Showdown in Barcelona: Tausende Beamte schützen den spanischen Regierungschef

Showdown in Barcelona:  Tausende Beamte schützen den spanischen Regierungschef
Demonstranten in Madrid fordern die Freilassung der inhaftierten katalanischen Separatisten Jordi Sánchez und Jordi Cuixart. (Foto: AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Hochspannung in Barcelona: Kurz vor dem Besuch der gesamten spanischen Regierung in der spanischen Konfliktregion Katalonien wächst die Sorge, dass es an diesem Tag zu Krawallen kommen könnte.

Von unserem Korrespondenten Ralph Schulze, Madrid

Am Freitag wollen Spaniens sozialistischer Premier Pedro Sánchez und seine 17 Minister in der katalanischen Metropole Barcelona eine Kabinettssitzung abhalten, was von Kataloniens separatistischer Regionalregierung als „Provokation“ bezeichnet wird. Radikale Gruppen der Unabhängigkeitsbewegung riefen dazu auf, das Kabinettstreffen des „Unterdrückerstaates“ mit Barrikaden und Blockaden zu verhindern. Tausende Polizisten, darunter Sondereinheiten aus ganz Spanien, sollen die Regierung schützen und Barcelona in eine Festung verwandeln.

Spaniens Regierung, die üblicherweise in der Hauptstadt Madrid tagt, will mit der Kabinettssitzung in Barcelona „demokratische Normalität“ demonstrieren. So wie vor zwei Monaten, als sich der spanische Ministerrat im andalusischen Sevilla, im Süden des Landes, versammelte. Doch für die in Katalonien regierenden Separatisten wie für das gesamte Unabhängigkeitslager, das etwa die Hälfte der katalanischen Bevölkerung repräsentiert, ist nichts normal. „Der Unterdrückerstaat besucht die Kolonie“, heißt es im Protestaufruf der Separatistenplattform ANC. Und: „Wir werden klarmachen, dass sie nicht willkommen sind.“

Die Barcelona-Visite der spanischen Regierung findet am Jahrestag der letzten katalanischen Regionalwahl statt, in der sich erneut gezeigt hatte, dass die Bevölkerung in ein etwa gleich großes pro-spanisches und in ein separatistisches Lager gespalten ist. Die danach aufkeimende Hoffnung, einen politischen Ausweg für die Krise zu finden, erfüllte sich bisher nicht. Das Dialogangebot von Spaniens Regierungschef Sánchez an Kataloniens Regionalpräsidenten Quim Torra, über mehr Autonomierechte zu sprechen, führte in den letzten Monaten zu keinem Ergebnis.

Torra hält am Konfrontationskurs seines Vorgängers Carles Puigdemont fest und will notfalls auch ohne Spaniens Zustimmung einen unabhängigen Staat ausrufen. Ein Plan, der mit Spaniens Grundgesetz, das eine territoriale Abspaltung nicht erlaubt, kollidiert. Sánchez stellte entsprechend klar: „Wir können über alles reden – innerhalb der Verfassung.“ Torra ließ offen, ob er am Freitag die Einladung Sánchez‘ zu einem Vieraugengespräch in Barcelona annehmen werde.

Separatisten-Prozess rollt an

Das politische Klima wird zudem belastet durch den anlaufenden Prozess gegen 18 führende Separatisten, die sich vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid verantworten müssen – neun der Beschuldigten sitzen in U-Haft. Gestern trat die Strafkammer erstmals zusammen. Dabei ging es vor allem um die Forderung der Verteidigung, das Strafverfahren von Madrid nach Katalonien zu verlegen. Ein Antrag, dem geringe Chancen eingeräumt werden, sodass der Prozess vermutlich wie geplant Ende Januar in Madrid anlaufen wird.
Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Herbst 2017 auf illegale Weise versucht zu haben, die Unabhängigkeit Kataloniens zu erzwingen. Zunächst hatte die damalige Regionalregierung unter Führung Puigdemonts ein Unabhängigkeitsreferendum durchgezogen, obwohl dies vom Verfassungsgericht verboten worden war. Anschließend folgte eine gleichfalls als verfassungswidrig eingeordnete Abspaltungserklärung.

Die Staatsanwaltschaft fordert für mehrere mutmaßliche Hauptverantwortliche, darunter für Puigdemonts Stellvertreter Oriol Junqueras, zwischen 16 und 25 Jahren Haft wegen Rebellion. Für andere Unabhängigkeitspolitiker, die nur des Ungehorsams angeklagt sind, werden lediglich Geldstrafen verlangt. Vier der Hauptangeklagten befinden sich seit Anfang Dezember im Hungerstreik, um gegen das Strafverfahren zu protestieren, das sie als ungerechtfertigt ansehen. Der frühere katalanische Ministerpräsident Puigdemont, der als Kopf der umstrittenen Abspaltungsbeschlüsse gilt, muss sich derzeit nicht verantworten – er setzte sich vor einem Jahr nach Belgien ab.