Lega hebelt Justiz aus: Die 49 Millionen werden in Raten gezahlt

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Das ist eine Frist, nach deren Ablauf wohl keiner der Beteiligten von heute noch am Leben sein dürfte. Die Untersuchungen in Luxemburg, wo Teile der Lega-Gelder vermutet werden, dauern unterdessen an.

Die Lega muss veruntreute Staatsgelder in Höhe von 49 Millionen Euro erstatten, urteilte ein Gericht in Genua. Nach langem Lavieren stimmt die populistische Rechtspartei nun zu, die Zahlungen sollen indes in Raten kommen. Faktisch ist dies ein Aushebeln des Urteils.

Von unserem Korrespondenten Wolf H. Wagner

Nach Verkünden des Urteils, nach dem die Lega auch in zweiter Instanz aufgefordert wird, an den Staat 49 Millionen Euro falsch deklarierter Wahlkampferstattungen zurückzuzahlen, lenkt die Parteiführung unter Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini plötzlich ein. In einem Deal mit den Richtern vereinbarte Salvini eine Rückzahlung in Raten – jährlich sollen etwa 600.000 Euro ins Staatssäckel fließen.

Die Gesamtsumme würde in etwa 80 Jahren beglichen sein – eine Frist, nach deren Ablauf wohl keiner der Beteiligten heute noch mehr am Leben sein dürften.So ist es kein Wunder, dass sowohl Politiker der Opposition als auch die italienischen Medien von einer Aushebelung und Verhöhnung der Justiz sprechen.

Aus Erfahrung schlecht

Das Abkommen, das die Lega mit der Staatsanwaltschaft von Genua über die moderaten Raten getroffen hatte, sieht vor, dass Parteispenden in Höhe von 600.000 Euro jährlich konfisziert werden. Sollte die Summe höher ausfallen, so wird auch dieser Betrag kassiert. Derzeit befinden sich 130.000 Euro in den Kassen der früheren separatistischen Partei. Damit könnte noch nicht einmal die erste fällige Rate von 2018 bedient werden. So wird seitens der Justiz erwogen, auch anderes Eigentum der Partei zu sequestrieren.

Die Kritik an diesem Verfahren resultiert aus den italienischen Erfahrungen. Nicht nur, dass es seit Ende des Zweiten Weltkrieges nun immerhin 64 verschiedene Regierungen gegeben hat, auch sind unzählige Parteien entstanden und im Laufe der Jahrzehnte ebenso wieder verschwunden. Sowohl auf der rechten wie auch auf der linken politischen Seite zeigte sich dieses Phänomen.

Recherchen in Luxemburg gehen weiter

Die Lega – noch mit dem Zusatz „Nord“ – selbst entstand erst 1989. Wer kann heute schon sagen, ob diese politische Bewegung die kommenden 80 Jahre überstehen wird. Die Wahrscheinlichkeit, bedenkt man die italienischen Realitäten, ist eher gering. Ein Konkurs würde dann aber die Rückzahlung aussetzen und der Staat sähe das zwischen 2008 und 2010 veruntreute Geld nie und nimmer.

Ein Teil der Summe – wie bereits berichtet – ist in Fonds angesiedelt worden, die in Luxemburg angesiedelt sind. Noch sind die Recherchen über die Höhe der im Großherzogtum angelegten Gelder nicht abgeschlossen. Die damals Beteiligten – Lega-Gründer Umberto Bossi und Schatzmeister Francesco Belsito – schweigen sich aus, um nicht auch noch wegen Geldwäsche vor die Schranken eines italienischen Gerichtes zu geraten. Inwieweit die Luxemburger Sparkasse bereit ist, mit der italienischen Justiz zu kooperieren, müssen die aus Genua entsandten Beamten vor Ort klären.

Rückzahlung verschleiert den Weg des Geldes

Nach Auffassung einiger Beobachter scheint die ausgehandelte Ratenzahlung jedoch ein geschickter Schachzug der Lega-Führung zu sein, um eine Durchleuchtung der Finanzwege und -anlagen der Partei zu umgehen. Mit dem Deal, jährlich eine bestimmte Rückzahlung an den Staat zu leisten, zeigt die Lega einerseits Zahlungswilligkeit (und kann so nicht gepfändet werden). Andererseits fragt die Staatsanwaltschaft nicht nach, woher die Ratengelder stammen.

Dies, so vermutet die Wochenzeitschrift l’Espresso, sei das eigentliche Motiv Salvinis für den nun abgemachten Deal gewesen. Damit muss die Lega auch nicht offenlegen, in welchen Off-shore-Geschäften – darunter ein großes internationales Konsortium – sie welche Mittel investiert hat. Ob diese Rechnung aufgeht, wird die nächste Zeit zeigen.

Gemäß der politischen Stimmung im Lande ist die Lega derzeit im Aufwind, jeder dritte Wähler in Italien würde der Rechtspartei seine Stimme geben. Sollten die vielfältigen Krisen, in der sich die aktuelle Koalition befindet – Brücke von Genua, Haushalt, Flüchtlinge – zum Bruch führen, könnte Salvini bei einem nächsten Urnengang als unumschränkter Sieger hervorgehen und dann wie einst Berlusconi die Justiz nach seinem Gusto umkrempeln. Darauf scheint Salvini zu spekulieren.