümmer der Fähre bis in die Straßen von Wasserbillig und Oberbillig flogen.

Als nach dem Krieg der Fährbetrieb wieder aufgenommen wurde, verlegte man ihn zwecks Umgehung von Zollschwierigkeiten zwischen die deutschen Ufer der Mosel, von Oberbillig nach Wasserbilligerbrück. Eine Wiederaufnahme des Fährbetriebes an alter Stelle war in dieser Zeit nicht möglich.

Nach dem 2. Weltkrieg

Im Jahre 1952 befasste sich der Gemeinderat mit der Wiedereinführung des Moselfährdienstes Wasserbillig-Oberbillig. Doch um dieses erworbene Recht aufrechtzuerhalten, mussten viele neue auftauchende Schwierigkeiten überwunden werden. Besonders die Zollverwaltung stand der Angelegenheit nicht wohlwollend gegenüber: Die neu errichtete Zollstraße zwischen Wasserbillig und Wasserbilligerbrück mache die alte Zollstraße der Fähre überflüssig. Auch der Fährmann, dem die Fähre gehörte, weigerte sich damals, dieselbe wieder an die alte Stelle zu verlegen. Als die Gemeinde Mertert dann versuchte, eine Fähre zu pachten, beziehungsweise zu kaufen, erklärte der Fährmann aus Oberbillig sich wieder bereit, den Fährbetrieb an der alten Stelle zu übernehmen.

Aber die bilateralen Verhandlungen mit den vielen Ämtern fanden kein Ende. Es vergingen Jahre der Verhandlungen und des Briefwechsels. Am 1. Mai 1964, nachdem er Jahre im Ungewissen gewartet hatte, teilte der Fährmann mit, dass er kein Interesse mehr am Fährbetrieb habe. 1965 aber stellte die Bundesrepublik Deutschland in Übereinstimmung mit der internationalen Moselgesellschaft der Gemeinde Oberbillig die Summe von 260.000 DM als Ausgleich für die Mehrkosten einer frei fahrenden Motorfähre zur Verfügung. Vorbei war jetzt die Zeit, wo die Fähre, an einem Gierseil hängend, von der Wasserströmung getrieben wurde.
Beide Gemeinden einigten sich schließlich auf einen Kompromiss.

Die erste Sankta Maria

Die Fähre wurde im Frühjahr 1966 von der Koblenzer Werft Moselkern geliefert. Sie war vollautomatisch, 23 Meter lang und 6,5 Meter breit. Die offizielle Einweihung fand am 30. April 1966 statt. 1967 zeigten sich die Gemeindevertreter von Mertert mit der Regelung der Rechtsverhältnisse der Fähre nicht ganz einverstanden, da sie kein Mitspracherecht hatten, aber an einem eventuellen Defizit mitbeteiligt waren. Es blieb aber dabei, dass in dem folgenden Jahren beide Gemeinden für die Fehlbeträge bei der „mobilen Brücke“ haftbar waren. 1969 zum Beispiel betrug der Gesamtfehlbetrag 37.680 DM. Um die Kosten des Fährbetriebes zu verringern, wurde Folgendes festgelegt: Eine Erhöhung des Fahrgeldes, Herabsetzung der Arbeitszeit, Abschaffung der Anwesenheit von zwei Fährgehilfen, und es wurde eine finanzielle staatliche Beteiligung beantragt.

Der Fährbetrieb wurde in den folgenden Jahren nicht nur eine bequeme und rasche Verbindung für die heimischen Benutzer, sondern wurde immer mehr von den Touristen, Radfahrern und Wanderern in Anspruch genommen. Nach und nach aber vergrößerte sich der Autoverkehr, sodass das finanzielle Defizit in einem erträglichen Rahmen gehalten wurde und bald sogar schwarze Zahlen geschrieben werden konnten.

Am 4. Mai 1991 wurde dann ein neuer Fährvertrag zwischen den Gemeinden unterzeichnet. Trotz mancher Schwierigkeiten hatte der Fährbetrieb der „Sankta Maria“ sein erstes Vierteljahrhundert überstanden und war nicht mehr vom tiefsten Punkt des Landes wegzudenken. Er wurde immer mehr in Anspruch genommen und 1991 wurde erstmals ein Gewinn von 11.000 DM eingefahren.

Nach 25 Jahren aber hatten die Motoren der Fähre ausgedient. Die sicherheitstechnischen Anforderungen der Schiffsuntersuchungskommission und der Binnenschiffsfahrtkommission mussten ausgeführt wurden. Die Unkosten dieser Sanierung, ein Gesamtbetrag von 241.000 DM, wurden von der EG, vom Land, vom Kreis, von der Verbandsgemeinde und von den beiden Gemeinden übernommen. Durch den zunehmenden Arbeitsverkehr im Raum Trier und im Osten unseres Landes wurde der Fährbetrieb immer größer, sodass das Fährschiff zu 100 Prozent ausgelastet wurde.

Sankta Maria II

Nach 50 Betriebsjahren hatte die erste motorisierte Fähre ihren Dienst geleistet.

Die Reparaturen, die sich in den letzten Jahren häuften, veranlassten die Betreiber, die Fähre durch ein neues Modell, die Sankta Maria II, zu ersetzen. Die Sankta Maria II ist die weltweit erste solarbetriebene und vollelektrische Autofähre für Binnengewässer. Am 25. November 2017 taufte Erbgroßherzog Guillaume im Beisein von Ehrenstaatsminister Jacques Santer und vielen deutschen Autoritäten die neue Solarfähre und wünschte dem neuen Transportmittel gute Fahrt. Die Elektrofähre wurde jedoch gleich am ersten Betriebstag, dem 10. Dezember 2017, durch einen Hydraulikschaden einer Landeklappe lahmgelegt. Das wurde aber schnell durch ein Technikerteam behoben. Nach dieser kleinen Panne hat die Sankta Maria II die grenzüberschreitende Arbeit ihrer Vorgängerin übernommen.

Fahrplan und aktuelle Informationen der Betreibergemeinde