„Unsere Technik kann uns vor der Erderwärmung retten“: Luxemburger Firma macht Schadstoffen den Garaus

„Unsere Technik kann uns vor der Erderwärmung retten“: Luxemburger Firma macht Schadstoffen den Garaus

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Umweltverschmutzung ist keine unabdingbare Notwendigkeit für Wohlstand. Die notwendige Technologie, um Schadstoffe wie beispielsweise CO2 in andere Stoffe zu verwandeln, gibt es. Das zeigt ein Besuch beim Luxemburger Unternehmen „Carbon Process & Plant Engineering“ (CPPE). Der Betrieb designt und verkauft schlüsselfertige Anlagen zur Umwandlung von Schadstoffen. Null Prozent Emission ist möglich, sagt die Firma.

Nach Hightech sieht es neben der Autobahn in der Halle von CPPE in Rodange nicht aus. Die Produktionshalle gleicht einem aufgeräumten Lager. In einer Ecke steht jedoch eine komplexe Apparatur mit zwei außergewöhnlichen langen Kolonnen aus Glas. Zwei Wissenschaftler bedienen diese: Die promovierte Mitarbeiterin kommt aus Marokko, der Ingenieur stammt aus Mexiko. Sie sind Teil der rund hochspezialisierten 50 Ingenieure, die die Luxemburger Firma CPPE beschäftigt. Das Unternehmen hat ein ganz besonderes Geschäftsmodell: Es verdient sein Geld mit der Beseitigung von Schadstoffen. „Unsere Technik kann uns vor der Erderwärmung retten“, erklärt Marc Schumacher trocken und routiniert gegenüber dem Tageblatt. Er ist Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung bei CPPE.

Die Firma besitzt eine ganze Reihe von Patenten und stellt Maschinen industrieller Größe her, die Schadstoffe wie CO2 (den Klimawandel-Verursacher), NOX (Feinpartikelstaub), Hg (Quecksilber) oder SO2 (Verursacher von saurem Regen) komplett aus den Abgasen einer Fabrik herausfiltern und/oder umwandeln.

Innovatives Unternehmen

Ein Start-up ist CPPE nicht. In seiner heutigen Form als CPPE wurde die Gruppe 2008 in Deutschland mit einer Übernahme gegründet. Übernommen wurden damals Mitarbeiter und Patente der Firma Donau Carbon GmbH & Co, in der Lurgi Aktivkohle GmbH aufgegangen war. Letztere kann in ihrer Unternehmensgeschichte bis auf das Jahr 1915 zurückblicken.
Im Jahr 2008 verlagerte CPPE seinen Sitz nach Luxemburg. Zu erklären war dieser Schritt nicht allein durch die Rahmenbedingungen im Großherzogtum, sondern auch durch den Mann an der Spitze der unternehmerischen Initiative: den Luxemburger Geschäftsmann und Ingenieur Alain Strickroth.

Nachdem er Erfahrungen sowohl als Ingenieur und als Geschäftsmann gesammelt hatte, hatte er sich im Jahr 2004 mit dem Ziel, ein innovatives Unternehmens im Bereich des Umweltschutzes zu gründen, selbstständig gemacht. In den ersten Jahren bei CPPE wurde intensiv geforscht und Kontakte geknüpft. Auch bei Luxemburger Wirtschaftsmissionen im Ausland war das Unternehmen mit dabei. Neue Prozesse für die CO2/SO2- sowie für die CO2/NOX-Entfernung wurden entwickelt und als Patente angemeldet.

CPPE ist eine spezialisierte Ingenieur-Firma und Technologieanbieter von Luftreinhalte-Verfahren, so das Unternehmen über sich selbst. Den industriellen Kunden bietet sie individuell ausgearbeitete, schlüsselfertige Anlagen zur Entfernung von Schwefeloxiden, Stickoxiden oder Kohlendioxid an.

Wie viel wollen Sie sparen?

„Unsere Kunden sagen uns, welche Emissionen sie zu wie viel Prozent einsparen wollen“, erklärt uns der Forschungsleiter von CPPE. Dann beginnt der Bau der Anlage. Das passiert zum größten Teil vor Ort mit lokalen Partnern. In der Halle in Rodange ist nicht nur eine Pilotanlage zu sehen. Neben Reaktoren-Teilstücken und schwerem Arbeitsmaterial steht eine weitere Anlage abreisebereit hinter der Halle.

Angeschlossen werden die Anlagen jeweils an große Fabriken auf industriellen Standorten. Die Abgase mit beispielsweise zu behandelnden CO2-Emissionen werden in einen Reaktor geführt, letzter ist mit Aktivkohle gefüllt. „Zehn Gramm Aktivkohle haben eine Oberfläche von mehreren Fußballfeldern“, erklärt Schumacher weiter. Das CO2 (oder das SO2) setzt sich darauf fest. „Fügt man dann neben Wasser noch Ammoniak hinzu, dann verwandelt sich der CO2 in Stickstoffdünger (Ammoniumbicarbonat).“

Auf die gleiche Art und Weise stellt CPPE aus SO2 Schwefelsäure (beispielsweise für Batterien, Medizin oder Düngemittel) her. Quecksilber kann, nachdem es sich auf der Kohle festgesetzt hat, durch Destillation recycelt werden. NOX wird in Stickstoff (N2) umgewandelt.

Kein leichter Start

Das Luxemburger Unternehmen CPPE hatte einen schweren Start. Technologien und Prozesse, die im Labor funktionierten, hielten in der wahren Welt nicht immer alle ihre Versprechen. Von 2011 bis 2015 setzte CPPE beispielsweise bei CO2 auf eine Spaltung. Mit thermischer Energie wurde CO2 in „C“ und „O2“ gespalten. „Das klappte jedoch nicht immer. Es war im industriellen Umfeld nicht umsetzbar“, so CPPE. Die Technik mit Aktivkohle zur Umwandlung von CO2 in Düngemittel funktioniert hingegen einwandfrei, erklärt Schumacher.

Das alles machte sich finanziell bemerkbar: „Am Anfang war es sehr schwierig“, so der Luxemburger weiter. Doch in den letzten paar Jahren machte das Unternehmen Gewinn. Der Umsatz liege mittlerweile im zweistelligen Millionenbereich. Es ist möglich, bis zu 100 Prozent der Schadstoffe zu vermeiden, unterstreicht der Betrieb. „Im Normalfall fragen die Kunden aber nur nach 90 bis 95 Prozent“, so der Sprecher von CPPE. Das liege an den gesetzlich geforderten Grenzwerten. „Das Entfernen der Schadstoffe kostet Geld – es hängt demnach auch von den jeweiligen Gesetzesanforderungen ab.“

Dass CPPE beispielsweise nun eine Anlage in Chile gebaut hat, liege daran, dass die Grenzwerte dort letztes Jahr erhöht wurden, fügt Bartosz Jalowiecki hinzu. Der langjährige polnische Botschafter in Luxemburg ist aus dem diplomatischen Dienst ausgestiegen und arbeitet mittlerweile für das Luxemburger Unternehmen. CPPE ist weltweit tätig: Die Firma hat bereits Anlagen in unter anderem Marokko, den USA, in Singapur und in Bulgarien gebaut.

Weltrettend, aber zu teuer

In Chile hatte CPPE im März 2019 zwei Sulfacid-Anlagen in der größten unterirdischen Kupfermine der Welt, der Codelco-Mine El Teniente, fertiggestellt. Es ist die größte Entschwefelungsanlage, die je gebaut wurde. „Dank unserer Technologie stoßen die Anlagen von Codelco jährlich 44.000 Tonnen weniger SO2 aus, und die Einwohner von Santiago können eine viel sauberere Luft genießen“, schrieb das Unternehmen damals. Zum Vergleich: Nach einem Rückgang von minus 93,5 Prozent (verglichen mit 1990) lagen die Schwefeldioxid-Emissionen (SO2) in ganz Deutschland 2016 bei 360.000 Tonnen, wie beim deutschen Umweltbundesamt nachzulesen ist.

Doch wer nun denkt, dass in Zeiten des Klimawandels sich CO2 umwandelnde Anlagen wie warme Semmeln verkaufen würden, der irrt. Am gefragtesten sind die SO2-Anlagen. Schumacher hat aber eine gute Erklärung dafür, warum nicht viele Unternehmen Anlagen zur Vermeidung von CO2-Emissionen erwerben: „Das alles kostet Geld. Doch Steuern und Zertifikate sind zu billig. Es gibt keinen richtigen Willen zur CO2-Vermeidung in Politik und Gesellschaft.“

Dann rechnet er vor: Es kostet mehr als 30 Euro, um eine Tonne CO2 zur Lagerung zu verflüssigen oder umzuwandeln. Ein Zertifikat, das Recht auf eine Tonne Verschmutzung gibt, koste hingegen nur rund 25 Euro. Es ist also wirtschaftlich noch nicht interessant, wie Schumacher betont.

Es fehlt am Willen

Neben der Umwandlung von CO2 in Düngemittel bietet CPPE auch Technologien zur Verflüssigung von CO2 an. „Man benötigt alles“, so der Luxemburger Ingenieur. Die Nachfrage nach Düngemittel sei nun mal viel begrenzter als das Angebot von CO2. „Ein Teil muss somit gelagert werden.“ Wenn wir das uns selbst gesetzte Ziel beim CO2 bis 2035 einhalten wollten, dann brauche es viel strengere Regeln. Das sei der einzig richtige Weg. „Die Menschen sind sich der Dringlichkeit nicht bewusst. Es fehlt am Willen“, erklären die beiden Unternehmensvertreter Schumacher und Jalowiecki.

Für Privatautos oder gar Lastwagen ist die Technik von CPPE noch nicht geeignet. Die Maschinen zur Umwandlung der Schadstoffe sind momentan noch zu groß. Einen weiteren Marktbereich, den das Unternehmen jedoch bereits seit Längerem im Visier hat, sind Containerschiffe, wie Bartosz Jalowiecki erklärt. In dem Sektor wird es ab 2020 neue Regeln zum SO2-Ausstoß geben. „Die Containerschiffe stoßen einfach zu viel SO2 aus. Wir sind überzeugt, dass unsere Technik helfen kann.“ Mit der Vereinigung der Luxemburger Schifffahrtsunternehmen, Cluster maritime, habe man bereits Kontakt aufgenommen.

Mittelfristig will CPPE ganz nach Rodange umziehen. Derzeit sind die Aktivitäten der Firma noch auf zwei Standorte verteilt: Die Lagerhalle befindet sich in Rodange und ein Standort in Dommeldingen. Hier sind momentan die meisten Ingenieure tätig. Auch die Abteilungen der Finanzen und Verwaltung sind derzeit noch hier untergebracht.

Nomi
1. Juli 2019 - 17.09

Et muss een einfach firdrun unsetzen an d'Emwelt net verknaschten, dann brauch een se och net ze botzen ! Daat gei'f ob jidden Fall mei' belleg ! Me fir d'Botzen gett den Stei'erzuehler run gezunn ! Dofir ass et fir den Verknaschter mei' belleg ! All Komodo-Betrieb misst hei zu Letzeburg eng Bankgarantie mat sengen jaehrlechen Benefisser speisen, fir domadder kennen ze sanei'eren wann de Betrieb zo'u mecht ! Wann Naischt ze sanei'eren ass, kommen nach d'Entschaedegungen vun den Mattarbechter, an de Recht kritt de Betrieb zereck !

Moggel
30. Juni 2019 - 7.44

Sobald es etwas (oder besser viel) an etwas zu verdienen gibt ist Friede, Freude Eierkuchen angesagt. Dann kommen die Spekulanten aus ihren Löchern gekrochen.

de Fachmann
24. Juni 2019 - 16.09

Die Technik, an allem schuld, macht's möglich. Vielleicht demnächst hier bei uns und in den Nachbarländern. Aber wie sieht's in den Ländern der Dritten Welt aus,, in denen Luft, Boden und Wasser verpestet sind und die Umweltverschmutzung kein Ende nimmt?

Astrolix
24. Juni 2019 - 10.31

Filterung von Abgasen oder Abwasser war schon immer möglich,aber sehr teuer. Ab in die Natur ist billiger. Jetzt wo das Kind im Brunnen liegt,stellt man fest: Ups,mit Umwelt kann man auch Geld verdienen. Aber besser spät als nie.