Unbeugsam und beharrlich: Die Rumänin Laura Kövesi soll Chefin der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft werden

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Der Weg zum verdienten Lohn für ihren beharrlichen Kampf gegen die Korruption ist frei: Mit Laura Codruta Kövesi wird Rumäniens unbeugsame Rechtsstaats- Ikone die Leitung der Europäischen Staatsanwaltschaft übernehmen.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad22

Über ein Jahr wurde Rumäniens bekannteste Korruptionsjägerin selbst gejagt. Doch nun ist der Weg zum verdienten Lohn für ihren beharrlichen Kampf für rechtsstaatliche Verhältnisse im Karpatenstaat für Laura Codruta Kövesi endlich frei. Als „Unterstützung einer Gesellschaft, die den Rechtsstaat verteidigt hat“, bewertet die Juristin die Absegnung ihrer Nominierung zur Chefin der geplanten Europäischen Staatsanwaltschaft in Luxemburg: „Ich hoffe, dass dies für alle rumänischen Staatsanwälte und Richter eine Motivation ist, den Kampf gegen die Korruption fortzusetzen.“

Zwar steht ihre offizielle Ernennung noch aus. Doch selbst das anhaltende Sperrfeuer von Rumäniens sozialistischer Regierung kann den Karrieresprung der 46-Jährigen nicht mehr verhindern. 17 der 22 Mitgliedsstaaten der neuen EU-Behörde sprachen sich am Donnerstag in einer vorentscheidenden Testabstimmung für die Beförderung von Kövesi zu Europas ranghöchster Korruptionsjägerin aus. Von einer Anerkennung von Kövesis Kompetenz sprach Staatschef Klaus Johannis, der sich über das Scheitern der Blockadeversuche der Regierung erleichtert zeigte: „Dies ist ein wichtiger Sieg für Rumänien.“

Siege feierte die in Sfantu Gheorge 1973 geborene Angehörige von Rumäniens ungarischer Minderheit bereits in ihrer Jugend als Basketballspielerin: Mit dem Junioren-Nationalteam errang sie 1989 bei der EM in Timisoara gar den zweiten Platz.

Nach dem Abitur in Medias studierte sie in Cluj Rechtswissenschaften. Als Staatsanwältin in Sibiu begann Kövesi 1995 ihre Berufskarriere. 2004 stieg sie dort bis zur Leiterin der Sondereinheit für Organisiertes Verbrechen auf.

Kurz vor Rumäniens EU-Beitritt wurde Kövesi 2006 als erste Frau im Alter von 33 Jahren zu Rumäniens Generalstaatsanwältin ernannt. 2013 übernahm sie die Leitung der Anti-Korruptions-Einheit (DNA). Nominiert hatte sie der damalige sozialistische Premier Viktor Ponta, ernannt wurde sie vom konservativen Staatschef Traian Basescu. Die vermeintlichen Schutzherren kamen ihr kompromissloses Verständnis einer unabhängigen Justiz bald selbst zu spüren: Unter Kövesis Führung sollte die DNA sowohl gegen Ponta als auch gegen Basescus Bruder strafrechtliche Ermittlungen einleiten.

Unter Kövesis Ägide wandelte sich die 2002 geschaffene, aber lange zahnlose DNA zur Speerspitze des Kampfs gegen die Vetternwirtschaft. Gegen Hunderte der Korruption verdächtiger Würdenträger wurden Strafverfahren eingeleitet, nicht nur der frühere Premier Adrian Nastase, sondern auch unzählige korrupte Ex-Minister, Richter und Behördenchefs wegen Annahme von Bestechungsgeldern oder Amtsmissbrauch verurteilt.

Kesseltreiben gegen ihre Kandidatur

2016 wurde das Mandat von Kövesi zwar verlängert. Doch nach dem Wahlsieg der sozialistischen PSD bei der Parlamentswahl Ende desselben Jahres begann die unbeugsame DNA-Chefin, verstärkten Gegenwind zu verspüren. Mit aller Macht versuchte der wegen Amtsmissbrauchs verurteilte PSD-Chef Liviu Dragnea, die lästige Justiz an die Kandare zu legen – und die unbequeme Kövesi zu demontieren. Im Sommer 2018 glückte es ihm, sie aus dem Amt zu hebeln.

Ein erneutes und verstärktes Kesseltreiben gegen Kövesi setzte nach ihrer offiziellen Kandidatur für die Leitung der Europäischen Staatsanwaltschaft Ende 2018 ein: Mit zweifelhaften Disziplinarverfahren und Ermittlungen wegen des Verdachts des angeblichen Amtsmissbrauchs und der Bestechlichkeit versuchte Bukarest, ihre Kandidatur zu blockieren und ihre Ernennung zu verhindern. Für die Hunderttausende von Rumänen, die in den letzten beiden Jahren aus Protest gegen die umstrittenen Justiz-Reformen auf die Straßen zogen, ist Kövesi längst zum Symbol des Kampfs gegen die Korruption geworden. Das PSD-Debakel bei den Europawahlen im April und die folgende Inhaftierung von Dragnea haben die Position von Rumäniens angeschlagener Regierung merklich geschwächt.

Gleichzeitig hat Frankreich mit dem Rückzug des eigenen Kandidaten der ausdauernden Kövesi den Weg nach Luxemburg freigemacht. Für Kövesi selbst gibt es keinen Zweifel, wem sie den Erfolg ihrer Kandidatur in erster Linie zu verdanken hat: „Dies ist ein Erfolg aller Rumänen, die den Kampf gegen die Korruption in schwierigen Zeiten unterstützt haben.“