Rumäniens Regierung droht das Aus

Rumäniens Regierung droht das Aus
Foto: Vadim Ghirda

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Rumäniens Minderheitsregierung droht das Ende. Selbst Abgeordnete der regierenden Sozialdemokraten haben den Misstrauensantrag unterzeichnet, über den das Parlament am heutigen Donnerstag abstimmen soll. Regierungschefin Dancila hofft derweil, sich mit finanziellen Versprechen im Amt zu halten.

Von: Thomas Roser

Zumindest Rumäniens deutschstämmiger Landesvater wittert bereits die politische Zeitenwende. Am Wochenende forderte Präsident Klaus Johannis die oppositionellen, ihm nahestehenden Nationalliberalen (PNL) dazu auf, sich für die Übernahme der Regierungsgeschäfte von den krisengebeutelten Sozialdemokraten (PSD) zu rüsten: „Ich will, dass das Misstrauensvotum angenommen wird – und diese gescheiterte Regierung endlich fällt.“

Macht der Überläufer

Mehrere Misstrauensabstimmungen hat Regierungschefin Viorica Dancila bereits überlebt, doch dieses Mal könnte ihrem angeschlagenen Minderheitskabinett tatsächlich das vorzeitige Ende drohen. Eine Mehrheit von 233 Stimmen hat die PNL nötig, um bei der Abstimmung über den von ihr eingebrachten Misstrauensantrag am heutigen Donnerstag die Regierung der unpopulären Dancila aus dem Amt zu hebeln. 237 Abgeordnete haben den Antrag unterzeichnet, darunter selbst einige PSD-Abgeordnete.

Laut PNL-Chef Ludovic Orban, der Chef einer neuen Übergangsregierung zu werden hofft, kann die Opposition bei der Abstimmung aufgrund weiterer PSD-Dissidenten mittlerweile selbst mit 244 bis 247 Abgeordneten-Stimmen rechnen. Eindringlich warnt er die PSD vor dem Versuch, sich vor dem Misstrauensvotum die Stimmen von Abgeordneten mit Geld oder Job-Zusagen zu erkaufen: „Dies ist eine kriminelle Straftat.“ Die PSD werde „ihren Hut nehmen müssen“, frohlockt bereits der stellvertretende PNL-Chef Rares Bogdan: „Anschließend ist sie Geschichte.“

Die sich eisern an ihr Amt klammernde Regierungschefin wirft derweil die Flinte keineswegs vorzeitig ins Korn. Mit finanziellen Versprechen müht sich Dancila, im Parlament der Überläufer und politischen Wanderdünen wankelmütige Abgeordnete auch in den eigenen Reihen doch noch für eine Stimmabgabe zu ihren Gunsten zu ködern.

Sowohl für 2020 und 2021 hat die PSD in dieser Woche per Facebook neue Gehaltserhöhungen sowie Einkaufsvouchers für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Aussicht gestellt. Gleichzeitig kündigte Finanzminister Eugen Teodorovci umgerechnet 300 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Rathäuser an. Sie erwarte, dass einige Unterzeichner des Misstrauensantrags ihre Meinung noch ändern würden, so Dancila: „Andernfalls werden sie den Bürgermeistern in ihren Wahlkreisen erklären müssen, wo das Geld bleibt.“

Veränderungen am Horizont

Entscheidend dürfte die Stimmen der „Pro-Romania“-Fraktion des früheren PSD-Premiers Viktor Ponta sein, der immer mehr PSD-Überläufer um sich schart. Im Gegensatz zu früheren Misstrauensanträgen scheint der Ex-Premier dieses Mal fest entschlossen, Dancila zu Fall zu bringen.

An der Installierung eines von der PNL geführten Übergangsregierung hat Ponta allerdings keinerlei Interesse. Er setzt nach der anvisierten Entmachtung von Dancila stattdessen auf eine neue Mitte-links-Koalition der Pro-Romania, der PSD und der liberalen ALDE, die ein parteiloser Premier führen sollte: „Am Donnerstag werden wir eine neue Parlamentsmehrheit haben.“