Mein Büro, dein Büro, unser Büro: Die Firma Regus will das Arbeiten in Luxemburg verändern

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Der Standort Luxemburg ist attraktiv. Monat für Monat zieht er neue Firmen und Mitarbeiter an. Das Resultat: Die Wirtschaft wächst, aber die Menschen verbringen viel Zeit im Stau. Der Business-Center-Betreiber Regus sieht sich als Teil der Lösung.

„Büros leiden unter einer strukturellen Unternutzung. 50 Prozent der Arbeitsplätze stehen im Schnitt beständig leer. Die Menschen verbringen ihre Zeit auf der Straße“, unterstreicht William Willems, Zuständiger für Belgien und Luxemburg bei Regus. „Das ist schlecht für die Umwelt und teuer für die Unternehmen.“ Immerhin verursache ein Arbeitsplatz im Schnitt Kosten von 10.000 bis 12.000 Euro pro Jahr (Miete, Unterhalt, Heizen und Versicherungen). Als Teil der Lösung sieht William Willems flexible Arbeitsplätze. Das ist in „voller Expansion“, schwärmt er. Luxemburg hinke noch hinterher. „Weltweit legt die Zahl der flexiblen Büros zu. In Belgien ist man bereits bei 2,7 Prozent, in den Niederlanden bei 4 … und in Großbritannien bei 5 Prozent.“

Hierzulande seien bisher lediglich um die 1,5 bis 1,8 Prozent des nationalen Büromarktes flexible Arbeitsplätze. Das sind immerhin 70.000 m2 in Business Center, betrieben von „fiduciaires“, Firmeninkubatoren und anderen Akteuren. Doch es handle sich nicht um eine Modeerscheinung. Es gehe um ein wirkliches Bedürfnis, ist Willems überzeugt. Der Markt werde sich weiter öffnen. Laut Schätzungen der Immobilienexperten von JLL wird mit einem Marktanteil von rund 30 Prozent im Jahr 2035 gerechnet, sagt der Belgier.

Regus ist eine Marke des an der Londoner Börse notierten Konzerns IWG (International Workplace Group). Unter mehreren Markennamen betreibt IWG Business Center an mehr als 3.500 Standorten in 120 Ländern. Damit erwirtschaftet das Unternehmen einen Jahresumsatz von fast drei Milliarden Euro und beschäftigt etwa 10.000 Mitarbeiter. IWG bietet 2,5 Millionen Büroangestellten Platz zum Arbeiten. Büros, Büroflächen und Konferenzräume können flexibel, beispielsweise pro Stunde, Monat oder Jahr, gemietet werden. Selbst ein Abo, das für rund 100 Euro im Monat weltweit Zugang zu den gemeinschaftlichen Räumlichkeiten bietet, ist im Angebot.

Platz für 2,5 Millionen Büroangestellte

In Luxemburg ist die 1989 in Brüssel gegründete Gruppe bereits seit 1995 aktiv. Heute betreibt sie hierzulande zehn Business Center mit einer gesamten Bürofläche von 12.000 m2. Als William Willems vor sieben Jahren bei Regus als Zuständiger für Belgien und Luxemburg begann, hatte die Gruppe hierzulande zwei Zentren, eines am Boulevard royal und eines auf Kirchberg. Hinzu gekommen sind beispielsweise Standorte am Findel, im Bahnhofsviertel in Luxemburg-Stadt, weitere auf Kirchberg sowie in Livingen und Bartringen, jeweils nahe an der Autobahn.

Potenzielle Kunden versucht er vom Angebot seines Unternehmens zu überzeugen und gibt dabei viele Argumente an: Da geht es um Fachkräftemangel und die junge Generation, die einen flexiblen Arbeitsrhythmus, Heimarbeit, Arbeit nahe beim Wohnort – kurzum eine neue Work-Life-Balance – will. Es geht um die Umwelt. Um Kosten. Um Technologie, die alles möglich macht. Um wirtschaftliche Unsicherheiten, die mit einer flexiblen Planung abgefedert werden können, um den Unternehmen zu ermöglichen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, und das über einfache Zugangswege zu neuen Märkten. So hatten beispielsweise Skype und Amazon „ihre erste Luxemburger Adresse bei uns … und sitzen heute in ihren eigenen Räumlichkeiten“, erzählt Willems.

Neben diesen eher wirtschaftlichen Argumenten spielt aber auch das tägliche Verkehrschaos eine bedeutende Rolle bei der Vermarktung. So konnte man Ende letzten Jahres gleich dem ersten Abschnitt der Pressemitteilung zur Eröffnung von Regus in Bartringen Folgendes entnehmen: „Diese flexiblen Arbeitsplätze sind ideal für (…) alle, die die langen Schlangen bis nach Luxemburg-Stadt leid sind.“

Etwas weiter im Text stand in einem fett gedruckten Zwischentitel: „Eine Lösung für Menschen, die weniger Zeit im Stau verbringen wollen.“ Auch der Kunde, der in der Pressemitteilung zitiert wird, gibt dort an: „Wenn wir ins Zentrum von Luxemburg-Stadt fahren müssten, würden wir leicht eine zusätzliche Stunde pro Tag im Verkehr verbringen.“
Der Weg zur Arbeit werde immer schwieriger. „Egal ob Luxemburg oder Brüssel“, meint Willems. „Es ist schrecklich.“ Doch er habe eine Alternative anzubieten. Diese sei kostengünstiger – und raube den Mitarbeitern weniger Nerven bei der Anreise. „Also steigt die Produktivität“, schlussfolgert Willems. Rund 500 Firmen gehören zu den Kunden von Regus in Luxemburg. Und jede Firma zähle zwei bis drei Jobs im Großherzogtum.

Potenzial von 20 bis 30 Zentren in Luxemburg

Eine Sammelstelle für Briefkastenfirmen (Unternehmen ohne Substanz) will Regus nicht sein. Die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde CSSF sei sehr streng. Regus überprüfe deshalb jede Firma, ob sie in Ordnung sei, versichert Willems. Speziell zu diesem Zweck wurde ein Compliance Officer eingestellt. Kunden seien auch schon abgelehnt worden. Man wolle keine unnötigen Risiken eingehen. In Belgien seien die Regeln, was virtuelle Büros angeht, übrigens deutlich flexibler als in Luxemburg. Die Zahl der Mitarbeiter von Regus in Luxemburg ist jedoch überschaubar. Die Firma lebt die Idee der Flexibilität. Arbeiten wie der Unterhalt der Räumlichkeiten werden an andere Unternehmen ausgelagert. Und auch die Gebäude, in denen die Business Center beherbergt sind, hat Regus nur gemietet.

Die bestehenden zehn Zentren werden von 16 Mitarbeitern verwaltet. Insgesamt zählt die Gruppe trotzdem noch 20 zusätzliche Mitarbeiter in Luxemburg. Die arbeiten im Sitz des Konzerns, der seit 2008 in Luxemburg beheimatet ist. In Zukunft will das Unternehmen noch weiter wachsen: In Belgien plant es, in jeder Stadt mit mehr als 20.000 Einwohnern präsent sein. Das wären rund 150 Business Center. In Luxemburg sieht Willems ein Potenzial von 20 bis 30 Zentren. Es sei ein sehr dynamischer Markt.

Zusätzliche 11.000 m2 hierzulande sind derzeit in Planung. Man wolle alle Grenzen und Transport-Hubs abdecken, erklärt Willems. Es gebe zu viele Pendler. Auch in Esch-Belval und Differdingen sollen künftig neue Business Center entstehen, aber auch nahe dem Bahnhof, auf Kirchberg und Cloche d’Or wird ausgebaut. William Willems vergleicht die Entwicklung bei den Büros mit der erwarteten Entwicklung bei Privatautos. Auch dort wird angenommen, dass in Zukunft kaum noch jemand sein eigenes Auto besitzen wird. „Und genauso wird sich auch der Arbeitsplatz entwickeln.“ Das Unternehmen macht sich derzeit außerdem Gedanken über Co-Living-Angebote im Wohnbereich.

Lesen Sie auch den Kommentar zu dem Thema.

CESHA
19. April 2019 - 15.45

So lange der Arbeitnehmer noch durchschnittlich 8 Stunden pro Tag arbeiten muss, sollte das Büro schon ein "2. Zuhause" sein, das man ein bisschen persönlich gestalten kann und nicht ein "Arbeits-Platz", den man mit anderen teilen muss. Schon die heute so hochgelobten Gemeinschaftsbüros, welche keinerlei Privatsphäre mehr zulassen, sind eine Zumutung und so langsam kommen ja auch Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass es der Konzentration nicht unbedingt förderlich ist, wenn man die Telefonate anderer Mitarbeiter mit anhören muss.