„Viele Hürden verhindern unser Hobby“ – Der Sportfischer Jos Scheuer über Fischbestände und eine ungewisse Zukunft

„Viele Hürden verhindern unser Hobby“ – Der Sportfischer Jos Scheuer über Fischbestände und eine ungewisse Zukunft

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Trotz einer hohen Mitgliederzahl und zahlreichen Wettangelveranstaltungen im In- und Ausland blickt der Sportfischerverband in trübe Gewässer. Das Tageblatt unterhielt sich mit dem Verbandspräsidenten Jos Scheuer über die aktuelle Lage und die Zukunft.

Von André Feller

Tageblatt: Herr Scheuer, gleich eine Frage vorweg zum besseren Verständnis: Was hat Fischen mit Sport zu tun und woher stammt die Bezeichnung Sportfischerei?

Jos Scheuer: Das hat zwei Gründe. Einerseits ist es eine historische Bezeichnung, die in Europa und weltweit seit rund einem Jahrhundert benutzt wird, um sich von der Berufsfischerei abzugrenzen. Andererseits angeln wir im Verband auch nicht zur Nahrungsbeschaffung. Wir betreiben das sogenannte Wettangeln mit Landes-, Europa- und Weltmeisterschaften.

Sicherlich bleibt es immer eine ethische Diskussion, denn wir angeln Fische, also Lebewesen. Seit langen Jahren ist es in Luxemburg Usus, die Fische nach dem Fang und deren Bestimmung, Wiegen und Vermessen wieder auszusetzen. Es ist insofern keine Tierquälerei, allerhöchstens eine Stresssituation für die Fische. Indirekt trägt die Sportfischerei einen ständigen und wichtigen Teil zur Bestandsaufnahme in den Gewässern bei.

Apropos Bestand: Wie sieht es eigentlich in den Gewässern aus?

Der Staat besorgt den Besatz in den öffentlichen Gewässern. Würden nicht alle Pächter und das Wasserwirtschaftsamt regelmäßig gezüchtete Fische in unseren Bächen aussetzen, gäbe es kaum Fische mehr. Die chemische Qualität der Gewässer ist sehr schlecht, zudem sind der Kormoran und die Schwarzmeergrundel eine Bedrohung für die Biodiversität.

Die FLPS

Die „Fédération luxembourgeoise des pêcheurs sportifs“, der Dachverband der Luxemburger Sportfischer, zählt derzeit über 2.300 Mitglieder in 62 Vereinen. Die Zahl der Mitglieder innerhalb der lokalen Vereine dürfte um die 5.000 liegen. Zahlreiche Vereine beteiligen sich durch die Organisation von vielen Festen am gesellschaftlichen Leben in ihren Gemeinden und sind aus diesen auch nicht mehr wegzudenken.

Inwiefern?

Ein Kormoran frisst in etwa 400 Gramm Fisch täglich. Alleine in Luxemburg erfassten die Ornithologen etwa 350 Kormorane während der Herbst- und Wintermonate. Darin nicht einbegriffen sind jene Kormorane aus der Grenzregion, die jedoch nicht vor der Grenze umkehren. Am Echternacher See müssen ständig Fische ausgesetzt werden, dort speisen rund 100 Kormorane. Im See von Weiswampach fressen die gefräßigen Wasservögel rund 1,5 Tonnen Fisch jährlich. Die Schwarzmeergrundel, ein kleiner, graubrauner Fisch aus dem Schwarzen Meer, hat es im Ballastwasser von Transportschiffen bis nach Luxemburg geschafft. Er vermehrt sich in den hiesigen Gewässern rasend schnell. Er ernährt sich vorwiegend von Laich, also den Fisch- und Amphibieneiern.

Wie lässt sich das Problem des invasiven Schwarzmeergrundel lösen?

Es fehlt der natürliche Feind, das ist der Zander. Dessen Bestand ist eher gering. Geplant ist nun das vermehrte Aussetzen von Zandern.

Und der Kormoran?

In Luxemburg betreiben die Ämter die Vogel-Strauß-Politik. Es geschieht nichts. Ein paar Meter hinter der topografischen Landesgrenze, in Deutschland, bestehen Abschusspläne und andere Regulierungsmaßnahmen wie etwa die Kormorane beim Ausbrüten der Eier zu stören. Ob man nun diese Methode gut oder schlecht findet, ist eine andere Diskussion. Jedoch, und darin kritisiere ich die Luxemburger Ämter und politischen Entscheidungsträger, dieses Problem muss grenz- und europaübergreifend gelöst werden. Genauso wie die Grenzwerte der Schadstoffbelastungen.

Wie meinen sie Letzteres?

Die Gewässer sind mit allen möglichen Umweltgiften, Schwermetallen, Pestiziden, Düngemitteln, Medikamentenrückständen, Nanopartikeln und dergleichen, belastet. Die Fische speichern diese Gifte in ihren Zellen und somit landen die Giftstoffe in der Nahrungskette. In Frankreich gelten aber ganz andere Grenzwerte als in Luxemburg. Sprich, dieselbe Forelle, die in Apach ungenießbar ist – laut französischen Vorschriften –, ist in Schengen hinter der Schleuse laut Luxemburger Grenzwerten genießbar.
Das ist ein riesiges Paradox, es gibt keine einheitlichen europäischen Normen und auch die Vorgehensweisen in Sachen Umwelt- und Naturschutz sind nicht harmonisiert. Fauna und Flora sowie Gewässer und Luft kennen keine topografischen Grenzen. In der Europapolitik besteht noch viel Nachholbedarf auf diesem Gebiet, ebenso wie in der Landwirtschaft, um Pflanzenschutzmittel und Düngemittel zu regulieren.

Sie erwähnten eben die Belastungen im Gewässer. Wie schaut es eigentlich mit den Kläranlagen aus, in Bezug zu Nanopartikeln oder Medikamenten- und Hormonrückständen, die wir ausscheiden?

Die Kläranlagen sind bis heute nicht darauf ausgelegt, diese Belastungen zurückzuhalten. Es besteht nicht mal die Technik dafür, beziehungsweise befindet sie sich in der Forschungsphase. Kurzfristig ist keine Lösung in Sicht. Was das Bevölkerungswachstum angeht, so stelle ich mir die Frage, ob ältere Kläranlagen überhaupt noch die hohen Mengen an Abwässer klären können. Die vor Jahren beim Bau von damals neuen Kläranlagen festgelegten Einwohnergleichwerte werden, wenn nicht schon heute, dann morgen, überschritten. Auch hier ist die Politik gefordert.

Die Sportfischer tragen erheblich zur Bestandsaufnahme bei. Ist das nicht eigentlich Aufgabe des Wasserwirtschaftsamts?

Eigentlich schon, jedoch läuft auf diesem Gebiet nicht genug. Die Sektion „Pêche“ im Wasserwirtschaftsamt ist unterbesetzt. Wir liefern Statistiken. Durch die über 40 jährlichen Wettangelveranstaltungen sind wir in der Lage, die Bestände flächendeckend in den öffentlichen Gewässern im ganzen Land zu erfassen. Der Verwaltung fehlt dafür das Personal. Immerhin zählt unser Verband um die 5.000 Mitglieder, darunter 1.907 lizenzierte Angler. Hier öffnet sich auch für die Uni Luxemburg die Möglichkeit, ein Forschungsprojekt über unsere Gewässer in die Wege zu leiten.

Dann müssten die Beziehungen zu den staatlichen Stellen eigentlich gut sein, oder?

Sie sind gemischt. Es werden uns immer mehr Steine in den Weg gelegt. Es gibt kein Gesetz, das die Sportfischerei verbietet. Aber viele Hürden verhindern unser Hobby. Ich habe den Eindruck, man wolle die Sportfischerei, und somit unsere Vereine und den Verband, langsam zerstören. Beispielsweise wurden an der Mosel neue Radwege angelegt, eine gute Sache.

Durch bauliche Maßnahmen wie Zäune, steile Steinaufschüttungen oder Gräben hinter den Leitplanken kommen die Fischer nicht mehr an das Ufer heran, beziehungsweise verletzen sich, um ans Ufer zu gelangen. Zudem werden wir und die Vereine mit Formalitäten genötigt. Für jedes Wett- oder Gruppenangeln müssen wir eine Genehmigung beantragen und dabei Karten, Lagepläne, genaue Anzahl der Teilnehmer, Listen der Verantwortlichen usw. einreichen. Die Mengen an Anfütterungsmitteln sind reduziert. Aber das schaffen wir. Eine Erleichterung gibt es: Die individuellen Fischereierlaubnisscheine können ab Saisonbeginn elektronisch beantragt werden. Wir hoffen, dass auch der Tourismus von dieser Vereinfachung profitieren kann.

Findet eigentlich eine Kontrolle der Fischereierlaubnisscheine statt?

Gesetzlich ist die Kontrolle durch die Polizei oder von Zollbeamten vorgesehen. In der Realität finden Kontrollen kaum statt. Und das ist schade. Hierzulande wird viel, und das sind keine Sportfischer, Fischwilderei betrieben, und das oft in der Nacht.

Wie steht es unter all diesen Aspekten um die Zukunft der Sportfischerei?

Das ist schwer zu sagen. Ein Zerschlagen unserer Vereine wäre in vielen Orten ein Verlust für das gesellschaftliche Leben. Wir wären gezwungen, unseren Verband umzubenennen und dabei auf die Bezeichnung „Sport“ zu verzichten. Zudem beabsichtigen wir die Gründung von einzelnen Abteilungen, die sich dem Thema Biodiversität und Gewässerschutz annehmen, nicht nur in unserem Interesse, sondern auch im Interesse des Naturhaushaltes in unseren Gewässern.

roger wohlfart
9. März 2019 - 19.24

" Da lachen die Hühner !" ist so ein Ausdruck von frühe, der nicht unbedingt ernst genommen werden muss. Eher nicht. Mich interessiert vielmehr die Frage, was Fischerei und Jagd mit Sport gemeinsam haben.

Jacques Zeyen
8. März 2019 - 19.59

Ganz elegant wor et an der Zäit,wou mam liewegen Fësch op den Hiecht gefëscht gouf. Do ass de Krop duerch de Réck gestach ginn oder duerch d'Lëps. Sou gëtt awer haut och nach um Mier an beim Äisfëschen gefëscht. Ma och beim professionellen Fëschen mam Netz geet et rau erof.Dem Delphin säi Schicksal ass jo bekannt.Awer och aner Fësch déi net "gebraucht" ginn,stierwen lues awer sécher. Elo si mir beim Déiereschutz,an dat ass e laaangt Kapitel. D'Natur ass grausam,virun allem de Mënsch.

Jek Hyde
8. März 2019 - 17.02

Sorry, der Herr Verandspräsident gehört nicht zu meinem Kommentar. :((

Jek Hyde
8. März 2019 - 17.00

Da liegt ja der Unterschied. Was auf der Jagd erlegt wird wird zu Nahrung verarbeitet und gegessen. Was beim Fischen gefangen/erledigt wird wird gequält und halbtot wieder freigelassen. Da lachen die Hühner nicht und gackern weiter Herr Verbandspräsident.

HeWhoCannotBeNamed
8. März 2019 - 11.48

Zusammengefasst : Vögel abschießen dürfen um einen akkuraten "Punktestand" zu gewährleisten - für Fische, die nicht von den Fischern gegessen werden? Hier eine Frage im Anbetracht eines gesellschaftlichen Wandels in Bezug auf die Tierethik : glauben Sie, dass Sie damit einen Großteil der Bevölkerung hinter sich wähnen können?

roger wohlfart
8. März 2019 - 11.08

Tatsächlich, muss man sich fragen, was Angeln mit Sport zu tun hat. So gesehen, ist die Jagd auch eine Sportart, leider. Die Fischer bemühen sich um den Naturhaushalt der Gewässer und die Jäger um den der Wälder. Da lachen ja die Hühner! Zumindest vergeht ihnen das Gackern.

Jek Hyde
8. März 2019 - 10.45

Et ass keng Tierquälerei sôt Dir, et ass eng pervers Tierquälerei. Wou ass de Sport? Do gin Liewewiesen aus hirem Element gerappt, verletzt, an dann erëm schwamme geloos. (wa se dann nach kënnen) Loost Iech emol esou een Fëscherkreepchen durch d'Lëps, duerch d'Zong oder duech de Baak oder d'A rappen, oder schléckt en einfach oof. Duerno gët en BRUTAL erausgerappt, et muss jo séier goen. Wann d'Fësch könnte jeitzen wären der vill net dobéi. Also haalt op mat dem domme Geschwätz w.e.g.

Jacques Zeyen
8. März 2019 - 9.07

Keine Fische,keine Fischer. So einfach ist das. Es sind nicht die Grundel und der Kormoran,auch nicht der Fischreiher,die gibt es seit Äonen. Man sieht keine 10 Zentimeter mehr unter Wasser in unseren Bächen und Flüssen. Woran das wohl liegt?