Esch2022Ist es um das Projekt zu ruhig geworden?

Esch2022 / Ist es um das Projekt zu ruhig geworden?
Vor genau zwei Jahren war die Freude über den Titel noch groß ... Foto: Editpress/Alain Rischard

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Vor zwei Jahren wurde es offiziell: Esch wird zusammen mit der litauischen Partnerstadt Kaunas die Kulturhauptstadt des Jahres 2022 sein. Nach der freudigen Feier folgten schnell Ernüchterung und Kater. Zwischen Politikern und Koordinatoren gab es Streit, das leitende Team wurde durch zwei „alte Bekannte“ ersetzt. Ins Dossier Esch 2022 ist seitdem, wie der Escher Bürgermeister Georges Mischo es sich wünschte, wieder Ruhe eingekehrt – vielleicht sogar etwas zu viel. Ein Rückblick.

Kaum zu glauben – es ist tatsächlich bereits zwei Jahre her, dass Esch den Titel für die Kulturhauptstadt 2022 offiziell erhalten hat. Dies gelang der Künstlerischen Leiterin Janina Strötgen und dem Generalkoordinator Andreas Wagner dank ihres „Remix“-Bidbook, nachdem ein erster Projektvorschlag, der unter dem Motto „Liebe“ aufgezogen war, von der Jury abgelehnt wurde.

Wagner und Strötgen hatten nach dieser ersten Absage ein Jahr Zeit, um Esch den Titel zu sichern und stellten ein konzeptuelles, künstlerisch teilweise hochspannendes Bidbook auf die Beine, dessen Anliegen es u.a. war, die Beziehungen zwischen dem Studenten- und Finanzviertel Belval und dem raueren, teilweise verwahrlosten Zentrum von Esch aufzubessern, eine Kunsthochschule auf Belval zu gründen, die verstecke Alzette an die Oberfläche der „Minettemetropole“ zu bringen oder einen soziologischen Querschnitt der bunten Kanalstraße mithilfe des C2DH durchzuführen.

Neben Projekten, die die Mehrsprachigkeit, die Interkulturalität, das Zusammenleben vieler Bevölkerungsschichten und Nationalitäten in Esch betonten, sollte auch die mehr oder weniger bekannte Geschichte des Südens wieder ins Licht gerückt werden – ein Projekt implizierte den Staatsbesuch der Ceausescus unter dem kommunistischen Escher Bürgermeister Arthur Useldinger, ein weiteres sollte im französischen Thil anhand von künstlerischen Projekten darauf aufmerksam machen, dass dort mithilfe von Zwangsarbeitern innerhalb von ein paar Wochen eine Außenstelle des Natzweiler-Struthof-KZs errichtet worden war.

An der Täsch?

Betrachtet man heute die Bilder, die damals in den Medien veröffentlicht wurden – zufriedene Gesichter und freudige Umarmungen –, oder liest man die Statements der Politiker – der damalige Kulturminister Xavier Bettel meinte, früher wäre im Süden des Landes das Eisenerz geschürft worden, heute würde man dort die graue Materie der Zukunft des Landes ausgraben –, kommt man nicht darum herum, sich die Ereignisse, die unmittelbar danach folgten, ins Gedächtnis zu rufen – denn zu groß ist die Kluft zwischen der Freude, die Politiker wie Xavier Bettel (DP) oder Georges Mischo (CSV) vor den Kameras an den Tag legten, und den darauffolgenden Reaktionen, die hauptsächlich darin bestanden, das Duo hinter dem Bidbook wegen seiner vermeintlichen Inkompetenz schlechtzureden.

Das Tageblatt titelte damals: „An der Täsch“ – und ahnte nicht, dass eigentlich noch rein gar nichts „an der Täsch“ sein würde. Denn fortan hagelte es Vorwürfe – die zahlreichen Verbesserungspunkte, die die Jury als abschreckende Fußnote unter ihre Zusage setzte, wurden immer wieder von den Politikern zitiert, daneben warf man Wagner und Strötgen mangelnde Kompetenzen im Umgang mit den Finanzen und eine suboptimale Kommunikation mit den Gemeinden des Südens vor.

Weswegen Georges Mischo und Pim Knaff (DP) während der folgenden Pressekonferenzen immer wieder unterstrichen, Wagner und Strötgen müssten jetzt noch Aufklärungsarbeit leisten, um die Südgemeinden von ihrem (von der Jury bereits abgesegneten) Bidbook zu überzeugen.

Wer sich davor mit Wagner und Strötgen über das Bidbook unterhalten hatte, kommt nicht darum herum, sich dies folgendermaßen vorzustellen: Die beiden Koordinatoren führen begeistert ihr Remix-Konzept vor. Der Bürgermeister und der Vertreter einer Dorfkulturkommission, der hauptsächlich Kabarett-Theater organisiert, sitzen daneben und schütteln ratlos den Kopf.

Problematisches Bidbook

Last but not least wurde den beiden unterstellt, Projekte ins Bidbook aufgenommen zu haben, von denen die hypothetischen Projektleiter selbst wenig wussten – und die zudem mit einem viel zu hoch angelegten Budget dotiert wurden. Eine dem Tageblatt nahestehende Quelle meinte lakonisch: „So viel Geld hätten wir niemals gebraucht. Es sei denn, man hätte gewollt, dass wir uns ein neues Auto zulegen.“

Dass es problematische Punkte im Bidbook gab – auf die die Jury ja hinwies –, ist nicht außergewöhnlich und liegt auch an der komplexen Situation – immerhin gilt es, elf luxemburgische Gemeinden und die CCPHVA („Communauté de communes du Pays Haut Val d’Alzette“) zu einer Zusammenarbeit zu bewegen und den Ansprüchen der verschiedenen Gemeinden gerecht zu werden – wozu sich dann noch (eventuelle) Spannungen zwischen den Gemeinden und die durch Gemeindewahlen ändernde politische Kolorierung des Südens gesellen.

Zwei Jahre (und eine Polit-Sitcom) später sind die Koordinatoren ausgewechselt

Dass dies keine leichte Übung sein würde, müsste jedem klar sein, das Sprichwort mit den zu vielen Köchen, die den Brei verderben (aber wieso sollte man überhaupt Brei essen wollen), hilft vielleicht, die Komplexität des Vorhabens zu verstehen. Zudem ist ein Koordinator oder ein Künstlerischer Leiter kein Finanzexperte: Hätte man dem Duo Wagner-Strötgen einen solchen zur Seite gestellt, hätte man wohl so einiges zurechtbiegen können. Einige Kulturschaffende verteidigten das Projekt von Wagner und Strötgen und versicherten, sich aus Protest aus dem Projekt zurückziehen zu wollen.

Was danach folgte, war ein Trauerspiel, nicht zuletzt, weil das ursprüngliche Projekt komplett aus den Augen verloren ging und man sich seitdem kaum mehr über das Hauptthema – die Kultur – unterhält: Aus Gründen, die die Verantwortlichen nie wirklich preisgeben sollten, wollte man Andreas Wagner und Janina Strötgen absägen.

Absurd

Das Resultat: einige Pressekonferenzen, die an Absurdität kaum zu übertreffen waren. Georges Mischo schien irgendwann Wagner und Strötgen dafür verantwortlich zu machen, dass die Anzahl an Unterkünften für Touristen in Esch unzulänglich sei, es wirkte, als hätte Mischo in puncto Rhetorik und politischer Camouflage noch so einiges zu lernen – fast hätte man ihm ein paar Seasons „House of Cards“ verschreiben möchten. Pim Knaff versteckte sich ständig hinter irgendwelchen Dossiers, die er bedeutungsschwanger Traversini, Biancalana oder Mischo zuschob.

Nach ewigem Hin und Her wurde Wagner und Strötgen irgendwann erst mal der Zugriff auf ihre Arbeitskonten verweigert, ihr Vertrag nicht verlängert, dann um sechs Monate erweitert – bis es dann offiziell wurde: Man trenne sich von dem Duo und mache sich auf die Suche nach Ersatz.

Ein paar Monate später hatte man diesen auch schon gefunden: Heilsbringerin Nancy Braun – die auch Teil der Ad-hoc-Arbeitsgruppe war und somit half, das Profil für einen neuen Koordinationsposten aufzustellen, den sie dann später selbst belegen sollte (honni soit qui mal y pense) – und Christian Mosar ersetzten Andreas Wagner beziehungsweise Janina Strötgen.

Ruhe oder Lethargie?

Einer der Gründe, wieso es einem nicht unbedingt so vorkommt, dass Esch seit nunmehr zwei Jahren im Besitz des Kulturhauptstadttitels ist, liegt darin, dass in der Zwischenzeit, abgesehen von der hier leicht parodiert resümierten Polit-Sitcom, nicht schrecklich viel passiert ist. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung wurde nach der offiziellen Bestätigung hauptsächlich schmutzige Wäsche gewaschen.

Georges Mischos Aufforderung, es solle endlich mal wieder „Ruhe in dieses Dossier kommen“, wurde zwar von dem neuen Duo eingehalten, betrachtet man in aller Objektivität aber, was bisher geleistet wurde, darf man sich zu Recht fragen, ob das mit der Ruhe nicht vielleicht zu ernst genommen wurde. Dass die neu eingeschlagene Richtung eine pragmatische ist, zeigt bereits der Fakt, dass „Esch 2022“ jetzt nur noch die Hälfte der Finanzierung übernimmt.

Der Abgabetermin des „Appel à projets“ – den Wagner und Strötgen bewusst vermieden hatten, wohl um ein kohäsiveres Projekt aufzustellen –, der Ende August angepeilt war, wurde nun (aus heiterem Himmel) auf Ende Dezember verschoben, was wohl all diejenigen, die ihre Sommerferien damit verbracht hatten, das Dossier fertigzustellen, geärgert haben muss.

Bis diese Projekte endgültig aussortiert und genehmigt (oder abgelehnt) werden, wird schätzungsweise erneut ein halbes Jahr vergehen. Dann schreiben wir Mitte 2020 – und es bleiben exakt 18 Monate, bis das Kulturjahr beginnt. Zeit für groß angelegte Projekte, wie sie von Wagner und Strötgen geplant wurden, wird es keine mehr geben – und in der Haut der Koordinatoren, die das Ding innerhalb dieser doch sehr knappen Zeit schaukeln sollen, möchte man definitiv nicht stecken.

 

Showmaster...
11. November 2019 - 12.35

...ist mein Beruf, sang einst Rudy Carell, das passt aber auch auf Ihn?

spëtzbouf
11. November 2019 - 12.18

Wer ist denn dieses jung verliebte Pärchen auf dem Foto ? :)

jeff
11. November 2019 - 8.38

Vergiesst Esch.Do left neischt mei!!!!!!!!! An net nemmen zu Esch.Eis Regierung huet alles verschass!!! A wei soll een aus dem Drecksnascht vun Esch eppes kulturelles herbeizauberen?

Jemp
11. November 2019 - 2.24

Esch 2022. Eine Lachnummer! Da werden wir uns unwahrscheinlich blamieren!!!

Jimbo
10. November 2019 - 18.58

Bis dohinn ass et mat Esch nach mei dBach of gangen...

en Aarbechter
10. November 2019 - 17.56

Nee, wat eng Begeeschterung! An elo Funkstille.

Jugel
10. November 2019 - 14.52

Ja, so sind die Schwarzen. Nur sich die Hände nicht verbrennen, im Zweifelsfall lieber nichts tun und abwarten und dann der Opposition die Schuld geben.

ronald
10. November 2019 - 13.00

Effektiv tote Hose, mol keng minimal Informatiounen fir den interesséierten Bierger! Et ass jo och bezeechnend fir Kulturinteresse vun der Escher Majoriteit dass aktuell zB d'Gallerie Schlassgoard Sonndes zou ass! Also wirklech, et ass guer net méi normal wat do ofgeet !