Steht das geplante Inselprojekt von Knokke-Heist vor dem Aus?

Steht das geplante Inselprojekt von Knokke-Heist vor dem Aus?
Solche Plakate zieren gegenwärtig die Straßen des Badeorts an der belgischen Küste

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Angesichts des dauerhaft ansteigenden Meeresspiegels und als Schutz vor Sturmfluten an der belgischen Küste hat sich die flämische Landesregierung 2011 für einen „Masterplan Küstensicherheit“ ausgesprochen. Erste Maßnahmen wurden bereits in den vergangenen Jahren umgesetzt: Fast alle Strände wurden mit mehreren Millionen Kubikmetern Sand erhöht und verstärkt.

Seit etwa zwei Jahren plant die flämische Regierung an einer künstlichen Insel vor Knokke. In den letzten Tagen dürfte auch den zahlreichen Luxemburger Touristen und Besitzern von Appartements in Knokke dieses Vorhaben nicht entgangen sein. Derzeit zieren Plakate mit der Aufschrift „Neen tegen eiland vor de kust van Knokke-Heist“ die Straßen des Badeorts. Der 74-jährige Bürgermeister Leopold Lippens, der seit 38 Jahren das Zepter schwingt, leitete diese Kampagne mitsamt einer groß angelegten Unterschriftenaktion in die Wege.

Vor wenigen Tagen berichteten die belgischen Medien von einem vorzeitigen Aus der künstlichen Insel, die etwa 1 km vor dem Strand von Knokke entstehen soll. Der öffentlich-rechtliche Sender BRF (Belgischer Rundfunk) vermutet in seiner Berichterstattung parteipolitische Hintergründe angesichts bevorstehender Kommunalwahlen. Vor zwei Jahren sei Lippens noch ein Befürworter des Projekts gewesen, jetzt kommt eine überraschende Kehrtwende. Der Bürgermeister wehrt sich mit allen Mitteln gegen die künstliche Insel, laut den flämischen Medien seien bereits Fachanwälte beauftragt worden, das Bauvorhaben vor Gericht anzufechten.

Testinsel knapp 1 Kilometer vom Strand entfernt

Der für die Nordsee zuständige Staatssekretär Philippe De Backer kündigte vor wenigen Tagen das provisorische Aus der Insel an. Diese Nachricht rief Flanderns Infrastrukturminister Ben Weydts auf den Plan. Er ist für die Sicherheit der belgischen Nordseeküste verantwortlich und ist über den Sinneswandel seines Amtskollegen erstaunt, der das Projekt 2016 als gute Lösung bezeichnet hatte.

Es drängt sich demnach der Eindruck eines Wahlkampfgeplänkels des Bürgermeisters auf. Dieser setze laut Belgischem Rundfunk weiter auf ein Bündnis mit der Open VLD, jener Partei, der ebenfalls Staatssekretär De Backer angehört. Infrastrukturminister Ben Weyts dagegen ist Mitglied der N-VA, seine Parteikollegen im Knokker Gemeinderat sitzen auf der Oppositionsbank. Somit verbreiten sich Gerüchte, dass Bürgermeister Lippens am Wahlsieg interessiert sei und nicht an der sachlichen Zukunft seiner Gemeinde.

Die Insel sollte vorerst eine Testinsel werden und etwa 1,2 Kilometer vom Strand entfernt angelegt werden. Geplant ist eine Fläche von etwa 40 Hektar, später erweiterbar auf das Zehnfache auf etwa 6 km Länge. Die Insel solle als riesiger Wellenbrecher funktionieren und Flutwellen vom Strand und dem Deich fernhalten. In Knokke ist das Projekt sehr umstritten, nicht nur beim Bürgermeister. Frank Vanleehove, ein ehemaliger Segelprofi und seit 36 Jahren Betreiber eines Segelclubs in Knokke, befürchtet das Ende des Segelns vor Knokke und somit das Ende des Tourismus. Die Sicht auf das Meer verschwinde, stattdessen sehe man nur noch einen Kanal, so Vanleehove gegenüber RTL Belgien.

Probleme durch Verschmutzung und alte Munition

Gegenüber dem Medienkonzern VRT äußerte Lippens weitere Befürchtungen. Durch den Bau der Insel entstehe ein Kanal und somit das Risiko der Anschwemmung von Öl und Müll aus dem Meer vor den Stränden Knokkes. Das habe er in Dubai schon erlebt und das solle in Knokke nicht geschehen. Er befürchtet auch die Nutzung des entstehenden Kanals durch Frachtschiffe und somit Verunreinigungen der Strände vor Knokke und einen Verfall der Immobilienpreise. Statt einer Insel setzt Lippens auf die Methode wie in den Niederlanden, die Strände weiter mit Sand aufzufüllen und zu stabilisieren. Staatssekretär De Backer fordert zudem eine Umweltimpaktstudie und befürchtet schwerwiegende Probleme beim Bau der Inseln durch im Meer versenkte Munition aus dem Ersten Weltkrieg, wie man bei HLN Nieuws nachlesen kann.

Caroline Ven, CEO vom „Blauwe Cluster“, einem Verbund von Wirtschaft, Industrie und Handel, spricht sich gegenüber VRT für die Insel aus. Es sei langfristig günstiger, die Insel könne zur Austern- und Muschelzucht genutzt werden und somit die Kosten der Insel reduzieren.

Wie es nun weitergeht, steht in den Sternen. Finanziell ist es ein Riesenprojekt, Lippens spricht gegenüber HLN Nieuws von 700 Millionen Euro. Die Niederlande hätten bereits zwei Milliarden in den Bau einer ähnlichen Insel investiert, man sei aber wieder aufgrund zahlreicher Probleme zurückgerudert, so Lippens.

F.A.