„Sich das Finale alleine ansehen wäre trist“: Das Public Viewing in Esch

„Sich das Finale alleine ansehen wäre trist“: Das Public Viewing in Esch

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Rund 500 Menschen verfolgten das WM-Finale zwischen Frankreich und Kroatien gestern beim Public Viewing in Esch. Die „Minettemetropole“ zeigte dabei ihr schönes, internationales Gesicht. Das ganz große Fußballerlebnis war es allerdings nicht. Ein Stimmungsbericht.

Wenn Fußball etwas besonders gut kann, dann ist es Menschen zu vereinen, die ansonsten wohl nie zueinandergefunden hätten. Dies trifft auch auf Pizzabäcker Nedzad Sabotic zu. Sein kleines Restaurant in der Brillstraße war noch komplett leer, als er dort wenige Minuten nach Schlusspfiff seine eigene Weltmeisterschaftsbilanz zog und auf Kundschaft wartete. Während der ersten Hälfte, die er sich inmitten von 500 Fans auf dem Brillplatz angesehen hatte, sei der Funken gleich übergesprungen und die Menschen hätten gemeinsam gefeiert, erzählte er.

Der Montenegriner, der neben der italienischen Landesspezialität auch Cevapcici serviert, hätte den Kroaten den Sieg gewünscht. „Im Fußball sind wir in solchen Momenten solidarisch, ob Montenegriner, Albanier oder Bosnier. Man freut sich für seine Nachbarn.“ Das traf in zweierlei Hinsicht auf ihn zu: „Direkt gegenüber wohnt ein Franzose. Ich bin froh, dass er heute feiern kann.“

Mit Ausnahme einer kleinen Rempelei hatte etwa hundert Meter weiter beim riesigen Bildschirm eine ausgelassene Stimmung geherrscht. Kulturelle Unterschiede, Herkunft oder soziale Aspekte spielten gestern Nachmittag eine untergeordnete Rolle. Auf der Wiese hatten sich bei strahlendem Wetter ganz einfach „Escher Zuschauer“ eingefunden, die sich nicht unbedingt vorher kannten, doch gemeinsam ein tolles, torreiches Spiel sahen.

Wer allerdings auf dem Brillplatz bei Toren auf stadionähnlichen Jubel gehofft hatte, wurde enttäuscht: Es ging eher in Richtung Beifall statt Euphorie. Vom großen Fußballerlebnis war man also noch weit entfernt, doch für die Stadt Esch war es zumindest ein großer Tag im Zeichen von Gemeinsamkeit und „Multikulti“.


„Angenehm überrascht“

Eniza und Mirza stammen beide aus dem Balkan und leben mittlerweile in Esch: „Wir sind angenehm überrascht“, so die erste Einschätzung der zwei Kroatien-Fans, die es sich etwas weiter hinten auf zwei Gartenstühlen bequem gemacht hatten und das Spiel dementsprechend entspannt verfolgen konnten. „Die Leute machen mit und das Dekor rundherum ist einfach mega“, erklärte Mirza.


„Diesen Moment teilen“

Franck war einer der wenigen Fans, die sich neben dem obligatorischen Trikot auch noch etwas Landesfarbe ins Gesicht geschmiert hatten. „Es ist das erste Spiel dieser Weltmeisterschaft, das ich mir hier auf dem Brillplatz ansehe. Ich bin positiv von der Organisation überrascht. Es gab vorhin einen kleinen Streit, aber auch das hatte die Security sehr schnell im Griff. Auch für Getränke und Essen braucht man sich nicht lange anzustellen.“ Der Franzose, der in Esch lebt, war von Freunden auf die Liveübertragung aufmerksam gemacht worden: „Es ist immer schöner, solche Fußballmomente zu teilen und nachher gemeinsam etwas zu trinken, statt alleine zu Hause zu sitzen“, so der Fan der „Bleus“, der sich ansonsten weitaus mehr für Rugby interessiert, abschließend.


„Sonst wäre es trist“

Im Frankreich-Trikot und mit „bleu-blanc-rouge“-Fan-Hut auf dem Kopf hatten sich Ramon und Sonja für einen Platz in der Nähe des Bildschirms entschieden. „Wir wohnen hier in Esch“, so der „Luxemburger und Franzose“, wie er sich selbst beschrieb. Er hatte auch den richtigen Riecher, was den späteren Weltmeister angehen sollte: „Frankreich wird gewinnen, da die Spieler motiviert sind und die besseren Chancen haben. Dieses Public Viewing ist eine sehr gelungene Initiative, die Esch auch gebraucht hat. Die Stimmung ist top. Sich ein Finale allein anzusehen, wäre trist.“


„Wir wohnen hier um die Ecke“

Almera und Amela saßen mit ihren Freunden auf einer Parkbank. Die beiden Kroatien-Anhängerinnen hatten bereits das Halbfinale auf dem Brillplatz verfolgt: „Da waren deutlich weniger Menschen hier.“ Warum die beiden aber nochmal den Weg dorthin gefunden hatten, erklärten sie auch: „Man hat eine gute Sicht, die Stimmung ist besser als zu Hause und wir wohnen hier gleich um die Ecke.“


„Gut gemacht“

„Ich bin seit der Weltmeisterschaft 1998 ein Fan der Franzosen“, erklärte der Fußballspieler Billy, der vom freien Sonntagnachmittag profitierte. „Sie führen gerade verdient.“ Für den Fola-Spieler war es das erste Public Viewing auf dem Brillplatz: „Es ist gut gemacht, die Stimmung ist ausgelassen und auch den kleinen Streit hatten die Sicherheitsleute schnell wieder im Griff.“