Nur ein Minimalkonsens: EU-Außenminister verurteilen in Luxemburg die türkische Offensive

Nur ein Minimalkonsens: EU-Außenminister verurteilen in Luxemburg die türkische Offensive
Außenminister Jean Asselborn im Gespräch mit dem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian. Foto: MAEE

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Die Reaktion der EU-Außenminister bei ihrer Ratstagung in Luxemburg auf das militärische Vorgehen der Türkei in Nordsyrien fiel am Montag (14.10.) relativ bescheiden aus. Dass sich die 28 mit einem Minimalkonsens gerade noch auf eine gemeinsame Erklärung einigen konnten, zeigt, warum die EU international kein Gewicht hat.

Als sie am Morgen im Ratsgebäude angekommen sei, habe sie „nicht erwartet, dass wir Schlussfolgerungen zu den zwei Tagesordnungspunkten haben werden“, äußerte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Bezug auf die gemeinsame Erklärung der EU-Außenminister zur türkischen Militäroffensive in der Türkei. Allerdings sei es nicht so einfach gewesen, das Vorgehen Ankaras in Nordsyrien zu „verurteilen“, wie Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nach der Sitzung erklärte. Dieses Mal hing es nicht an Ungarn, das noch vor einer Woche eine gemeinsame Warnung an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen der bevorstehenden Militäroperation verhinderte. Die Briten hatten am Montag lange Bedenken, das türkische Vorgehen zu verurteilen.

Deutschland und Frankreich wollen weniger Waffen liefern

Es sei das Mindeste gewesen, was sie tun konnten hinsichtlich der militärischen Aktionen in Nordsyrien, „die meiner Meinung nach eine Invasion der Türkei ist“, so der luxemburgische Diplomatiechef. Eine Aussage, mit der Jean Asselborn den Ärger Ankaras auf sich ziehen wird. Denn in der Türkei muss jeder mit Verfolgung durch die Justiz rechnen, der behauptet, bei dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien handele es sich um eine Invasion.

Türkei verurteilt die Beschlüsse

Ankara hat die Beschlüsse der EU Staaten bezüglich der Erdgas-Erkundungen vor Zypern und der türkischen Militäroperation in Nordsyrien scharf verurteilt. Die Türkei weise alle in dem Zusammenhang gemachten Entscheidungen und Appelle „in ihrer Gesamtheit zurück und verurteile sie“, hieß es in einer am Montagabend veröffentlichten Erklärung des türkischen Außenministeriums. Man müsse die Zusammenarbeit mit der EU in einigen Bereichen „ernsthaft“ überdenken.
(dpa)

Daneben einigten sich die EU-Außenminister noch darauf, dass kein EU-Land mehr Waffen an die Türkei liefert. Was wie ein Waffenembargo klingt, ist allerdings keines. Wie Jean Asselborn erklärte, handele es sich hier lediglich um ein „politisches Engagement“. Das daher rechtlich keinen Wert hat. Vor allem Deutschland und Frankreich hatten angekündigt, sie würden ihre Waffenlieferungen an die Türkei einschränken. Dies könnten allerdings laufende Lieferverträge ausschließen.

Mehr hatten die EU-Staaten am Montag dem militärischen Vorgehen Ankaras in Nordsyrien nicht entgegenzusetzen, auch wenn im Vorfeld der Ratstagung der EU-Außenminister bereits die Einführung von Sanktionen gegen Ankara erwähnt wurde. Davon sind die Europäer aber offensichtlich noch weit entfernt.

Asselborn: „Erdogan wird nicht auf uns hören“

Anders als die USA. Obwohl Erdogan nicht ohne Zutun und explizite Unterstützung des US-Präsidenten seine Einmarschpläne umsetzen konnte – wozu Donald Trump den Abzug der US-Truppen aus der Region anordnete –, wird im US-Senat seit vergangener Woche die Einführung von Sanktionen gegen die Türkei diskutiert. Was insofern bemerkenswert ist, als im Senat Trumps Republikaner den Ton angeben. Diese haben erkannt, in welche Situation ihr Präsident und sein türkisches Pendant Nordsyrien im Begriff sind zu stürzen. Denn nicht nur wurden mit den kurdischen Kämpfern der YPG die wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) verraten. Mittlerweile sind auch „mit gewisser Sicherheit bereits IS-Kämpfer frei“, die vorher von den Kurden in eigenen Lagern festgehalten wurden, wie Jean Asselborn am Montag erklärte.

Aus Sicht der Europäer droht damit nicht nur der ganzen Region wieder neue Gefahr. Auch die Sicherheit Europas stehe auf dem Spiel, sagte der luxemburgische Außenminister. Denn im Aufmarschgebiet der türkischen Truppen, die entlang der türkisch-syrischen Grenze einen 30 Kilometer breiten „Sicherheitskorridor“ für die Türkei installieren sollen, unterhalten die Kurden Lager, in denen sie zehntausende IS-Kämpfer und deren Familien festhalten. In diesen Lagern sollen unter anderem hunderte sogenannte „ausländische Kämpfer“ aus EU-Staaten untergebracht sein, die sich entweder wieder dem Islamischen Staat in der Region anschließen oder sich in ihre Heimatstaaten durchschlagen könnten.

Frankreich hält ein Auge auf Steve Duarte

In diesem Zusammenhang habe ihm sein französischer Amtskollege Jean-Yves Le Drian versprochen, dass die französischen Behörden auch ein Auge auf den Fall des aus Luxemburg stammenden Steve Duarte haben werden, sagte Jean Asselborn am Montag. Der portugiesische Staatsbürger aus Meispelt hatte sich 2014 den Dschihadisten des sogenannten Islamischen Staats angeschlossen und befindet sich derzeit in einem Lager für IS-Kämpfer in Syrien.

Da die türkische Offensive somit erhebliche Auswirkungen auf den Kampf gegen den IS in der Region hat, forderten die EU-Außenminister am Montag in ihrer Erklärung, dass ein Ministertreffen der Internationalen Koalition gegen den Islamischen Staat einberufen wird. Diese Koalition, der neben den USA und den EU-Staaten mehrere andere Länder vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten angehören, wurde einst vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama ins Leben gerufen. Nun aber seien „ohne Konsultationen Entscheidungen getroffen“ worden, die alle betreffen würden, die sich an der Koalition beteiligt hätten. Da bestehe demnach Diskussions- und Klärungsbedarf. Ob all dies den türkischen Präsidenten beeindrucken wird, davon ist nicht auszugehen. „Ich glaube nicht, dass Erdogan auf uns hören wird“, meinte Jean Asselborn.

Jangeli
15. Oktober 2019 - 8.38

Alles wird verurteilt was dort geschieht, aber immer noch werden Waffen dort hin verkauft, was für eine dreckige Politik,EU ist auch mit schuldig und diese Aussenminister sollen nicht so scheinheilig und schuldlos auftreten. Pfui das ganze.