Schattiges Plätzchen am roten Turm: Im D&G in Esch begegnen sich Jüngere und Ältere

Schattiges Plätzchen am roten Turm: Im D&G in Esch begegnen sich Jüngere und Ältere

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Vielen Schülern aus dem nahegelegenen „Lycée de garçons“ ist es ein beliebtes Refugium gewesen: das Café Falstaff. Heute lockt es unter dem Namen „D&G“, an der belebten Kreuzung, neben dem Rathaus und gegenüber einer Bushaltstelle, immer noch viele Menschen an. Gute Stimmung ist garantiert. Diskretion sowieso – wie eh und je.

Von Marco Goetz (Text) und Didier Sylvestre (Fotos)

Bis zum Marktplatz sind es nur wenige Meter. Das Rathaus ist zum Greifen nah. Dort, an der Kreuzung der Grand-rue und der Luxemburger Straße, befindet sich, äußerlich fast unverändert, seit Jahrzehnten ein Café. Menschen eines gewissen Alters nennen es immer noch „Falstaff“. Sie schwärmen und erinnern sich – an geschwänzte Schulstunden und an erste zaghafte Rendezvous. Ob der damalige Name des Cafés auf die von Shakespeare erfundene Figur des Lebemanns Sir John Falstaff zurückgeht, weiß man nicht – passen würde es aber.

Seit elf Jahren heißt das Lokal nun schon „D&G“. Mit Dolce&Gabbana, dem italienischen Luxusmodelabel, hat das allerdings nichts zu tun. Die Wahrheit ist weniger stylish, sogar eher nüchtern. D und G sind – ganz banal – die Anfangsbuchstaben der Familiennamen derjenigen, die 2008 das Café übernehmen und umbenennen. Sie bleiben nicht lange.

2012 übernimmt Sam Nifer die Leitung. Den Namen „D&G“ behält er bei. Er fühlt sich der Tradition verbunden. Wesentliche Veränderungen gibt es keine. Sogar die Petit-bois-Fenster sind noch vorhanden.

Möglicherweise seit Eröffnung des Lokals. Damals allerdings nicht als Café, sondern als Hotel-Restaurant, wie sich Lorenzo, Stammkunde, Gelegenheitskellner und Rausschmeißer, erinnert. Unten sei das Restaurant und oben im ersten Stock, die Hotelrezeption gewesen. Den Speiseaufzug, mit dem das Essen aus der Küche im Keller hochgebracht wurde, gibt es noch. Die Küche auch. Sie ist jedoch wegen Feuchtigkeit, die nahe Alzette lässt grüßen, nicht mehr zu gebrauchen

Auch die kleine Kammer, die, in Smartphone-fernen Zeiten, als Telefonkabine diente, besteht noch. Sie befindet sich links neben dem Eingang zu den Toiletten. Und die Treppe, die nach oben zur Rezeption des Hotels führte, ist ebenfalls noch vorhanden, allerdings wird sie unterhalb der Decke von einer Mauer unterbrochen. Über dem Café befinden sich heute Wohnungen.

Ort der Begegnung

Das D&G ist ein Ort der Begegnung. Sieben Tage die Woche. Für Jüngere und Ältere. Studenten der Uni Belval genießen Sonderpreise, betont Sam. Es ist ein Lokal, in das man sich zurückziehen und Lounge-Atmosphäre genießen kann. Gesellig in großer Runde beisammensitzen oder, diskret in einer der Nischen, im Hintergrund bleiben – gut geschützt vor gleißendem Sonnenlicht.

Für Schatten sorgen auch die vielen Flaggen, die Sam in den Fensterrahmen hat anbringen lassen: „Eigentlich sollen sie zeigen, dass hier jeder willkommen ist“, sagt er. Eine Flagge hängt sogar an der Decke direkt über der Tür, nämlich der „Roude Léiw“. Wer seinen Drink lieber an der frischen Luft genießt, darf es sich auf der Terrasse bequem machen. So oft es geht stellen Sam und Agnieszka, die Chefkellnerin, die perfekt Luxemburgisch spricht, Tische und Stühle raus und bei Kälte und Wind zwei Heizstrahler hinzu. Raucher wissen das zu schätzen.

Von der Terrasse fällt der Blick übrigens auf geschichtsträchtiges Terrain. Vor über 30 ahren hat das Tageblatt bereits darüber berichtet. Genau zwischen Gemeindehaus und dem „D&G“ liegen, im Boden unter dem Asphalt, die Überreste des sogenannten „Roten Turms“. Als einer der letzten Zeugen der Befestigungsmauer, die Esch einst umgab, ziert ihn bis heute das Wappen der Stadt. Leider wird vor Ort nicht darauf hingewiesen.