Schach-WM: Tiebreak-Krimi soll Entscheidung herbeiführen

Schach-WM: Tiebreak-Krimi soll Entscheidung herbeiführen

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Seit dem 9. November blickt die Schachwelt gespannt auf die Geschehnisse im The-College-Gebäude in London, wo sich Titelverteidiger Magnus Carlsen (Norwegen) und Herausforderer Fabiano Caruana (USA) um den Weltmeistertitel duellieren. Nach dem 6:6-Unentschieden in den klassischen Partien geht der Wettkampf am Mittwoch ab 16.00 Uhr in das entscheidende Tiebreak. Ein Überblick.

Die Luxemburgerin Fiona Steil-Antoni ist bei der Schach-WM in London mit dabei. Die junge Frau aus Beles begleitet Spiele und Spieler als „Press officer“. Im Interview verrät sie, wer ihr Favorit ist. 

Von Christian Jeitz

Das Tiebreak

Das Tiebreak verläuft folgendermaßen und wird bei Unentschieden fortgesetzt:
 4 Partien mit einer Kadenz von 25 Minuten sowie 10 Sekunden Aufschlag pro Zug.
 2 Partien mit einer Kadenz von 5 Minuten sowie 3 Sek./Zug.
 Weitere (falls notwendig viermal wiederholt) 2 Partien mit der gleichen Kadenz (5’+3″).
 Sudden Death: Weiß mit 5 Minuten gegen 4 Minuten, bei Remis gewinnt Schwarz.

Die beiden Kontrahenten

Der Weltmeister: Für Magnus Carlsen (Norwegen, 27 Jahre, 2.835 Elo-Punkte) ist es bereits die vierte Weltmeisterschaft in Folge. 2013 übernahm er den Titel mit einem klaren 6,5:3,5-Sieg nach nur zehn Partien gegen Viswanathan Anand (Indien), gegen den er 2014 mit einem 6,5:4,5-Erfolg den Titel verteidigte. 2016 musste Carlsen gegen Sergei Karjakin (Russland) nach dem 6:6 in den klassischen Partien ebenfalls bereits in die Verlängerung, in der er mit 3:1 im Schnellschach siegte. Im Januar 2010 wurde der damals 19-Jährige der jüngste Spieler, der jemals die Weltrangliste im Schach angeführt hat. Seit Juli 2011 gab er diese Spitzenposition dann auch nicht mehr ab und stellte im Mai 2014 mit 2.882 Elo-Punkten die höchste jemals erreicht Zahl auf.

Der Herausforderer: Fabiano Caruana (USA, 26 Jahre, 2.832 Elo-Punkte), der Gegner vom amtierenden Weltmeister wurde beim Kandidatenturnier, das im März in Berlin zwischen acht Spielern ausgetragen wurde, ermittelt. Das ist das übliche Prozedere. Caruana setzte sich nach 14 Partien (jeweils zwei Partien gegen jeden Gegner) mit neun Punkten vor dem Weltranglistendritten Shakhriyar Mamedyarov (Aserbaidschan) und Karjakin, den Herausforderer von 2016, durch. Für den US-Amerikaner bedeutet dies den ersten Angriff auf den Weltmeistertitel. Caruana weist die Besonderheit auf, bereits für zwei Nationen gespielt zu haben. Zwischen 2005 und 2015 spielte er für Italien. In den USA geboren, besitzt er durch seine Eltern beide Nationalitäten. 2016 wurde er in Baku Schach-Olympiasieger mit den USA und schrammte in diesem Jahr haarscharf am Titel vorbei.

Der Turnierverlauf

Mit dem Wettlauf um Platz eins in der Weltrangliste, den Carlsen nur um drei Punkte verteidigte, und der Tatsache, dass sich seit 1990 erstmals wieder die beiden Weltranglistenersten gegenüber saßen, wurde die WM mit großer Spannung erwartet.
Mit neun Punkteteilungen zu Beginn wurde ein neuer Rekord der besonderen Art aufgestellt, der zudem noch auf die gesamte Distanz von zwölf Partien ausgebaut wurde. Eine vermeintliche Risikoscheu mag der Grund sein, jedoch waren durchaus Gewinnchancen vorhanden, um es mit den Worten vom russischen Topspieler Peter Svidler zu erklären: „Einige Spiele waren wie ein 0:0, andere aber auch wie ein 3:3.“ Die größte und offensichtliche Chance vergab Carlsen bereits in der Auftaktpartie, bevor Caruana in der sechsten Runde kurzzeitig eine höchst komplizierte Gewinnmöglichkeit hatte.
In den Partien neun, zehn und zwölf lieferten sich die Kontrahenten einen richtigen Schlagabtausch, das Vertrauen in die eigenen Stärken im Schnellschach ließ jedoch das nötige Risiko aus dem Spiel.

Magnus-Mania in Norwegen

Spätestens seit dem Aufstieg zur Weltranglistennummer eins wird Carlsen in seiner sportbegeisterten Heimat gefeiert wie ein Rockstar. Der norwegische Fernsehsender NRK zeigt zudem seit seinem ersten WM-Kampf alle Spiele live und in voller Länge und verbuchte bei der sechsten Runde an einem Freitagabend einen Marktanteil von 75 Prozent.

Die Verletzung

Dass einem das norwegische Fernsehen auch mal in die Quere kommen kann, bekam Carlsen am Ruhetag von der neunten Runde zu spüren. Nach einem Zusammenprall mit einem deren Mitarbeiter glich der Norweger mit einem Cut über dem Auge eher einem Boxer. Der Weltmeister ist aber durchaus ein begnadeter Fußballspieler und durfte 2014 sogar den Anstoß seines Lieblingsvereins Real Madrid gegen Valladolid ausführen.

Spezielle Vorbereitung

Am 8. Oktober nahm Carlsen einen Termin der besonderen Art wahr und spielte eine Partie gegen den Rechtsverteidiger vom Liverpool FC und der englischen Nationalmannschaft, Alexander Trent-Arnold. Im Gegensatz zu seinen Fußballspielen zeigte Trent-Arnold aber große Schwächen in der Defensive und verlor chancenlos nach 17 Zügen.

Das Finale im Livestream

Die Partien können alle unter anderem auf der offiziellen Turnierseite sowie auf der gängigen Chess24.com-Plattform verfolgt werden.

 

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