„Noch immer nicht transparent“: Serge Schaul bilanziert das erste Jahr an der Spitze des FLAM

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Viele Köche verderben den Brei, das ist auch beim Kampfsportverband FLAM („Fédération luxembourgeoise des arts martiaux“) nicht anders. Bei 19 Disziplinen und ihren unterschiedlichen Interessen ist es schwer, allen gerecht zu werden. Das erste Amtsjahr von Präsident Serge Schaul prägten vor allem die Streitigkeiten innerhalb des Karate.

Tageblatt: Zwölf Monate sind es nun her, dass man Sie zum FLAM-Präsidenten ernannt hat. Wie ist es Ihnen ergangen?
Serge Schaul: Es war ein bewegtes Jahr, das kann ich nicht bestreiten. Ich habe rund 500 Stunden für den Verband gearbeitet und bin 5.000 Kilometer gereist. Ich bin in die Situation hineingewachsen. Es war nie mein Ziel, Präsident der FLAM zu werden. Ich habe in den letzten Monaten viele Menschen kennengelernt. Es macht Spaß, wenn man sieht, dass man etwas bewegen kann und die Menschen, die sich am Fuß dieser Pyramide befinden, davon profitieren. Man hat mir oft gesagt, dass ich nicht das typische Bild eines Präsidenten abgebe, im positiven Sinne. Die Athleten kennen mich nicht von einem Foto in der Zeitung, sondern vom direkten Gespräch. Erst letzte Woche habe ich am Judo-Nationaltraining teilgenommen. Das ist der Weg, den man gehen sollte, damit sich junge Menschen mit dem Verband identifizieren können. Das liegt mir einfach am Herzen, nah am Kampfsport und aktiv zu sein – und nicht nur administrativ. Ich war ein- bis zweimal in unserem Sekretariat, da die Zusammenarbeit mit dem Generalsekretär (René Schilt, Mitglied des Karate-Vorstands, Anm. der Red.) nicht optimal gelaufen ist.

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Sie sprechen die Probleme mit den Verantwortlichen des Karate an. 14 von 21 Vereinen verlangen Neuwahlen des internen Karate-Vorstands. Warum hat sich jetzt auch das „Comité directeur“ der FLAM für diesen Weg entschieden?
Es ärgert mich, dass seit acht Monaten verschiedene Menschen an ihren Funktionen festhalten. Ich sehe das so: Wenn eine Mehrheit mich nicht mehr haben will, dann gehe ich. Man muss sich vorstellen: Diese Leute werfen mir vor, ich würde mir das Leben vereinfachen, indem ich Neuwahlen anordne. Wir haben als „Comité directeur“ in unserer letzten Sitzung das Reglement geändert, sodass nur sechs Stimmen pro Verein abgegeben werden. Das geschah nach einer Absprache mit dem COSL.

Wann werden die Neuwahlen des Karate-Vorstands durchgezogen?
Es kann, muss aber nicht vor der Generalversammlung der FLAM am 2. April sein. Das hängt auch von den Gesprächen mit unseren Anwälten ab. Es stehen noch ein paar Fragen offen, beispielsweise ob der Generalsekretär nach seiner rezenten Demission noch Mitglied im „Comité directeur“ bleiben darf. Das werde ich in den nächsten Tagen alles klären.

Hätten Sie die verfahrene Lage verhindern können?
Ich denke, dass die aktuelle Situation nicht zu vermeiden war. Ich war in unzähligen Versammlungen und wollte neutral sein. Manchmal habe ich auch Partei ergriffen. Was mich stört, und das habe ich auch beim COSL erklärt, ist, dass man als FLAM-Präsident immer von einer Seite gesteinigt wird. Es wird im Karate immer eine unzufriedene Partei geben.

Gepolstert

Am 2. April findet die Generalversammlung der FLAM statt. Aufgrund der angespannten Lage steht das Zusammenkommen sämtlicher Vereine wieder unter großer Beobachtung. Damit es nicht wie im Wilden Westen zugeht, müssen alle Fragen bereits (wie üblich) eine Woche zuvor eingereicht worden sein.
Für das aktuelle „Comité directeur“ zumindest ein kleines Sicherheitspolster …

Zudem bin ich ja nicht derjenige, der die Karate-Regeln aufstellt. Nur schiebt man mir ständig den Schwarzen Peter zu. Das ist ohnehin ein Problem, das die FLAM anpacken muss. Man sollte sich überlegen, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, das in Zukunft anders zu regeln … Wir haben drei olympische und noch rund 20 kleine Sportarten unter einem Dach – irgendwo gibt es immer ein Problem, und dieses badet der Präsident aus. Man verliert viel Energie, die man besser investieren könnte. Meine Amtszeit begann ja eigentlich nur, weil es Probleme im Karate gab. Die Leute, die meinen Vorgänger Fred Bertinelli abgesägt haben, verstanden sich zunächst hervorragend und gehen sich jetzt an die Gurgel. Das ärgert mich. Sie haben ihm mangelnde Demokratie vorgeworfen und handhaben es allerdings jetzt genauso. Ich habe mehr Transparenz vonseiten des Karate verlangt, doch habe nie ausreichend Informationen bekommen. Man hat sogar einmal vergessen, mir eine Pressemitteilung weiterzuleiten, bevor sie an die Presse ging.

Gerüchten zufolge war der Karate-Nationaltrainer im vergangenen Herbst in eine Schlägerei verwickelt. Was haben Sie unternommen?
Ganz einfach … Herr Schilt hat eine Mahnung ausgestellt, von der weder ich noch der Karate-Präsident Jean-Claude Roob etwas wussten. Seinerseits war das Thema damit abgeschlossen. So funktioniert das im Karate: Jeder handelt auf eigene Faust, niemand weiß, was der andere tut …

Sie haben erwähnt, dass Sie sich mit den Verantwortlichen des COSL zusammengesetzt haben. Warum gab es dieses Treffen?
Zum Teil geschah das auf Nachfrage ihrerseits, ich habe allerdings auch den Kontakt gesucht. Sie haben die Informationen ja alle nur aus der Zeitung erhalten. Wir als Verband sind abhängig vom COSL. Ich wurde dort sehr gut empfangen und beraten. Sie ergreifen keine Partei, haben allerdings ihren juristischen Beistand versichert. Das Sportministerium hat mich ebenfalls kontaktiert, beispielsweise nach den Nicht-Nominierungen für die Weltmeisterschaft. Du stehst als Präsident in solchen Situation sehr unglücklich da. Die Entscheidungen des Karate waren politisch gesehen nicht sehr schlau.

Inwiefern?
Ich habe immer behauptet, ich würde nie Politik machen wollen. Ich habe allerdings auch gelernt, dass man ohne Politik keinen Verband führen kann. Ob beim Ministerium, beim COSL oder in der Coque, du musst dich in den Vordergrund drängen.

Hat der Karate noch finanzielle Probleme?
Man hat mir zumindest versichert, es gäbe keine Probleme mehr. Ich habe ihnen Hilfe angeboten, da wir als Verband Reserven zur Verfügung haben.

Als Grund für die Nicht-Nominierungen wurden sportliche Gründe genannt. Nachvollziehbar oder nicht?
Man hat den Athleten daraufhin einen Deal angeboten und ihnen die Teilnahme an der EM in Dänemark vorgeschlagen. Dort hat niemand ein Resultat erzielt. Wie will man denn jemanden motivieren, der bereits im November weiß, dass er im Februar für eine Europameisterschaft qualifiziert ist? Eine Entscheidung, die ich wie viele andere nicht nachvollziehen kann.

Und was sagen die Athleten?
Sie versuchen, diese Situation auszublenden. Größtenteils hängen sie sehr am Nationaltrainer, auch wenn er manchmal unbeholfen auftritt. Sie hatten Angst, dass man ihn feuern würde. Es fällt ihnen nicht immer leicht, sich auf den Sport zu konzentrieren.

Zurück zu Ihrem eigentlichen Plan, den Sie über die letzten zwölf Monate verfolgt haben. Ihr erklärtes Ziel war es, den Breitensport zu fördern und die Visibilität des Verbandes zu vergrößern. Was haben Sie dafür unternommen?
Erst vor Kurzem haben wir in einem Einkaufszentrum alle unsere Sportarten während einer Woche präsentiert. Es waren in diesem Jahr mehr Zuschauer vor Ort als bei den Ausgaben zuvor. Das Interesse an den Workshops war groß. Das nächste Großprojekt ist eine „Nuit des arts martiaux“, die in Düdelingen stattfinden könnte. Es soll ein Abend von rund drei Stunden werden, an dem sich die einzelnen Disziplinen vorstellen können.

Wie hat sich das auf die Anzahl der Lizenzen ausgewirkt?
Die Tendenz geht noch immer nach oben, aber nicht extrem. Man darf sich keine Wunder erwarten. Leider habe ich bekanntlich viel Energie wegen anderer Probleme verloren.