So europäisch ist Luxemburg: Zwischen einem Europa der Nationen und europäischer Integration

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Damit sich die Wähler auch ein Bild darüber machen können, wie es die zu den Chamberwahlen antretenden Parteien mit Europa, sprich der EU, halten, hatte die Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg gemeinsam mit dem Zentrum für politische Bildung zu einer Reihe von Informationsveranstaltungen geladen.

Dabei stellte sich je ein europapolitischer Sprecher der jeweiligen Parteien den Fragen des Publikums. Die Direktorin der Kommissionsvertretung, Yuriko Backes, machte geltend, dass die neu gewählte Regierung das Land auch im Europäischen Rat und den jeweiligen Ministerräten vertreten müsse, die dort neben dem Europäischen Parlament Mitgesetzgeber in der EU sind. Insofern ist es für die Wähler von Bedeutung, wie die Parteien zu einzelnen europapolitischen Themen stehen.

Lesen Sie zu diesem Thema auch den Kommentar von Guy Kemp

Wir besuchten die verschiedenen Veranstaltungen, woraus sich folgender Überblick ergab:

Nation vor Europa

Die Präsentation: Fernand Kartheiser beginnt mit einer Begriffsdefinition: „Europa ist nicht die EU allein“, da gebe es geografische, kulturelle, institutionelle … Bezüge. Nun, es sei ein weites Feld, kürzt der ADR-Politiker ab und gesteht: „Dass wir Europa brauchen, dass wir Europa wollen, ist für Luxemburg ganz klar.“ Woraufhin auch Fernand Kartheiser für den weiteren Verlauf seiner Ausführungen Europa sagt, wenn er die EU meint. Es sind der Binnenmarkt und die Währungsunion, die die Luxemburger davon abhalten, anti-europäisch zu sein, erklärt der ADR-Politiker, dessen Partei sich auf EU-Ebene u.a. mit den britischen Tories und der PiS-Partei des Jaroslaw Kaczynski zusammengetan hat.

Zwar diktiert die Staatsräson die unwiderrufliche Bindung an den europäischen Integrationsprozess, doch für Fernand Kartheiser kommt es darauf an, inwieweit sich die Mitgliedstaaten in der EU verankern sollen. Wobei er lieber von Nationalstaaten spricht. Seine Partei bevorzuge denn auch das Modell eines „Europa der Nationen“, in dem diese eng zusammenarbeiten und sogar in Teilen supranational organisiert sind. Dies sei auch mit ein Grund dafür, weshalb die CSV es ablehne, eine Koalition mit der ADR einzugehen, meint Fernand Kartheiser. Die habe im Gegensatz zu seiner Partei das Modell einer föderalen EU zum Endziel.

Der ADR-Politiker steht daher allem kritisch gegenüber, was nach mehr Europa aussieht und klingt: Der Euro sei für Luxemburg zwar unabdingbar, habe aber Konstruktionsfehler. Eine EU-Armee lehnt er ab. Es gebe ja die NATO und es fehle der Feind. Am Balkan könne die EU ihrem ursprünglichen Zweck als Friedensprojekt noch nachkommen. Allerdings will der ADR-Politiker eher eine Partnerschaft mit den Balkanländern als deren EU-Mitgliedschaft. Und es „wundert mich, dass die Türkei noch immer den Status eines Beitrittskandidaten hat“, so Fernand Kartheiser.

Das Programm: Die ADR sagt es gleich vorweg: Das eigentliche Programm zur Europapolitik wird es erst im kommenden Jahr anlässlich der Europawahlen geben. Deshalb hält die Partei in ihrem Wahlprogramm nur einiges Grundsätzliches zu Europa fest. So werde sich die Partei „mit allen Mitteln“ gegen ein föderales Europa wehren, da Luxemburg sonst nur minimal in den Institutionen repräsentiert sei. Die EU sollte mehr in Sachen Verteidigung und Schutz der Außengrenzen tun. Die Partei will die Solidarität mit jenen Staaten, in denen die meisten Flüchtlinge ankommen, auf finanzielle Beiträge sowie Personal zum Schutz der Außengrenzen reduzieren. Die ADR ist gegen einen EU-Finanzminister, gegen eine europäische Steuer, gegen Finanztransfers, gegen einen EU-Beitritt der Türkei. Die Partei will Luxemburgisch als offizielle Sprache der EU etablieren.


Vorrang für Soziales

Die Präsentation: Der Vorsitzende der außen- und europapolitischen Kommission in der Chamber ist „überzeugter Europäer“. Daran lässt der LSAP-Politiker Marc Angel von Beginn an keinen Zweifel. Seine Partei hat sich seit den letzten Europawahlen, als sie nur mit Mühe ihren Sitz im Europäischen Parlament halten konnte, mit der Europapolitik beschäftigt. Mit dem Resultat, dass die LSAP den umfangreichsten Programmteil zur Europapolitik vorlegen kann. Den Marc Angel im Schnelldurchlauf dem Publikum präsentiert.

Die LSAP hat eine dezidiert proeuropäische Haltung zu allen derzeit bedeutenden Themen in der EU, selbst in der Frage der Steuerpolitik. So sprechen sich die Sozialisten nicht nur für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU aus – auch wenn es auf OECD-Ebene nicht klappen sollte, was sie aber bevorzugen würden. Damit weichen sie von der bisherigen Regierungslinie ab. Doch auch ein Übergang zu Mehrheitsentscheidungen in der Steuerpolitik im EU-Rat geht für die LSAP in Ordnung, womit für die Länder keine Möglichkeit mehr bestehen würde, ein Veto einzulegen. Schließlich gilt es, Steuerdumping zu bekämpfen. Demnach: „Wer A sagt, muss auch B sagen“, meint Marc Angel. „Wir haben da weniger Probleme.“

Von der bisherigen Linie weicht die LSAP auch in Sachen CETA ab, dem EU-Freihandelsabkommen mit Kanada. Diesem werde nur zugestimmt, wenn es mit EU-Recht vereinbar ist, was der Europäische Gerichtshof derzeit prüft. Überhaupt sollen nur noch Freihandelsabkommen mit Staaten ausgehandelt werden, die auch das Pariser Klimaabkommen einhalten, so der LSAP-Politiker. Also nicht mehr mit den USA.
„Der Brexit öffnet den Leuten die Augen dafür, was wir an Europa haben“, findet Marc Angel. „Europa ist sicher nicht perfekt, aber der einzige Weg, um voranzukommen.“

Das Programm: Das mit Abstand umfangreichste Europaprogramm hat die LSAP vorgelegt. Verschiedenste Themen werden angesprochen. Unter anderem wollen sich die Sozialisten dafür einsetzen, dass „verbindliche soziale Rechte“ in Richtlinien und Verordnungen gegossen werden. Um diesen Rechten auch zur Geltung zu verhelfen, fordert die LSAP, dass die Treffen der Eurogruppe nicht nur den Wirtschafts- und Finanzministern überlassen werden, sondern auch die Arbeits- und Sozialminister daran teilnehmen müssten. Den EU-Haushalt wollen die Sozialisten auf 1,3 Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes aufstocken (bisher ein Prozent). Dazu soll die Union mehr Eigenressourcen erhalten, etwa durch eine CO2- oder Finanztransaktionssteuer. Zudem spricht sich die LSAP dafür aus, den sogenannten Europatag, den 9. Mai, als gesetzlichen Feiertag einzuführen.


Kein Nachgeben bei Steuerpolitik

Die Präsentation: Für die DP trat der Chef persönlich an. Immerhin hatte Xavier Bettel knapp zwei Wochen vorher bereits gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in der Philharmonie einem größeren Publikum Europa erklärt. Und wo ist der Premier bisher mehr aufgefallen als auf dem europäischen Parkett.

Xavier Bettel hat jedoch für die Europapolitik seiner Partei kein Gesamtkonzept anzubieten, hängt keiner großen Vision an. Im Gegenteil: „Ich bin nicht bereit für die Vereinigten Staaten von Europa“, stellt der Premier klar. Erst müsse das eigene Haus in Ordnung gebracht werden, empfiehlt er, auch bevor es zu einer Erweiterung der Union oder einem Ausbau der Eurozone kommen sollte. Eine To-do-Liste hat Xavier Bettel jedoch keine für die Instandsetzung des Hauses Europa. Er bemängelt vielmehr, wie schnell vergessen werde, dass doch sehr vieles in der EU funktioniert und was in all den Jahren eben gerade durch sie in Europa ermöglicht und einfacher wurde. „Für mich ist Europa etwas, wofür man heute etwas aufgibt, um morgen etwas Großes zu haben“, erklärt er.

Was allerdings nicht für Steuerfragen gilt, weder für die geplante Besteuerung der Internetgiganten in der EU noch für einen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen im EU-Rat in Sachen Steuerpolitik. Xavier Bettel stellt dennoch klar, dass „Luxemburg sich konstruktiv an der europäischen Debatte“ dazu beteilige.

Daneben betont der DP-Spitzenkandidat immer wieder die Bedeutung der „europäischen Werte“. In den Schulen sollte denn auch weniger den Daten des Integrationsprozesses als vielmehr den Werten, auf die sich die europäische Einigung basiert, Beachtung geschenkt werden, fordert Xavier Bettel. Und der Kommission müssten bessere Instrumente an die Hand gegeben werden, um eben diese Werte zu verteidigen und deren Nichtbeachtung durch die Mitgliedstaaten zu ahnden, verlangt er weiter.

Das Programm: Die DP fasst die Europa- und internationale Politik in einem Kapitel zusammen. Es werden viele Absichtserklärungen und Forderungen formuliert, denen allerdings konkrete Vorschläge und Ideen fehlen, wie sie umgesetzt werden sollen.
So will die DP „eine gemeinsame europäische Entwicklungszusammenarbeit und eine europäische Entwicklungshilfe“, internationale Strukturen, den europäischen Binnenmarkt und Europa als Wertegemeinschaft stärken. Die DP verlangt, dass die EU-Kommission „mehr Mittel“ erhalten soll, um gegen Mitgliedstaaten vorgehen zu können, die gegen die Werte und das Regelwerk verstoßen. Die Liberalen sprechen sich dafür aus, die Auszahlung von Kohäsionsgeldern davon abhängig zu machen, ob die Empfänger unter den EU-Staaten auch die Grundwerte der Union einhalten.


Europa, ein offener Kontinent

Die Präsentation: Seine Partei sei klar proeuropäisch, „das ist ein Teil der DNA der CSV“, betont Laurent Mosar, geht aber gleich zur Feststellung über, dass „die EU im Moment in einer Krise steckt“. Dabei geht er, was die Gründe dieser Krise anbelangt, auch sehr selbstkritisch mit seiner Zunft zu Gericht. Nicht nur hätten Politiker jahrzehntelang für alles Negative Brüssel die Schuld gegeben. Da sei es jetzt schwer, die Bürger vom Gegenteil zu überzeugen. Und die Politik habe nicht reagiert, als es nötig war. „Wir haben das Thema der Migration verschlafen“, so der europapolitische Sprecher der CSV. Das Problem müsse nun in den Griff bekommen werden, wobei Europa ein offener Kontinent bleiben müsse.

„Jeder hat das Recht, nach Europa zu kommen“, so Laurent Mosar. Asylsuchende ohnehin? Wirtschaftsflüchtlinge? Da bleibt der CSV-Politiker im Vagen, liefert aber ein treffendes Gegenargument. Sollten dem afrikanischen Kontinent Fachkräfte aller Art entzogen werden, wie etwa Ärzte? Ursachen der Migration zu bekämpfen, bedeute, massiv in Afrika zu investieren und den Kontinent nicht mehr als Problem oder Gefahr, sondern als Chance zu betrachten, wirbt Mosar für einen neuen Ansatz.

Andere Prioritäten für die EU sieht er in der langfristigen Schaffung einer EU-Armee und einer viel stärkeren Konzentrierung auf die Digitalisierung. Zwar spricht sich Mosar für ein größeres EU-Budget aus, nennt jedoch keine Zahlen. Eine EU-Steuer, also mehr Eigenressourcen, wie es das EU-Parlament fordert, lehnt er ab. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Beiträge erhöhen, findet er. Der CSV-Politiker warnt vor einem „No deal“ mit Großbritannien. Luxemburg habe mit einem harten Brexit am meisten zu verlieren, meint Mosar. Die EU müsse London eine Brücke bauen, um dies zu verhindern, fordert er. Im Übrigen findet er, dass in den vergangenen fünf Jahren die Stimme Luxemburgs in Europa weniger gezählt habe.

Das Programm: In ihrem etwas mehr als eine Seite umfassenden Europaprogramm ist die CSV der Ansicht, dass Luxemburg keine treibende Kraft der EU-Integration mehr ist. Dies müsse sich das Land wieder „erneut erarbeiten“. Einem von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron aus dessen Sorbonne-Rede übernommenen Slogan folgend, fordert die Partei „ein Europa, das beschützt“. Wobei es hauptsächlich um Polizei- und Justizfragen geht. Unter dem gleichen Kapitel geht die CSV auf die EU-Asylpolitik ein, wenn sie die Anpassung der Asylverfahren in Europa und eine Reform des sogenannten Dublinsystems fordert. Dabei befürwortet die Partei die Verwendung von Regional- und Strukturfonds für Regionen, die Asylbewerber aufnehmen.


Klimawandel, ein Jahrhundertthema

Die Präsentation: Mit Claude Turmes hatten „déi gréng“ einen EU-Veteranen in die „Maison de l’Europe“ entsandt, um ihre Europapolitik zu erklären. Fast 20 Jahre hatte der Staatssekretär im Umweltministerium im Europäischen Parlament verbracht, während derer er sich längst europaweit bei den maßgebenden Akteuren einen Namen als Energiepolitiker gemacht hat. Claude Turmes schöpft denn auch aus seinem Fundus an europapolitischen Themen, um zu zeigen, welche Bedeutung nationale Regierungen im europäischen Gesetzgebungsprozess haben.

Wie Deutschland beispielsweise, wenn es darum geht, die Automobilindustrie, die ihm „so was von auf den Keks geht“, vor zu scharfen Regeln zur CO2-Reduzierung zu bewahren. Den Klimawandel hält der Grünen-Politiker für „das wichtigste Thema des Jahrhunderts“ und prophezeit insbesondere ärmeren Ländern in exponierteren Gebiete „massive Probleme“, um damit umzugehen. Die Agrarpolitik handelt er auch mit einer Warnung ab, wenn er darauf hinweist, dass die Landwirte dazu gezwungen werden, „den Preisdruck auf die Natur abzuwälzen“, weshalb die Nahrungsproduktion nicht dem Markt überlassen werden dürfe.

Da Luxemburg „nicht auf Kosten der Nachbarn Steuerdumping machen“ könne, brauche es hier einen Wechsel und eine Diskussion über die Einführung von Mehrheitsentscheiden in Teilen der Steuerpolitik auf EU-Ebene. Für Claude Turmes sollten die Europäer mehr Verantwortung für ihre Verteidigung übernehmen. Allerdings müsste durch mehr Zusammenarbeit Einsparpotenzial bei der Beschaffung genutzt werden, um das Militärbudget zu optimieren. Eine EU-Armee sollte es erst geben, wenn die EU „eine richtige gemeinsame Außenpolitik“ hat, findet Turmes. Die nationalen Parlamente will er hinsichtlich der Europa-Politik stärken, indem er den Abgeordneten mehr parlamentarische Mitarbeiter zugestehen will als bisher.

Das Programm: Klassische umweltpolitische Themen stehen im Europaprogramm von „déi gréng“ selbstredend im Vordergrund. Formuliert werden Ziele wie der Ausstieg aus der Atomkraft, eine „klimaneutral“ gestaltete Wirtschaft bis 2050, eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik oder transparentere Genehmigungsprozeduren für Chemikalien und Pestizide. Ein anderer Themenkomplex sind die Sozial- und Steuerpolitik. So setzen sich die Grünen für die Einführung eines europaweiten Mindestlohnes ein, der am jeweiligen Landes-BIP ausgerichtet werden soll. In der Steuerpolitik sprechen sie sich für die von der Koalitionsregierung bislang abgelehnten Finanztransaktionssteuer aus.
Die Grünen wollen den nationalen Parlamenten die Möglichkeit geben, die EU-Kommission dazu aufzufordern, einen Gesetzesvorschlag zu einem bestimmten Thema vorzulegen.


Andere Verträge für die EU

Die Präsentation: „déi Lénk“ tut sich, wie viele andere ihrer Schwesterparteien in der Vereinigten Linke, schwer mit der Europäischen Union. Das wurde mit dem Auftritt von Michel Erpelding von „déi Lénk“ in der „Maison de l’Europe“ wieder einmal deutlich. Zum einen ist die Partei für den Einigungsprozess, zum anderen würde sie ihn jedoch auf einer anderen Basis bewerkstelligen. „Wir wollen nicht an den aktuellen Verträgen festhalten“, sagt Michel Erpelding. Schiebt aber gleich hinterher, dass jetzt nicht die Zeit sei, etwas zu ändern. Priorität sollte jetzt vielmehr die Entspannung des Verhältnisses zwischen der EU und den Mitgliedstaaten/den Bürgern haben. Der Linken-Politiker, der sich als Föderalist outet, zeigt sich besorgt über den derzeitigen „Desintegrationsprozess in der EU“ (Brexit, Abdriften osteuropäischer Staaten vom EU-Wertekanon, Italien). Denn in einer Situation ohne die EU würden vor allem die kleinen Länder und die kleinen Leute verlieren.

Dass die Linken die Banken und multinationalen Unternehmen strenger an die steuerpolitische und regulatorische Kandare nehmen wollen, gehört zum Selbstverständnis dieser Parteien. Michel Erpelding begrüßt daher die von der Kommission vorgeschlagene Steuerharmonisierung in Form einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer in der EU. Und den im Herbst vergangenen Jahres von den EU-Staaten feierlich in Göteborg angenommenen gemeinsamen Sockel an Sozialrechten will der Linke in verbindliche Richtlinien umgesetzt sehen. Den gegenüber diesem Vorhaben renitenten osteuropäischen Mitgliedstaaten will Michel Erpelding dahingehend entgegenkommen, indem er sie von der Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen, befreien will, wenn die Osteuropäer im Gegenzug höheren Sozialstandards, etwa beim Mindestlohn, akzeptieren. „Ich kann damit leben, wenn andere mehr Flüchtlinge aufnehmen.“

Das Programm: Wie andere Parteien auch äußert sich „déi Lénk“ in ihrem Wahlprogramm nur punktuell zur Europapolitik. In den Vordergrund stellen sie Themen wie eine gerechte Besteuerung in der EU, wobei sie die gegenwärtige Haltung Luxemburgs hinsichtlich der Ablehnung einer Steuerharmonisierung aufgeben würde. Dass die Linken ein „Ende der neoliberalen Politik und der Austeritätspolitik in Europa“ fordern, dürfte ebenso zum Standardrepertoire der Partei gehören wie die Ablehnung von Freihandelsverträgen oder der Kampf gegen Sozialdumping. Die Politik in Europa sollte „auf dem Volkswillen“ beruhen, meinen die luxemburgischen Linken, wobei wohl eher der Wille der Bevölkerung gemeint sein dürfte.


Piraten, Konservative und die KPL

Die Piraten haben sich offenbar bei Ulrike Guérot inspiriert und wollen aus der EU eine Europäische Republik machen. Gemäß den Ideen der deutschen Politikwissenschaftlerin soll der EU-Rat abgeschafft werden und somit sollen die Staaten keine Rolle mehr spielen. Dafür soll ein Senat mit Vertretern aus den Regionen geschaffen werden, der als zweiter Gesetzgeber fungiert.

Die Piraten wollen Europa weiter demokratisieren und etwa über Bürgerinitiativen Gesetzesvorschläge einbringen oder den Gesetzgebungsprozess zu einem bestimmten legislativen Projekt stoppen lassen.

Da die KPL die „Annullierung“ des Lissabonner Vertrages fordert, ohne ein anderes Abkommen über die Zusammenarbeit in Europa anzubieten, sowie den Euro abschaffen will, erübrigt es sich, auf andere Punkte des Europaprogramms der Kommunisten einzugehen. Denn mit den Vorschlägen der KPL würde die EU quasi abgeschafft werden.

„déi Konservativ“ haben eigentlich kein europapolitisches Programm. Sie sprechen sich lediglich gegen offene Grenzen (Schengen) aus und wollen eine „systematische Reform und neue Lösungen für die Probleme der EU“.