„Sogar Bosnien hat einen freien Informationszugang – Luxemburg nicht“

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Luc Caregari, Journalist bei der Wochenzeitung Woxx, ist der Präsident des neuen Luxemburger Journalistenverbands ALJP. Im Interview erklärt er, was er vor hat – und woran es in Luxemburg noch hapert.

Seit kurzem gibt es eine einzige Journalistenvereinigung in Luxemburg. Die drei existierenden Vereinigungen ALJ, SLJ und ULJ haben fusioniert und wurden zur ALJP. Luc Caregari, Journalist bei der Wochenzeitung Woxx, wurde zum Präsidenten gewählt. Wir haben uns mit ihm über die Baustellen unterhalten, die auf die Vereinigung zukommen.

Wegen Streitereien gab es drei Journalisten-Vereinigungen in Luxemburg. Wieso sollte es jetzt mit einer einzigen funktionieren?

Der kalte Krieg ist vorbei (lacht). Die ideologischen Gräben wurden überbrückt. Bei der ersten Trennung in den 70er-Jahren entstand die ULJ, die Vereinigung des Luxemburger Worts. 2004 entstand dann die SLJ wegen Meinungsverschiedenheiten mit den Editpress-Journalisten. Diese Streitereien lassen wir hinter uns. Mittlerweile sind alle einverstanden, dass es wenig Sinn macht, in einem kleinen Land wie Luxemburg drei verschiedene Vereinigungen zu haben. Ein dritter Grund wäre, dass die Journalisten sich heutzutage weniger mit ihren Pressehäusern identifizieren als früher noch und stattdessen stärker auf die Solidarität unter Kollegen setzen.

Welche Baustellen kommen auf die Vereinigung zu? 

Die wichtigste Baustelle ist der freie Informationszugang. Luxemburg ist eines der einzigen Länder in Europa ohne entsprechendes Gesetz. Wir machen das aber nicht nur für Journalisten, sondern auch für die Bürger. Sogar in Bosnien und im Kosovo gibt es einen gesetzlich geregelten Informationszugang. Wir werden uns auch weiter gegen das Bettel-Rundschreiben wehren, weil wir es überflüssig finden (NdR: Das Rundschreiben regelte die Kommunikation zwischen Journalisten und Behörden. Statt einem direkten Kontakt mit der Behörde dürfen Journalisten nur die Pressesprecher anfragen, um an Informationen zu kommen). Eine weitere Baustelle wäre der Quellenschutz. Mit dem kommenden Anti-Terror-Gesetz könnte der Quellenschutz der Journalisten in Luxemburg angegriffen werden. Und wir wollen auch die Freelancer vertreten. Es wird immer mehr geben, das ist unausweichlich. Wir wollen Guidelines ausarbeiten, die die Arbeit der Freelancer regeln.

Sie haben als Präsident erklärt, dass Sie aus der ALJP eine Lobby-Gruppe für Journalisten machen wollen. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen? 

In einer ersten Phase werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit den verschiedenen Themen auseinandersetzen. Eine separate Arbeitsgruppe wird sich mit den Themen der Fotojournalisten beschäftigen, wie beispielsweise mit den Bildrechten. Wir wollen unsere Ziele durch Mitteilungen, Rundtisch-Gespräche oder öffentliche Aktionen erreichen. Wir werden uns die ganze Bandbreite an Möglichkeiten offen halten.

Die Medien machen weltweit einen Wandel durch. Welche Entwicklungen sehen Sie als Präsident der Luxemburger Journalistenvereinigung? 

Ich glaube nicht, dass der luxemburgische Journalismus in eine andere Richtung geht als der Journalismus weltweit. Es geht um die Verdichtung der Arbeit, es geht um Multi-Tasking und es geht um immer weniger Zeit für immer mehr Aufgaben. Unser Job besteht nicht darin, Nachrichten von Unternehmen oder der Politik weiterzuleiten. Wir müssen uns damit auseinandersetzen und das Kommunizierte mit Fakten vergleichen können. Ich glaube, dass das mit dem ganzen Zeitdruck und dem finanziellen Druck immer schwieriger wird. Wenn die Artikel der Journalisten wegen den Problemen schlechter werden, lesen die Menschen die Artikel auch weniger. Dann wiederum steigt der Druck und die Artikel werden wieder schlechter. Das ist eine gefährliche Spirale.

Kann die Vereinigung etwas an dem Zustand ändern? 

Das werden wir herausfinden. Ich denke aber, dass wir mehr Durchschlagkraft haben, wenn wir mit einer Stimme reden.

J.C. KEMP
31. Oktober 2017 - 12.34

In (Klein)-Britannien gibt es den sogenannten 'Freedom of information act', der dem Bürger erlaubt, alle Informationen, die der Staat über ihn hat, abzufragen, ausser was nationale Sicherheit betrifft, und der der Presse erlaubt Einsicht in Staatsgeschäfte zu bekommen (zB Ausschreibungen), nur mit der Beschränkung in Punkto nat. Sicherheit. Sucht man bei uns vergebens.

Sysiphus
31. Oktober 2017 - 7.24

Luxemburg ist tatsächlich, neben Spanien und Zypern, das einzige Land in der EU, das seinen BürgerInnen kein Recht auf Informationen einräumt. Die entsprechende Gesetzesvorlage befindet sich seit mittlerweile mehr als fünfzehn Jahren in der Warteschleife. Dabei war der freie Zugang zu Informationen bereits bestand der Menschenrechtserklärung von 1789. Dort heisst es: "Art. 15. - La Société a le droit de demander compte à tout Agent public de son administration.", doch in Luxemburg ist die Allmacht der Verwaltung nach wie vor ungebrochen. Bettels Rundschreiben erinnert an die Lex Santer, die ebenfalls direkte Kontakte zwischen Presse und Verwaltung unterband.