/ Neue Esch-2022-Chefin Braun im Interview: „Spannung bis zum letzten Moment“
„Letztendlich sprechen wir von einem Kulturprojekt“
Tageblatt: Haben Sie sich über die Zusage gewundert?
Nancy Braun: Es hat mich schon gewundert in dem Sinne, als dass ich zwar wusste, dass ich in der Endrunde bin, aber man ist sich ja nie sicher, ob man „de Match gemaach huet“ oder nicht. Es bleibt immer spannend bis zum letzten Moment. Wenn man in diese Phase kommt, dann heißt das ja für sämtliche Betroffene, dass sie eine reelle Chance haben, den Posten zu bekommen, weil sie sich durch die gesamten Prozeduren hindurch gut geschlagen haben. Das bedeutet, dass eine Konkurrenz da war, und da weiß man ja nicht, wer der Beste ist. Ich war dementsprechend schon etwas erstaunt und aber auch sehr glücklich über die Entscheidung.
Wann haben Sie Ihre Kandidatur eingereicht?
Das ist eine Entscheidung, bei der man Bedenkzeit braucht und sich fragt, ob man es wirklich noch einmal angehen möchte, da ich ja weiß, was das Kulturjahr 2007 implizierte. Es war auf jeden Fall kurz vor dem Einsendeschluss im August. Ich war spät dran.
Stellt die Tatsache, dass Sie sich nun an ein Bidbook halten müssen, das von anderen Menschen verfasst wurde, eine Einschränkung für Sie dar?
Ich denke nicht, dass es eine Einschränkung ist, man muss halt jetzt schauen, wie man sich darin wiederfinden kann. Zudem glaube ich nicht, dass man alles eins zu eins übernehmen kann. Es gibt auch viele andere Elemente, die dazukommen werden, also Projekte, die nicht im Bidbook stehen, die aber mit der Notion von „Remix Culture“ übereinstimmen sollen. Es handelt sich im Grunde genommen um ein sehr interessantes Thema, das relativ breit gefächert ist und es ermöglicht, viele Projekte an Land zu ziehen und den sogenannten „Porteurs de projet“ die Möglichkeit gibt, sich im Thema wiederzufinden und etwas für die Kultur machen zu können. Das Ganze muss halt jetzt noch einmal „op de Leescht geholl ginn“, um herauszufinden, was reell machbar ist und was nicht.
Am 20. November müssen Sie in Brüssel erklären, inwiefern die Ausbesserungen zu den 21 erteilten Empfehlungen fortgeschritten sind. Wie gestaltet sich dies für Sie, wo Sie ja erst ab dem 1. November offiziell im Amt sein werden?
Natürlich ist es meine Aufgabe, da Rede und Antwort zu stehen, das wird sicherlich relativ sportlich. Ich denke, dass die Zuständigen dort darüber informiert sind, was hier die vergangenen Monate passiert ist und was der Stand der Dinge ist. Ich werde mich da schnell reinarbeiten müssen, um dafür zu sorgen, dass wir im November auch etwas präsentieren können, das akzeptabel ist. Wohlwissend, dass es einige Monate gab, in denen nicht viel passiert ist außer der Arbeit der Arbeitsgruppe. Man wird der Kommission zu verstehen geben müssen, dass das Projekt einen Moment hatte, der nicht einfach war, jetzt aber alles darangesetzt wird, damit wir dem schnellstmöglich gerecht werden können.
Mit „Arbeitsgruppe“ meinen Sie die sogenannte Ad-hoc-Gruppe oder? Deren Mitglied Sie waren?
Ja. Die Arbeitsgruppe hat nicht konkret an diesen Empfehlungen gearbeitet, diese hat sich zuerst interne Reglementierungen angeschaut, ein Organigramm auf die Beine gestellt und das Budget revidiert. Die Empfehlungen sind nicht eine nach der anderen abgearbeitet worden. In den nächsten Wochen bis Ende November passiert noch sehr viel, sodass man nicht mit einem negativen Resultat nach Brüssel fährt.
Sie waren also schon zuvor mit dem Thema betraut. Wie kommentieren Sie die Tatsache, dass Sie bei etwas mitgearbeitet haben, bei dem dann später Menschen gehen mussten, in deren Position Sie sich nun gewissermaßen befinden?
Ich wurde gebeten, Teil dieser Arbeitsgruppe zu werden, weil zu einem bestimmten Moment ein Verwaltungsrat gesehen hat, dass verschiedene Arbeiten, die vielleicht schon hätten „en place“ sein müssen, es nicht waren. Bestimmte dieser Arbeiten wurden dann von dieser Gruppe in die Hand genommen. Was mit den Vorgängern passiert ist, das ist eine Entscheidung, die vom Verwaltungsrat genommen wurde. Weder ich noch andere haben gesagt, das dies oder jenes durchgezogen werden müsse. Es handelt sich lediglich um eine Gruppe, die verschiedene Themen aufgegriffen hat, bei denen festgestellt wurde, dass Bedarf besteht, daran zu arbeiten. Der Verwaltungsrat hat seine Entscheidungen in seiner Funktion genommen. Bei den Entscheidungen war ich nicht impliziert. Die Arbeitsgruppe war ja eher damit betraut, neben dem Verein dafür zu sorgen, auf administrativer Ebene eine Struktur zu schaffen.
Hatten Sie dadurch, dass Sie zuvor mitbekommen haben, was schiefgelaufen ist, einen Vorteil, da Sie teilweise schon wussten, was man besser machen könnte?
Dadurch dass ich dort mitgewirkt habe, habe ich gesehen, welche Sachen gut funktionieren oder worin Herausforderungen bestehen können. Das ist darin begründet, dass ich da aktiv war und die Arbeitsgruppe Verschiedenes in die Hand nehmen musste. Wenn man jetzt nur vom Administrativen ausgeht, um es irgendwie so hinzubekommen, damit die Asbl. respektive die exekutive Struktur, die ja funktionieren muss, Basissteine gelegt bekommt, damit sie funktionieren kann.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Turbulenzen um Esch 2022 nun abnehmen? Besteht da Ihrerseits eine Hoffnung oder Sicherheit, dass sich dies zum Besseren hinwendet?
Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, dass es was werden kann, hätte ich mich nicht gemeldet. Wir sind uns einig, dass es sich um ein kniffliges Projekt handelt, das sich zu einem bestimmten Moment ein klein wenig verrannt hatte, aber ich denke trotzdem, dass es nicht zu spät ist. Mein Mitwirken beim Kulturjahr 2007 war eins der Hauptargumente, um eine Entscheidung zu treffen, also meine Erfahrung da. Es ist so, also im Vergleich, dass wir damals auch drei Jahre und zwei Monate vor dem eigentlichen Termin loslegten und wir haben es damals fertiggebracht, etwas auf die Beine zu stellen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das hier auch möglich ist. Es ist natürlich schade, dass jetzt etwas Zeit verloren gegangen ist, aber das heißt nicht, dass aus dem Projekt nichts mehr wird. Im Gegenteil, man muss jetzt einfach nach vorne schauen und sich fragen: Warum machen wir das Projekt überhaupt? Es wurde jetzt sehr viel über Personalien gesprochen, und ja, Projekte macht man mit Personen, und es ist auch klar, dass man die richtigen Personen braucht, um es machen zu können, aber letztendlich sprechen wir von einem Kulturprojekt.
Besteht noch Kontakt zu den beiden?
Ich konzentriere mich jetzt erst einmal darauf, das Direktionsteam zusammenzubekommen, damit wir richtig ankommen können mit der Arbeit. Derzeit habe ich weder Kontakt mit Andreas noch mit Janina. Ich bin ihnen tatsächlich seitdem nicht mehr über den Weg gelaufen. Ich kann derzeit nicht sagen, wie es sich entwickeln wird. Wir müssen jetzt nach vorne schauen und es in die Hand nehmen, damit es gelingen kann.
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