Tetris, Teamgeist, Tierliebe – Luxemburger Gamer zocken für das Escher Tierheim

Tetris, Teamgeist, Tierliebe – Luxemburger Gamer zocken für das Escher Tierheim

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Seit 2014 verbindet die Asbl. Videogames.lu Videospiel-Liebhaber des Landes. Zu den alljährlichen Events gesellt sich an diesem Wochenende eine Benefizveranstaltung hinzu, bei der der Erlös dem Escher Tierheim gespendet wird. Vg.lu-Präsident Raphaël Kauffmann und Mitglied Jeffrey Rausch verraten im Gespräch, wie Mario, Luigi und Zelda ihre Kindheit geprägt haben und warum Gaming einfach etwas für jeden ist. 

Von Laura Tomassini

Eat. Sleep. Game. Repeat. So in etwa lautet die Assoziation, die in den meisten Köpfen aufploppt, wenn die Rede von Gamern ist. Zurückgezogen, meist etwas bizarr und vor allem schüchtern sind die stereotypischen Begriffe, die mit sogenannten Zockern in Verbindung gebracht werden. Kein bisschen menschenscheu sind allerdings die zwei Typen in orangen Hemden, die am Mittwoch im Escher Kafé auf ihr Interview warten. Raphaël Kauffmann und Jeffrey Rausch spielen beide leidenschaftlich gerne Videospiele und nutzen ihr privates Hobby, um Menschen zusammenzuführen.

Es ist eine Nische, in die sich das Team von Videogames.lu einfügt, doch die Gaming-Community von Luxemburg ist längst mehr als nur ein paar Einzelgänger, die in ihrem Zimmer am Bildschirm kleben. Die heutige Asbl. entstand aus einem Online-Forum, das 2011 gegründet wurde.

Vor fünf Jahren kam dann der offizielle Start als Vereinigung. Mittlerweile zählen zu den Aktivitäten von vg.lu nicht nur das monatliche Gaming Café in Kopstal, sondern auch größere Events in Zusammenarbeit mit anderen Asbls auf nationaler Ebene.

Raphaël Kauffmann ist seit mehreren Jahren der Kopf des Gaming-Klubs und erklärt, warum das gemeinsame Spiel so wichtig ist: „Als Gamer wird man immer wieder mit dem Klischee des kleinen Kellerkindes konfrontiert, das nie die Sonne sieht. Wir wollen die Leute aus dem Haus locken und sie zusammenbringen.“

Mama war eine Gamerin

Die Liebe für Videospiele entwickelte sich beim 28-Jährigen schon früh, erstaunlicherweise durch seine Mutter. „Sie war der Gamer vor mir, das wurde mir zum Verhängnis“, meint Raphaël lachend. Das Nintendo-Spiel „Super Mario All-Stars“ war es, was „de klengen Dabo“ – wie Raphaël die Mini-Version seiner selbst bezeichnet – auf die Konsole brachte: „Mein all-time favourite ist allerdings ‚Populous 3. The Beginning‘. Das kennt zwar kein Schwein, aber die Schamanenwelt darin finde ich einfach Hammer.“

Auch Jeffrey erinnert sich noch genau an seine ersten Schritte als virtueller Player: „Bei mir ist es eine ähnliche Story. Als Kind habe ich mit meiner Mutter auf der NES Super Mario 3 gespielt, sie war immer Mario und ich Luigi, wegen meiner Lieblingsfarbe grün.“ Schnell entstand so ein Ritual: Ab 17.00 Uhr hieß es für Mutter und Sohn mit einer Schüssel Cornflakes rauf aufs Bett und ran an die Controller.

So richtig gefesselt hat den leidenschaftlichen Gamer allerdings erst die Welt von „The Legend of Zelda“, insbesondere das Spiel „Ocarina of Time“: „Das war noch auf der Nintendo 64. Ich kann mich erinnern, als mein Cousin irgendwann zu mir nach Hause kam und das Spiel mitbrachte. Ich war etwa zwölf, er schon etwas älter. Damals ging er raus zu den Mädels und ich blieb drinnen und spielte. Innerhalb einer Woche war ich durch alle Level durch.“

24 Stunden für das Tierasyl

Im Oktober will der 28-jährige Verkäufer zu den „Classic Tetris World Championships“ nach Portland. Davor steht allerdings noch ein Event auf dem Programm der Asbl., das Jeffrey besonders am Herzen liegt. Die Idee: 24 Stunden lang zocken und dabei Geld für das Escher Tierasyl sammeln. „Als Escher und mega Tierfreund wollte ich das Heim unterstützen, da es oft zwischen den größeren Asylen vergessen wird“, meint der 28-Jährige.

Ab 17.00 Uhr werden die Mitglieder von Videogames.lu am Samstag und am Sonntag live vor der Kamera spielen. Zusehen können alle Spiele- und Tierliebhaber über die Internetseite Twitch.tv, worüber sich auch die Spenden tätigen lassen. Beim Charity-Livestream geht es aber nicht nur ums Geldsammeln, sondern vor allem auch darum, Aufmerksamkeit zu erregen. „Die Tierheime sind voll mit Vierbeinern, die auf ein neues Zuhause warten. Vielleicht motiviert unser Live stream ja einige dazu, einen Hund zu adoptieren“, so Jeffrey.

Live-Video von videogames.lu auf www.twitch.tv ansehen

Vor allem bei den weiblichen Zockern kommt das Konzept gut an – auch wenn diese eher rar in der Gamer-Szene sind. „An guten Tagen sind etwa 10 bis 15 Prozent der Teilnehmer unserer Treffen Frauen. Das hängt aber von den angekündigten Spielen ab“, verrät Raphaël. „Just Dance“ locke immer mal wieder die ein oder andere Dame nach Kopstal – was allerdings nicht jeden Mann im Saal mit Freude erfüllt. „Ein Klischee, das auf jeden Fall stimmt, ist, dass Gamer Angst vor der weiblichen Spezies haben“, meint Jeffrey lachend.

Der Offline-Chat des Klubs vermag zwar etwas Abhilfe gegen Schüchternheit zu verschaffen, doch so richtig 50-50 sind die Quoten bei den Treffen dann doch (noch) nicht. „Wir sind ja auch keine Datingbörse, obwohl die Idee eines Speeddating-Events zu Valentinstag gar nicht mal so schlecht klingt“, meint der Präsident.

Vor allem die weiblichen Cosplayer unter den Gamern dürfte dies freuen, denn immer mehr vermischt sich die Videospiel-Szene mit der von Anime-Liebhabern. „Viele sind begeistert von japanischen Spielen und die Nachfrage ist definitiv da“, so Raphaël.

Kein Platz für FIFA

Ein virtuelles Universum, in das sich die Mitglieder von vg.lu bisher noch nicht gewagt haben, ist das der Sportsimulationen. „Madden und FIFA lehnen wir ab, da diese Spiele bei einem extrem breiten Publikum bekannt sind und dies unsere Kapazitäten einfach überschreiten würde“, erklärt Raphaël.

Zum Eigentum der Asbl. gehören derzeit um die 20 Konsolen, manchmal gesellen sich ebenfalls der ein oder andere Computer und Flipper dazu. Bei den Treffen darf dann jeder nach Belieben die vorhandenen Spiele austesten – egal ob im Single- oder Multiplayer-Modus. „Super Smash Bros., Mario Kart und Tetris sind derzeit wieder sehr beliebt“, sagt Jeffrey, der selbst für den „Retro-Corner“ zuständig ist. Zu seinen Schätzen zählen Konsolen wie die Atari 2600 oder Nintendo.

Persönlich will der Verkäufer gerade Spieleklassiker für Sega pushen, die ebenfalls die ältere Generation ansprechen. „Leute über 40 sind mit den Spielen aufgewachsen. Wenn sie ihre Storys dazu erzählen, geht mir das Herz auf“, so der Retro-Liebhaber.

Zurück in die Zukunft

Dem kann auch Raphaël nur zustimmen: „Damals waren die Games noch knifflig und es gab nicht für alles direkt eine Lösung.“ Aktuell boomt unter Kennern vor allem das 90er-Spiel „Back to the Future Part III“ – zu Recht, wie Jeffrey anmerkt: „Das ist richtig heavy, da beißt man in den Controller!“

Genau diese Emotionen sind es, die das Team von Videogames.lu bei ihren Treffen mit anderen teilen wollen. Wie eine große Familie fühlen sich die Gamer, wenn sie sich nach einer Runde „Mario Party“ bei Bier und dem typisch amerikanischen Gamer-Snack „Sloppy Joe“ untereinander austauschen können.

Die Liebe zum Spiel steht auch Jeffrey und Raphaël ins Gesicht geschrieben, immer wieder schweift das Gespräch über Nintendo und Co. ab und verläuft sich in Mini-Diskussionen über 08/15-Spiele, Klassiker und „hidden gems“ der Szene. Das Thema ist allerdings nicht mehr nur bei einer kleinen Randgruppe der Gesellschaft beliebt, wie Raphaël verrät: „Einer unser Mitglieder ist Lehrer im ’Arts & Métiers‘, wo es mittlerweile einen BTS mit Schwerpunkt ‚Game art and game design‘ gibt.

Videospiele haben also auch endlich in Luxemburg Fuß gefasst.“ Kein Wunder, meint Jeffrey etwas verschmitzt, kenne doch fast jeder Tetris vom „Gameboy auf dem Scheißhaus“. Gaming verbindet eben.