Luxemburger Forscher testen neue Technik zur Überprüfung von Brücken

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Der Schritt aus dem Labor in die „richtige“ Welt mit ihren fast unvorhersehbaren Bedingungen und unzähligen Störfaktoren ist für Wissenschaftler immer ein wagemutiges Unterfangen. Noch abenteuerlicher wird es, wenn für das Experiment eine Drohne, sechs Lkws und eine ganze Brücke benötigt werden. Dolgion Erdenebat und Dr. Danièle Waldmann erklären, wie unter anderem Fotogrammetrie und Laserscans die Sicherheitskontrollen von Brücken in Zukunft einfacher, schneller und präziser gestalten können.

Von Misch Pautsch

Luxemburgs Brücken werden regelmäßig ordentlichem Prüfungsstress ausgesetzt. Unter anderem jährliche visuelle Kontrollen, genauere Untersuchungen alle drei Jahre und Spezialkontrollen nach potenziell gefährlichen Ereignissen wie Überschwemmungen müssen sie über sich ergehen lassen. Die hohen Sicherheitsstandards bedeuten – neben zuverlässigen Brücken – momentan noch aufwendige, langwierige Tests. Sperrungen von einer Woche sind keine Ausnahme, wenn einer Brücke ausgiebig auf den Zahn gefühlt wird. „Die Methode, an der wir arbeiten, kann nicht nur dazu beitragen, diese Zeit erheblich zu reduzieren, sondern auch potenzielle Probleme früher und präziser zu erkennen“, erklärt Danièle Waldmann vom „Institute for Civil Engineering and Environment“ (Inceen) der Universität Luxemburg. „Wir sind dabei, einen Algorithmus zu entwickeln, der Schäden, auch interne, bereits früh erkennen lässt. Gemessen wird dazu die Verformung der Brücke unter schwerer Last, wie in diesem Fall 30 Tonnen schwere Lkws. Wir sind so in der Lage, potenzielle Probleme zu erkennen, bevor diese von außen erkennbar sind.“

Die grundlegende Idee: Markierungen, die im Vorfeld an der Brücke angebracht wurden, werden mit einer Kamera möglichst genau erfasst. Diese Messungen werden, nachdem die Lkws auf der Brücke geparkt wurden, ein erstes und, nachdem diese die Brücke wieder verlassen haben, ein zweites Mal wiederholt. „Interessant ist, wie stark die Markierungen durch das Gewicht bewegt wurden. Diese Messungen müssen sehr präzise sein.“

Perfekte Bedingungen

Bisher wurden diese Verformungen mechanisch erfasst, also zum Beispiel durch unter der Brücke angebrachte und kalibrierte Gewichte. Aber auch hier ist die Digitalisierung nicht aufzuhalten. Um die Markierungen so präzise wie möglich zu erfassen, kommt modernste Technologie zum Einsatz: Eine Mittelformatkamera, die unter einer Drohne befestigt wird, fotografiert die Schildchen aus unterschiedlichen Distanzen, Höhen und Winkeln, und zwar mehrmals.

Welche Kamera- und Drohneneinstellungen sich beim tatsächlichen Einsatz am besten eignen, war eine der Kernfragen des Experiments. Diese Bilder werden zusammengesetzt, um einen Plan der Brücke unter den unterschiedlichen Bedingungen zu erstellen. Anhand dieser Messungen kann der Algorithmus in einem nächsten Schritt bereits minimale Schäden erkennen und lokalisieren. Das funktionierte bisher in der Theorie und im Labor auch problemlos. Um aber eine neue Technologie tatsächlich anwenden zu können, ist der Sprung in die „richtige“ Welt außerhalb kontrollierter Bedingungen notwendig. Genau dieser Sprung wurde nun am Donnerstag gewagt.

Nach genauem Abwägen der potenziellen Kandidaten fiel die Wahl auf die relativ neue Brücke in Altrier, unter anderem da die Konstruktionsweise der Brücke den Ansprüchen des Experimentes entsprach und die Drohne nicht durch Bäume gestört werden würde. „Die Bedingungen am Tag des Experiments waren perfekt“, freut sich Dr. Danièle Waldmann.

„Es war trocken, aber kühl, was wichtig ist, da starke Sonneneinstrahlung die Brücke auf einer Seite stärker erhitzen kann als auf der anderen. Dies kann zu Verzerrungen in der Brücke und Veränderungen der Eigenschaften des Materials führen. Auf die Sicherheit der Brücke haben diese minimalen Veränderungen keinen Einfluss und werden von den Ingenieuren mit einberechnet, aber bei unseren Messungen wäre es ein Störfaktor gewesen. Die etwa 17 Grad waren also optimal, auch wenn es mir persönlich etwas zu kalt war.“

Regen hätte den Forschern auch einen Strich durch die Rechnung gemacht, da die Drohne, die von „Autonomous Robots“-Professor Holver Voos programmiert wurde, zwar eine Reihe Tricks draufhat, mit Wasser aber partout nicht zurechtkommt. „Es handelt sich hierbei nicht nur um sehr empfindliche, sondern vor allem auch sehr teure Geräte“, erklärt Dr. Waldmann. Wir haben uns schon gefreut, dass uns das Material zur Verfügung gestellt wurde, da wollen wir nicht riskieren, dass etwas kaputtgeht. Zum Glück ist dann doch alles reibungslos gelaufen, was zu einem großen Teil an Dolgions Organisationstalent lag.“ Seit vier Jahren forscht er an diesem Projekt, das zu einem großen Teil in seine Doktorarbeit einfließen wird. „Ich bin jetzt erst mal dabei, die Daten doppelt und dreifach zu sichern. Die nächsten Wochen und Monate werden wohl mit der Auswertung verbracht werden.“

Obwohl die Technologie offensichtlich noch in den Kinderschuhen steckt, hat sie das Potenzial, Kontrollen in Zukunft deutlich effizienter zu gestalten. Da die Markierungen einfach in die Brücken eingebaut werden können, wären nur noch die Lkws zur Belastung und ein kurzer Drohnenflug nötig, um die heute noch langwierigen Messungen zu ersetzen.

„Das Projekt ist auch deshalb so interessant, weil es ein Beispiel für die Kombination von grundlegender und angewandter Forschung unserer Arbeitsgruppen ist. Die Ergebnisse, die wir hier erhalten, können nicht nur weiteren Experimenten als Grundlage dienen, sondern auch die Arbeitsweise der ‚Ponts et chaussées‘ konkret vereinfachen. Frédéric de Oliveira, mit dem wir für diesen Versuch zusammengearbeitet haben, war auf jeden Fall vom Potenzial der Technologie überzeugt. Generell war die interne und externe Zusammenarbeit mit allen Beteiligten super: Entrapaulus, der ‚Technical Support‘ der Universität und ‚Ponts et chaussées‘ haben uns alle sehr geholfen.“

Die Brücke, die in Altrier untersucht wurde, war laut Dr. Waldmann übrigens „in einwandfreiem Zustand, wie alle Brücken hier in Luxemburg“.

MO_robotics
19. September 2018 - 15.02

Dear Duschtert, thanks for your interest. There are several differences with the already performed experiments done such as on Kathedralen. Without markers it is not possible to detect small variations, since the tests done with other techniques such as structure from motion are not accurate because has not the scale parameter in consideration...to not go too much into details. Also in this case, the aerial robots (drones) used in this project was performing a fully autonomous flight without a pilot and taking into consideration the bridge location and of course without using the typical GPS-based waypoints that are easy to use in open locations but not nearby big buildings or structures. If you want more details you are more than welcome to pass by the University of Luxembourg and we will explain you all the details...not only in English.

Duschtert
18. September 2018 - 8.51

Was ist an der Technik neu? Gibt es schon mehrere Jahre und wird unter anderem bei alten Bauten (Kathedralen) eingesetzt. Selbst Windräder werden so abgestrahlt, zwar ohne Kalibrierungspunkte.