„Nelsonshaff“ in Colmar-Berg: Das Schicksal eines Bauernhofes

„Nelsonshaff“ in Colmar-Berg: Das Schicksal eines Bauernhofes

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Im 18. Jahrhundert war Colmar-Berg noch ein Bauerndorf mit unzähligen Weilern und Gehöften. Im Kern der Ortschaft lag gegenüber dem Colmarer Hof der Conzemius-Hof, später im Volksmund „Nelsonshaff“ genannt. Die Geschichte dieses Hofes weist viele Höhen und Tiefen auf. Heute sind in einem Teil dieser Mauern ein betreutes Wohnheim und drei „Häuser im Haus“ eingerichtet.

Der älteste Hof in der Ortschaft Colmar-Berg war und ist der Lellerhof (am Ausgang der Ortschaft in Richtung Bissen), der bereits im 15. Jahrhundert bestanden haben muss. Mit dem Brosiushof, dem Carlshof (über die wir in dieser Serie ebenfalls noch berichten werden), dem Welsdorfer Hof, dem Colmarer Hof und dem gegenüber liegenden Conzemius-Hof, der später den Namen „Nelsonshaff“ bekam, sowie dem Hobes-Hof, dem Michelshof, dem Schmiedenhof und dem Katzenhof hatte die Ortschaft einst zahlreiche große landwirtschaftliche Anwesen.

Doch zurück zum Conzemius-Hof: Das Gehöft, das mitten im Kern der Ortschaft liegt, trug den Namen „Nelsonhaff“, nachdem Frau Conzemius nach dem Ersten Weltkrieg einen amerikanischen General namens Nelson kennengelernt und später geheiratet hatte. Das eigentliche Wohnhaus war Zeuge einer Zeit, in der die Landwirtschaft in Luxemburg noch blühte. Mit seinem großen Eingangsbereich, seiner massiven doppelten Treppe und seinem verzierten Vordach gab das Haupthaus ein sehr herrschaftliches Bild ab.

Mit den Jahren wurde das Gehöft immer größer: So wurde entlang der Straße, die zum großherzoglichen Schloss führt, ein zweites Wohnhaus angebaut, dazu kamen Stallungen, Scheunen und ein großer Innenhof. Die siebenköpfige Familie Lanckohr (eine Familie, die auch heute noch immer in Colmar-Berg wohnt) lebte zuerst im Hauptwohnhaus zusammen mit der Inhaberin, zog nach der Fertigstellung aber in das zweite Wohnhaus um und arbeitete als Gutsverwalter.

Weniger schöne Jahre

1986 ging zum ersten Mal die Rede davon, dass das Gehöft an sich sowie die angrenzenden Wiesen und Felder zum Verkauf stehen würden. Das gesamte Areal hätte sich hervorragend für ein kulturelles Projekt der Gemeinde geeignet. Was genau passierte, wissen wohl nur einige Eingeweihte: Während im Sitzungsaal der Gemeinde noch ziemlich kontrovers um den „Nelsonshaff“ diskutiert und polemisiert wurde, und der damalige Bürgermeister Ernest Thill vom Gemeinderat den Auftrag bekommen hatte, schleunigst Verhandlungen mit den Eigentümern aufzunehmen, kaufte ein Privatmann das gesamte Areal auf.

Der neue Eigentümer reichte zwei Jahre später einen Bebauungsplan für fünf Einfamilienhäuser auf den Wiesen neben dem leerstehenden Gehöft ein, den Hof selbst veräußerte er an die Firma Rollinger. Dann ging es Schlag auf Schlag: Ein Teil der Gebäude wurde abgerissen, ein anderer Teil an einen Holzhändler vermietet, in den beiden einstigen Wohnhäusern wurden kleine Ein-Zimmer-Wohnungen eingerichtet, die vermietet wurden. Von adäquatem Unterhalt konnte keine Rede mehr sein.

Ein erstes Projekt

Dies sorgte für den langsamen, aber sicheren Verfall des einst so herrschaftlichen Gebäudes. Als der Komplex so dahinvegetierte, kaufte der „Fonds du logement“ mit Hilfe der Gemeinde Colmar-Berg die übrig gebliebenen Gemäuer auf. In dem leerstehenden Gebäude tummelten sich des Öfteren ungebetene Gäste und eines Nachts sorgte wohl ein im Haus entzündetes „Lagerfeuer“ dafür, dass ein Flügel des Hofes den Flammen zum Opfer fiel. Daraufhin wurden die Fenster und Türen der anderen Bauten zugemauert.

Der „Fonds du logement“ hatte 2005 ein Projekt zum Umbau des „Nelsonshaff“ vorgelegt, das aber nie in die Realität umgesetzt wurde. Zuletzt hörte man 2006 etwas davon, als dem Gemeinderat ein Antrag des „Fonds du logement“ vorlag, um ein der Gemeinde gehörendes Areal gegenüber dem Gehöft mit in das Initialprojekt einbeziehen zu können. Das Renovierungsprojekt des früheren Hauses Nelson sah sechs Wohneinheiten und ein Restaurant vor. Dazu sollte ein Neubau mit 12 Mietwohnungen gebaut werden. Auf dem oben erwähnten Grundstück wollte der Fonds eine Immobilie mit weiteren 17 Mietwohnungen und insgesamt acht Reihenhäuser errichten. Der Antrag wurde damals mit sechs gegen drei Stimmen zurückgewiesen.

Trostloses Dasein

Ab dann war es still um den „Nelsonshaff“, der ein trostloses Dasein fristete und mit den Jahren zu einem wahren Schandfleck wurde. An der Zufahrtsstraße zum großherzoglichen Schloss gelegen, waren die Bauten wahrlich keine Augenweide. Zu einem gewissen Zeitpunkt wurde der „Fonds du logement“ sogar dazu angehalten, die Fassade des Gehöfts mit einer bemalten Plane abzudecken, um das Elend zu verstecken.

Nach rund zehn Jahren des Wartens passierte 2015/2016 endlich etwas mit dem Nelsonhof. Die erste Bauphase (der Plan stammt aus der Feder des Architektenbüros Jonas & associés aus Ettelbrück) sah die Renovierung des Hauptgebäudes vor (hier hat die Arcus asbl. Mitte dieses Jahres ein betreutes Wohnheim für Jugendliche eingerichtet), im Innern des Nebengebäudes, dessen initiale Haupt- und Nebenfassaden ebenfalls wie das Wohnhaus erhalten wurden, entstanden drei „Häuser im Haus“ mit einer jeweiligen Wohnfläche von etwa 115 Quadratmetern. Eine zweite Bauphase, die für die kommenden Jahre geplant ist, sieht das Errichten von sechs Einfamilienhäusern hinter dem Haupthaus vor. Diese sollen später verkauft werden. Somit könnte wenigstens in seiner Bauform das frühere landwirtschaftliche Anwesen wieder hergestellt sein.

Esther Nelson
23. Dezember 2019 - 15.59

Als Enkelin der letzten Conzemius Eigentümerin Leonie C. Nelson erinnere ich mich gerne an die Besuche auf dem schönen Familienhof in Colmar Berg. Meine Großmutter war stolz auf den Ort, ihre Herkunft und ihre Familie unter denen sich auch mehrere Bürgermeister des Ortes befanden. Nach dem Tode Ihres Mannes, Leroy Nelson, gab sie ihr Leben und aktiven Freundeskreis in Chicago, Illinois, USA, auf um den Familienhof zu erhalten. Leonie liegt zusammen mit ihren Conzemiusvorfahren in Colmar-Berg begraben. Leider konnten Leonie’s Nachfahren diese Tradition nicht weiterführen. Aber noch heute begleiten uns Bilder und Memorabilia des Familienhofes und Colmar-Berg in unserem Zuhause. Momentan bin ich zusammen mit meinen erwachsenen Kindern gerade dabei Luxembourg als unseren europäischen Standpunkt zu wählen. Um so trauriger ist es das Schicksal des Conzemiushofes zu erfahren da er nicht nur Familienbezug hatte sondern, wie soviele andere alten Höfe, ein Teil des geschichtlichen Fundaments und der „Seele“ des Ortes war. Ich hoffe, dass die neuen Bestrebungen zur Erhaltung des Conzemiushofes erfolgreich sein werden, in der freue mich auf einen baldigen Besuch. Esther Nelson, Boston, USA

roger wohlfart
2. August 2018 - 17.35

Was lange währt, wird endlich wahr. In Colmar-Berg dauert es erfahrungsgemäss immer etwas länger.