Öffentliches Interesse: Wie es als Alibi für Neugier missbraucht wird

Öffentliches Interesse: Wie es als Alibi für Neugier missbraucht wird

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Premier Xavier Bettel hat am Freitag die Spekulationen beendet: Kultur- und Wohnungsbauministerin Sam Tanson wird Minister Félix Braz im Justizministerium auf unbestimmte Zeit vertreten. Seit der schwere Schicksalsschlag von Braz bekannt geworden ist, fehlt es nicht an Wortmeldungen aus allen Richtungen.

Zwischen Solidarität und Sensationsgeilheit

Besonders positiv: Viele Menschen zeigen mit ihren Kommentaren, dass sie Taktgefühl besitzen und zu Empathie fähig sind. Echtes Mitgefühl, aufmunternde Worte und Solidarität sind dabei ihre größten Qualitäten. Leider gilt dies aber nicht für all jene, die besser hätten, zu schweigen: Auf Blogs, halb-öffentlichen Facebook-Gruppen und in Social-Media-Kommentarspalten scheint bei so manchem jedes Mitgefühl verloren gegangen zu sein. Keiner journalistischen Regel standhaltende Spekulationen, Taktlosigkeit und hemmungslose Neugier sind hier die Richtlinien. Besonders ärgerlich: jene Zeitgenossen, die sich bei ihren Wortmeldungen auf das öffentliche Interesse berufen. Denn genau in dieser Frage scheinen sich die Geister zu scheiden: Was ist im Fall der schweren Erkrankung von Félix Braz von öffentlichem Interesse und was lediglich Sensationsgeilheit, ausgetragen auf dem Rücken eines schwer kranken Politikers?

Die Antwort scheint eigentlich klar zu sein und wurde am Freitag vorübergehend gegeben: Die Zukunft des Justizministeriums und die Rolle von Sam Tanson sind während der Übergangsphase von öffentlichem Interesse, da sie direkte Auswirkungen auf die Politik des Landes haben. Ist es jedoch angebracht, nach Bekanntgabe dieser Übergangslösung über den Gesundheitszustand von Braz zu spekulieren? „Ech sinn net Dokter“, sagte Bettel am Freitag. So manche selbsternannten Experten spekulieren jedoch öffentlich (!) um die Wette, wie es dem Minister geht und was zu seinem Herzinfarkt geführt haben könnte. Die Argumentation dahinter kann noch so wohlüberlegt und wohlklingend formuliert sein: Wer lauthals über den Gesundheitszustand von Braz philosophiert, missbraucht das öffentliche Interesse, um die eigene Sensationslust zu befriedigen.

Niederträchtiges Argument

Und besonders das Argument des falschen Mitleids gegenüber Politikern könnte hinsichtlich der schweren Erkrankung kaum niederträchtiger sein. Über politische Vorstellungen und Vorhaben wird und muss viel gestritten werden. Eine gesunde Demokratie lebt von der kritischen Gegenöffentlichkeit, die ihre Kontrollfunktion gegenüber der Politik und ihren Vertretern ausübt. Allerdings scheint das Interesse am Gesundheitszustand von Félix Braz, jenseits der politischen Folgen für die Regierung, für viele nur als Alibi für verstörende Neugierde zu dienen.

Was sie dabei offensichtlich bewusst ignorieren oder vergessen: Auch Politiker und ihre Familien haben während schweren Schicksalsschlägen das Recht auf Achtung der Menschenwürde und Schutz des Privatlebens – öffentliches Interesse hin, öffentliches Interesse her.

Bistrot
11. September 2019 - 15.11

Hm, ass esou een Artikel net och een Alibi? D‘Sam Tanson ass (vun hierem Beruff aus) qualifizéiert fir den Interim ze maachen. ferdeg.

Netty
9. September 2019 - 16.45

Ech haat och en Herzstillstand virun 2 Joer op der hollaendischer Kuest ech haat allerdengs vill Chance sin direkt reanimeiert gin haut geht et mer erem gudd machen all Dach e bessen Sport , war e langen Wee bis sou wie et mer elo geht .Alles Gudds an vill Kraft fir den Felix Braz :)

Jang
8. September 2019 - 8.56

Esou Leit soll een an Rouh loossen, si brauchen laang Zeit vir sech ërem ze erhoulen, mir wor ëtt deemols och nëtt hannen ewéi vir, 5 Bypäss un enger opener Haerzoperation, ech wees ëm waat ëtt hei geet. Alles beschtens vir den Haer BRAZ.

Jemp
8. September 2019 - 4.11

Richtig. In solch einer Situation trennt sich die Spreu vom Weizen!

Laird Glenmore
7. September 2019 - 15.13

Ich will überhaupt keine Information über den Gesundheit Zustand von Felix Braz, Ich hoffe nur das er bald wieder gesund wird und normal weiterleben kann, als jemand der selber mal in so einer Situation war ( 4 Bypässe und 4 Stents ) weiß wie es ist und kann manche Menschen nicht verstehen die Betroffenheit heucheln und dabei nur neugierig sind wie die Gaffer bei Unfällen auf den Straßen. Wenn man plötzlich wieder da ist kommen Sprüche wie " a du lebst noch, ich dachte du wärst schon in der Ewigkeit ", solche Menschen kann ich nur verachten. Wie gesagt alles Gute für Felix und Bonne Chance auch für die Familie.

GuyT
7. September 2019 - 14.07

Blogs, halb-öffentliche Facebook-Gruppen und die Social-Media-Kommentarspalten sollte man sowieso meiden! Im "richtigen" Leben hört man nur Leute, die betroffen sind und der Familie Braz die Daumen halten, dass Félix Braz wieder gesund wird und vielleicht sogar ein Comeback in der Politik schafft.

de Schmatt
7. September 2019 - 13.59

Da ist eine Menge Sensationsgier und Voyeurismus mit im Spiel ! Und… Pharisäertum.