„Luxemburg hat geholfen und wird weiter helfen“: Außenminister Asselborn über Europas Pläne zur Seenotrettung

„Luxemburg hat geholfen und wird weiter helfen“: Außenminister Asselborn über Europas Pläne zur Seenotrettung
 Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Am Dienstag kommen die EU-Innenminister in Luxemburg zusammen.
Ziel ist es, möglichst viele Länder zu finden, die an einem Seenotrettungsplan teilnehmen, sich demnach verpflichten, Menschen im eigenen Land eine Asylprozedur anzubieten, die von Booten gerettet werden, um so wiederum vor allem Italien und Malta zu entlasten. Wie die Erfolgsaussichten sind und wie Luxemburg zu dem Vorhaben steht, erklärt Außenminister Jean Asselborn (LSAP) im Tageblatt-Interview.

Tageblatt: Wird Luxemburg sich dem auf Malta vor allem von Frankreich und Deutschland ausgehandelten Vorhaben anschließen?

Jean Asselborn: Seit Mitte 2018 hat Luxemburg von fast jedem Boot Menschen aufgenommen. Das wird sich auch nicht ändern. Bislang waren das für Luxemburg 60 Menschen. Das sind Zahlen, die jeder Staat meistern kann, insgesamt sind es schließlich nur wenige Tausend Menschen, die so auf die Staaten der Europäischen Union verteilt werden müssten.

Aber beileibe nicht alle wollen mitmachen. Zusagen gibt es bislang nur wenige. Dabei forderten Sie bereits, dass es ein Minimum von zwölf oder 15 Staaten braucht, damit die Verteilung funktionieren kann. Stellt Luxemburg da Bedingungen?

Nein, wir werden dabei sein. Allerdings kann ich Luxemburg nicht zu einer Quote verpflichten, wie das ursprünglich auf Malta vorgeschlagen wurde. Doch wie es aussieht, wollen Frankreich und Deutschland sich nicht an eine Quote klammern, was die Sache einfacher machen würde.

Bleibt das Problem, dass viele nicht wollen. Die Visegrad-Staaten nicht, auch Österreich nicht. Sogar Portugal und Irland, die bislang regelmäßig eingesprungen sind, zeigten sich bisher zögerlich. Ist das Vorhaben so nicht zum Scheitern verurteilt?

In meinen Augen sollten mindestens zwölf Länder teilnehmen. Am liebsten wären mir ja 27, aber dazu wird es nicht kommen. Doch falls sich nur fünf oder sechs Länder bereit erklären, bringt das wenig. Im Gegenteil: So etwas würde bloß dem ehemaligen italienischen Innenminister Matteo Salvini in die Hände spielen.

Sowohl Matteo Salvini von der rechten Lega als auch der Österreicher Herbert Kickl von der rechten FPÖ sind nicht mehr dabei. Ändert das etwas an der zu erwartenden Diskussionskultur morgen beim EU-Treffen?

Ich bin kein Freund dieser beiden Politiker, das dürfte bekannt sein. Und in Italien hat sich mit der neuen Regierung durchaus eine positive Dynamik in Gang gesetzt. Das dürfen wir nicht gefährden. Österreich allerdings ist bei seinen Standpunkten geblieben, da hat sich nichts verändert. Aber auch bei anderen Ländern fehlt der politische Wille, Ungarn etwa hat im Jahr 2018 nur 35 Menschen den Flüchtlingsstatus zuerkannt – und das bei knapp zehn Millionen Einwohnern.

Sogar dann, wenn das Treffen der EU-Innenminister ein Erfolg würde, macht die EU in Sachen Migration einen heillos zerstrittenen und zersplitterten Eindruck. Wie ist hier eine gemeinsame Linie zu finden?

Die Idee war, für den Seenotrettungsplan so viele teilnehmende Staaten wie möglich zu finden – um so breit genug aufgestellt zu sein, damit die Reform des Dublin-Systems vorankommen kann. Wir haben das Problem, dass wir keine europäische Migrationspolitik haben. Da frage ich mich, wofür wir Europa dann überhaupt haben! Momentan fragen Griechenland oder Zypern auf zwischenstaatlicher Ebene bei anderen Staaten nach Hilfe an. Das kann doch nicht die Lösung sein, die kann nur europäisch gefunden werden. Aber wir brauchen uns auch nichts vorzumachen: Solange Staaten wie Ungarn oder Polen ihre Blockadehaltung nicht aufgeben, wird das nichts. Das kann auch die EU-Kommission nicht ändern, das müssen die Mitgliedsstaaten tun – die sind es, die der Reform zustimmen müssen!

Aber dazu, wie bereits angeschnitten, fehlt vielerorts der politische Wille …

Ja, und das wirklich Schlimme daran ist, dass sich so Wahlen gewinnen lassen. In Österreich war das jetzt wieder der Fall. Dort sagt Sebastian Kurz, er habe das Problem der Migration im Griff. Ich finde das eine zutiefst egoistische Einstellung, die mit der Wirklichkeit nichts mehr gemein hat. Niemand kann ausschließen, dass sich die Flüchtlingsbewegungen von 2015 und 2016 wiederholen werden. Und weil der politische Wille nicht mehr da ist, eine solche Herausforderung europäisch zu meistern, wären wir heute noch schlechter vorbereitet als damals.

Kritiker der Seenotrettung verweisen vor allem darauf, dass solche Rettungen Menschen dazu verleiten würden, den gefährlichen Weg nach Europa erst recht zu riskieren. Was halten Sie diesen Mahnern vor einem Pull-Effekt entgegen?

Sollen wir die Menschen etwa ertrinken lassen? Das geht doch nicht! Humanität muss weiter eine europäische Tugend sein. Menschlichkeit und Pull-Effekt dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Nun droht bereits neues Ungemach. Der türkische Präsident Erdogan hat angekündigt, militärisch im Norden Syriens gegen die Kurden vorzugehen, um dort syrische Flüchtlinge aus der Türkei anzusiedeln. Bedeutet das auch für Europa eine Gefahr?

Als EU müssen wir der Türkei weiter finanziell unter die Arme greifen, dort Krankenhäuser und Schulen errichten, das ist die eine Sache. Was Erdogan jetzt vorhat, halte ich aber für sehr gefährlich, da habe ich sowohl menschliche wie politische Bedenken. Assad wird diesen Krieg wahrscheinlich gewinnen. Und was passiert dann mit diesen Menschen? Und wie reagiert der syrische Staat auf eine militärische Präsenz der Türkei im Norden des Landes? Den Menschen dort könnte dort erneut Verfolgung drohen, was wiederum zu Fluchtbewegungen führen würde. Es wäre besser, Erdogan würde sich diesen Schritt noch einmal gut überlegen.

Janno
13. Oktober 2019 - 19.25

… und viele, allzu viele sehen überhaupt nicht hin und strecken den Kopf in den Sand, nach dem Motto " was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss" ! Oder reden mit ohne sich mit der Problematik auseinanderzusetzen.

Müller jang
11. Oktober 2019 - 23.43

@Muller Guy. Ech menge ganz, Dir verstitt näischt vun där Problematik a maat Iech d'Saach e bëssen ze einfach. Respektéiert och deenen aneren hier Meenung, well Dir hutt d'Wouerecht nët gepacht. Den Här Asselborn ka ganz gutt op Är Rotschléi verzichten. Wéi stell Dir Iech dann eng Hëllef vir? D'Haaptsaach si geet nët op Är Käschten, oder ?

Muller Guy
8. Oktober 2019 - 18.02

Här Asselborn!! Hellefen, jo, natierlech!! Awer net sou wéi dir Iech dat virstellt. Dir schengt wirklech d'Meenungen vun den d'Wieler déi Iech den Aussenminister Posten erméiglecht hun net ze verstoen. Dir vertrett Lëtzebuerg an net Iech selwer. Bessen Respekt w.e.g. Liest mol déi aner Kommentären. Ech sin net leng.

GuyT
8. Oktober 2019 - 15.43

Frage zurück an : Hätte man diese Menschen wirklich aufs Meer locken sollen indem man automatisch dafür sorgt dass diese in die EU- Sozialnetze aufgenommen werden?

EugenOtto
8. Oktober 2019 - 13.18

GELD für Migranten ? laut EuGH hat die EU über 3 Milliarden Euro ( also 3 x über 1000 Millionen Euro man muss sich das auf der zunge zergehen lassen..) ohne Rechtsgrundlage ! ausgegeben Ms. President wo ist das viele Geld ?? ..BÜRGER., zahlt keine Steuern mehr...verlangt Auskunft von den *Oberen*wählt kultur-konservativ und keine Geldscheinfarbenpolitiker...

BillieTH
8. Oktober 2019 - 10.23

aussi long que la population européene ne peut pas s'exprimer par référendum si il veut continuer à adhérer et appliquer les conventions de Genève, la contestation contre une 'migration imposée par la classe politique, les ONGs et les élites juridiques' restera. Finalement des politiciens comme Merkel et Asselborn mettront l'acceptation de l'Union Européene même en jeux. Mais je crains qu'ils n'hésiteront pas le pari e mettre l'existence de l'Union Européene même en jeux pour imposer leur vision.

Een den keng Tomaten op den Aen huet
8. Oktober 2019 - 9.29

Die wichtigste Frage ist: wer ist Schuld? Genauer gesagt wer ist Schuld an der Destabilisierung des ganzen Nahen Ostens. Wer toleriert dass afrikanische Diktatoren gefördert werden um die nationalen Bodenschätze weiterhin rauben zu können? Wo liegt der Ursprung der Völkerwanderung? Aber das ist kein Thema. Es ist wie bei einem Gehirntumor der nicht heraus operiert wird sondern nur die Schmerzen mit Morphium behandelt werden. Das geht so lange bis der Patient stirbt! Und wir sehen alle unbeteiligt zu!

Jacques Zeyen
8. Oktober 2019 - 9.03

Absolut richtig. Mit Satellit kann man theoretisch eine Zigarettenschachtel am Strand erkennen. Mit solcher Technologie müsste man den "Stapellauf" eines Schlepperbootes doch sofort erkennen und die Weiterfahrt verhindern. Aber das Hauptproblem ist eben,dass wir diesen Menschen in ihren jeweiligen Ländern helfen müssen. Es liegt auf der Hand,dass der größte Teil der Migranten eben "Wirtschaftsflüchtlinge" sind. Ein Lybier sagte einst in die laufende Kamera:" Wenn ich morgen erwischt werde,komme ich übermorgen wieder." Das spricht Bände.

Paula
7. Oktober 2019 - 23.28

“ Da frage ich mich, wofür wir Europa dann überhaupt haben! “ Fragt er sich das ernsthaft?? Ich mache es kurz, nebst “damit es nie wieder Krieg auf europäischem Boden gibt” u.v.m. ist Europa zu allererst für seine Einwohner da. Dieser kleine Teil auf der Weltkarte, der den Namen Europa trägt, kann nicht jeden aufnehmen der meint er hätte in seinem Heimatland keine Zukunft. “Sollen wir die Menschen etwa ertrinken lassen?” Nein Herr Asselborn, wir haben diese Menschen zu retten. Es muss jedoch aufhören, dass eine Rettung automatisch den Transport in die EU bedeutet. Das ist keine Politik und schon gar keine zukunftsweisende, eher ein Ausdruck von Hilfslosigkeit. Auch unter Humanität verstehe ich etwas anderes; human ist, wenn man daran arbeitet, den Menschen in, -oder wenn dies nicht möglich ist, nahe an- ihrer Heimat ein Ein- und Auskommen zu ermöglichen. Einige Vorschläge, allerdings schwieriger zu realisieren als einige Menschen von seeuntüchtigen Booten zu retten: - eine andere Wirtschafts- und Agrarpolitik: wir kaufen Produkte aus afrikanischen Ländern zu vernünftigen Preisen, liefern aber nur dorthin was absolut notwendig ist und nicht selbst hergestellt werden kann. - wir finanzieren weltliche Bildung für Mädchen und Jungen, Männer und Frauen - wir stärken Mädchen und Frauen und belohnen Familienbegrenzung , z.b. kleine Beiträge in eine Art Rentenfonds einzahlen - wir schicken afrikanische Studenten nach dem Studium an westlichen Universitäten in ihre Länder zurück; kein Brain Drain!! - wir partnern mit erfolgreichen afrikanischen Ländern um dem etwaigen Vorwurf der Kolonialisierung zuvorzukommen - wir begünstigen steuerlich und für begrenzte Zeit Gesellschaften, die in Afrika investieren, dort ausbilden und Arbeitsplätze schaffen - wir bevorzugen Sachleistungen, Geld fliesst nur in Ausnahmefällen und/oder bei sichtbaren Erfolgen - wir frieren Guthaben von korrupten Politikern und deren Family & Friends ein