Verhungerter Junge: Mutter kommt vor Gericht

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Der kleine Anakin wurde zwei Jahre alt. Er starb an Unterernährung und wog am Ende nur noch etwas über sechs Kilogramm. Seine kleine Schwester konnte gerettet werden. Nach einer Mitarbeiterin des Jugendamtes steht jetzt die neunfache Mutter vor Gericht.

Mehr als drei Jahre nach dem Hungertod des zweijährigen Anakin wird die Mutter von Mittwoch an vor Gericht stehen. Sie muss sich wegen des Vorwurfs der vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge am Landgericht Arnsberg in Nordrhein-Westfalen verantworten. Anakin wog am Ende nur noch etwas mehr als sechs Kilogramm.

Im Februar 2014 spitzte sich die Lage in Winterberg am Wohnort der Familie zu. Die Mutter brachte ihren bereits bis auf die Knochen abgemagerten Sohn mit einer Magen-Darm-Infektion in eine Klinik. Dort starb der Kleine einen Tag später. Seine neun Monate alte und ebenfalls unterernährte Schwester konnten die Ärzte retten.

Neunfache Mutter mit gewalttätigem Mann

Der Fall hat eine Vorgeschichte. 2013 kam die neunfache Mutter mit ihren Kindern von Sachsen nach Winterberg. Sie hatte sich von ihrem gewalttätigen Mann getrennt. Im Vogtland wurde die Familie vom Jugendamt von zwei Mitarbeitern betreut. Die Sachsen warnten das Jugendamt im Hochsauerlandkreis vor. Schriftlich schilderten sie die Probleme. Von Kindeswohlgefährdung und Unterernährung war die Rede.

Im Sauerland stellte eine Familienhebamme zunächst fest, dass keine Gefährdung und keine Unterernährung vorliege. Dabei blieb es im Prinzip. Regelmäßige Kontrollen gab es nicht mehr, auch nachdem im August 2013 eine Mitarbeiterin des Jugendamtes die Betreuung übernahm.

Jugendamt schaute nicht genau hin

Die Betreuerin bekam keinen echten Zugriff. Die Mutter schottete sich ab. Als die junge Frau vom Jugendamt Wochen vor dem Tod des Jungen die Familie besuchte, schaute sie nicht genau bei den Kindern hin, wie sich im Prozess gegen sie herausstellte. Ihr Chef sagte vor Gericht, solche Betreuungen seien schwierig. Die Ämter müssten erst einmal einen Fuß in die Tür bekommen und Vertrauen aufbauen.

Das Amtsgericht Medebach verurteilte die Betreuerin später wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Das Gericht gab ihr eine Mitschuld. „Hätten Sie die Kinder angeschaut, wäre der Tod nicht eingetreten“, sagte der Vorsitzende Richter. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben Berufung eingelegt. In Arnsberg wird demnächst neu verhandelt.

Ähnlich verlief der Prozess gegen die Mutter. Bei ihr verwies das Gericht in Medebach den Fall nach der Beweisaufnahme nach Arnsberg. Der Richter war überzeugt, dass sich die Mutter nicht der fahrlässigen Tötung, sondern einer vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht habe. Damit ist das ein Fall für das Landgericht.