Seit 1870 verteidigen Karnevalsjecken die Narrenhochburg Diekirch: Ein Einblick in die Geschichte der Kavalkade

Seit 1870 verteidigen Karnevalsjecken die Narrenhochburg Diekirch: Ein Einblick in die Geschichte der Kavalkade

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Diekirch gilt als ungekrönte Hauptstadt der Luxemburger Fastnacht. Am Sonntag findet die bereits 40. Auflage des beliebten Karnevalsumzugs statt. Seit 1979 organisiert der Verein „Eeselen aus der Sauerstad Dikrich“, kurz ESD, den farbenfrohen Umzug. Dabei ist die Kavalkade in der kleinen Sauerstadt eigentlich sehr viel älter.

Von unserem Korrespondenten Olivier Halmes

Schon im Jahr 1870 zogen die Karnevalsnarren mit seltsamen Gewändern verkleidet, lachend und feixend durch das Brauereistädtchen an der Sauer. Das Motto der damaligen Erstausgabe war „Expedition nach dem Schlaraffenland“. Die Sache stand jedoch finanziell unter keinem guten Stern. Trotz der vielen Arbeit, die die Macher in ihr Projekt gesteckt hatten, wurde das ganze Abenteuer zu einem finanziellen Desaster.

Wie die Chronisten zu berichten wissen, waren lediglich 158 Goldfranken eingenommen worden. Viel zu wenig, um die entstandenen Unkosten von rund 1.000 Goldfranken damit begleichen zu können. Dabei sollten eigentlich mit dem Karnevalsumzug – neben dem ganzen Spaß an der Freud’ – auch Gelder für die Armen des Städtchens gesammelt werden, so die damalige Idee dahinter. Nach diesem Schock wurde es erst mal ruhig um den Karnevalsumzug. Die Diekircher feierten weiterhin wie gewohnt fröhlich „Fuesent“, aber wegen der Geldnöte ohne das Abhalten einer Kavalkade.

Umzug der Karnevalsnarren

Erst Jahre später, jeweils 1882 und 1884, fand unter dem Jubel der Bevölkerung und zahlreicher Gäste aus allen Teilen des Landes erneut der fröhliche Umzug der Karnevalsnarren statt. Am 1. März 1897 wurde schließlich die vierte Ausgabe organisiert. Seit der Kavalkade zum Jahrhundertwechsel 1900 war dann wiederum für sehr lange Zeit Schluss mit dem lustigen Treiben. Von diesem Ereignis unter dem Thema „De Kanddaff“ existieren noch alte Fotografien.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde unter dem Impuls des damaligen Präsidenten des „Syndicat d’initiative“, Jacques Zenner, die „Dikkricher Cavalcad“ im Jahr 1946 neu ins Leben gerufen. Noch lag das Städtchen wegen der Kriegswirren durch die Ardennenoffensive ’44-’45 schwer in Trümmern. Dennoch regte sich schon wieder der Frohsinn, für den die Diekircher überall bekannt sind, trotz der großen Schäden und des vielen erlittenen Leids.

Ein Journalist des Tageblatt schrieb am 13. Februar 1947 dazu: „Über die Zweckmäßigkeit eines humoristischen Umzuges in einer schwer sinistrierten Stadt wird wohl noch lange gestritten werden können. Aber man will doch gar nicht die Ruinen mit Konfetti überdecken. Es ist das Leben, das seine Rechte fordert. Das Leben und die Tradition.“ Auch das „Fuesichtslidd“ von 1947 ist überliefert worden. So wurde damals auf den Straßen und den Plätzen mit viel Eifer und Freude laut gesungen.

D’Eeselen aus der Sauerstad Dikrich

Die Tradition, jedes Jahr ein neues närrisches Lied für die Kavalkade zu erfinden, ist jedoch im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Um aber die beiden Umzüge von 1947 und 1949 überhaupt erst abhalten zu können, wurde eine Geldsammlung unter der Diekircher Bevölkerung organisiert.

Großes Pech hatte die heimische Brauerei anlässlich der Kavalkade 1949: Wie in der Zeitung berichtet wurde, brannte ihr nach dem Festzug etwas abseits abgestellter Lastwagen aus. Der Schaden soll sich damals auf 65.000 Franken belaufen haben. Dann dauerte es erneut bis 1954, ehe sich die nächste Kavalkade, mit 30 Wagen und Gruppen, am 28. Februar in Bewegung setzen konnte. Dies sollte aber wieder mal für lange Jahre die letzte sein, weil es an allen Ecken und Enden an Geld fehlte.

Viel Wasser musste die Sauer noch herunterlaufen, ehe sich am 25. April 1978 eine Gruppe begeisterter Karnevalsnarren zusammenfand, um die hiesige Tradition wieder aufleben zu lassen. Der Verein gab sich den Namen „d’Eeselen aus der Sauerstad Dikrich“ und als Maskottchen wurde, wie auch nicht anders zu erwarten, der Esel gewählt, das wohl bekannteste Wahrzeichen des Städtchens.

Am 25. Februar 1979 konnte sich somit nach langer Zeit wieder eine Kavalkade unter dem Motto „Dikkricher Eselsichkeeten“ in Bewegung setzen. In den folgenden Jahren wurde daraus ein gefeiertes Ereignis, das ununterbrochen immer weiter an Popularität gewann. Von überallher kamen an diesem Karnevalssonntag zigtausende Fastnachtsbegeisterte und ließen ihrem närrischen Treiben freien Lauf. Mit Ausnahme von 1991, wo weltweit alle Karnevalsumzüge wegen des damals ausgebrochenen Golfkrieges abgesagt wurden, fand seither jedes Jahr ein solcher Zug statt.


Los geht’s um 14.30 Uhr

Wie gewohnt wird der Zug am Sonntag um 14.30 Uhr in der Gilsdorfer Straße gestartet. Über die rue Alexis Heck, die Esplanade, die place Guillaume, die rue de Stavelot, die Avenue de la Gare bis hin zum Bahnhof geht im Anschluss das närrische Treiben. Geschätzte Ankunftszeit ist gegen 17.30 Uhr im Kulturzentrum „Al Seeërei“. Um 19 Uhr findet hier auch die Preisüberreichung statt. Prämiert werden dabei die schönsten Karnevalsgruppen. Preisgelder in Höhe von insgesamt 5.475 Euro winken den Gewinnern des Umzugs. Die Karnevalsmacher rechnen in diesem Jahr mit Ausgaben für die Kavalkade von rund 120.000 Euro. Weitere Informationen sind im Internet unter www.cavalcade.lu zu finden.

55 Gruppen

In diesem Jahr können die Diekircher nun Jubiläum feiern. Angekündigt haben sich 13 Fußgruppen, 5 Fanfaren und 37 Karnevalswagen. Insgesamt 55 Gruppen nehmen also an dem zwei Kilometer langen Umzug teil. Ungefähr sechs Tonnen Kamellen, Schokolade, Plüschesel und Gadgets sollen unter die Zuschauer verteilt werden. Die Eintrittskarte für die Kavalkade kostet 7 Euro. Im Vorverkauf sind es 5 Euro. Für Kinder unter 12 Jahren ist der Eintritt frei.