Laurent Jans (Paderborn): „Es wird sehr laufintensiv werden“

Laurent Jans (Paderborn): „Es wird sehr laufintensiv werden“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Kindheitstraum könnte am Samstag in Erfüllung gehen: Laurent Jans steht unmittelbar vor seinem ersten Einsatz in der Bundesliga. Im Interview erklärte er, warum ihm das Spielsystem von Trainer Steffen Baumgart entgegenkommt.

LINK

Lesen Sie ebenfalls zum Thema:

Jetzt schlägt’s 13: Auftakt der Bundesliga mit zwei Luxemburgern

Tageblatt: Es ist jetzt einen Monat her, dass Sie den FC Metz und die Ligue 2 in Richtung Paderborn verlassen haben. Wie verlief die Wohnungssuche mitten der Saisonvorbereitung?
Laurent Jans: Momentan übernachte ich noch immer im Hotel. Ich habe zwar schon eine Wohnung gefunden, doch der Vermieter brauchte sie länger als gedacht. Ich denke, dass es nach dem Umzug noch einfacher wird, sich komplett in die ganze Situation hineinzuleben. Ich fühle mich hier wohl.

In Metz wurden Sie erkannt, als Sie Ihren Telefonanschluss angefordert haben. Wurden Sie in Ihrer neuen Heimat bereits angesprochen?
Da der Verein mir das Hotel vorgeschlagen hat, wissen die Leute dort logischerweise Bescheid. Ich wurde auch bereits angesprochen, letztens nach unseren Testspielen. Der Verein ist familiär, jeder kennt jeden. Bislang habe ich nur positive Feedbacks bekommen. Die Fans brennen darauf, dass die Saison endlich losgeht, genau wie wir Spieler.

Was können Sie über die Stadt Paderborn berichten?
Paderborn ist für deutsche Verhältnisse eine Kleinstadt, sympathisch und ruhig. Es ist eine sehr grüne Stadt, in der man sich als Profi hervorragend auf den Fußball konzentrieren kann.

Sie haben über 50 Spiele für die Luxemburger Nationalmannschaft absolviert. Wie emotional ist in diesem Fall ein Standortwechsel und der damit verbundene neue Lebensabschnitt?
Die Emotionen bezüglich der Nationalmannschaft befinden sich auf einer anderen Basis. Es ist ein anderes Gefühl. Im Verein ist der Anfang ähnlich. Man lernt seine neuen Teamkollegen kennen, das Umfeld ist neu. Ich habe glücklicherweise gleich Anschluss und Freunde in der Mannschaft gefunden. Das erleichtert es.

Einen Bezug zum neuen Klub gab es im Vorfeld ja nicht …
Wie hätte es den auch geben sollen? Ich habe einige Spiele im Fernsehen gesehen, aber das war’s auch schon. Als ich nach Beveren gewechselt bin, war mir der Verein damals überhaupt kein Begriff. Man kennt die Topklubs in Belgien, aber auch hier war’s das dann schon. Bei Paderborn ist dies anders, diesen Verein kennen die Luxemburger Fußballfans bereits durch ihre Nähe und ihr Interesse für die Bundesliga.

Haben Sie eigentlich realisiert, dass Sie unmittelbar vor Ihrem ersten Bundesliga-Auftritt stehen könnten?
Ich habe eigentlich noch nicht sehr viel darüber nachgedacht. Es gab viel zu organisieren, viele Trainingseinheiten. Das ist eigentlich auch positiv, wenn man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Die Vorfreude wird kommen und dann wird einem langsam, aber sicher auch bewusst, dass man in der Liga spielt, von der man als Kind geträumt hat.

Das erste Pflichtspiel liegt bereits hinter Ihnen. Wie groß war die Aufregung?
Ich war froh, mein erstes Pflichtspiel bestreiten zu dürfen. Wir haben uns lange darauf vorbereitet. Fußball ist derart schnelllebig, dass man sich nicht zu lange freuen kann. Jeder meiner Teamkollegen will in der Startelf stehen.

In Metz hatten Sie mit Ivan Balliu und Jonathan Rivierez zwei Konkurrenten, mit denen Sie sich die Position geteilt haben. Das ist jetzt anders, da Sie sich den Platz zunächst „nur“ mit Mohamed Dräger teilen müssen. Ist diese Situation angenehmer?
Das ändert überhaupt nichts – ob ein oder zwei Konkurrenten. Ich konzentriere mich auf mich selbst. Ich habe ihn kennengelernt, er ist sehr sympathisch. Es ist normal, dass es Konkurrenzkampf gibt. Diese Herausforderung nehme ich an. Ich muss jede Trainingseinheit nutzen, um mich in den Vordergrund zu drängen.

Im Pokal haben Sie sich für die zweite Runde qualifiziert. Liegt der Fokus beim SCP trotzdem klar auf der Meisterschaft?
Einer meiner Trainer (Philippe Clément bei Waasland-Beveren) hat immer betont: Der leichteste Weg, einen Titel zu holen, führt über den Pokal. Die Meisterschaft bleibt aber das Tagesgeschäft, auf das wir uns jetzt fokussieren.

Seit fünf Wochen heißt Ihr Trainer Steffen Baumgart. Wie würden Sie ihn beschreiben?
Es handelt sich um einen Trainer, der viel von seinen Spielern erwartet. Einerseits macht er gerne mal den einen oder andern Scherz, gleichzeitig kann er sehr strikt sein. Für mich ist das eine perfekte Mischung, um eine Gruppe zu führen.

Ist seine doch sehr offensiv ausgerichtete Einstellung für Sie eine Herausforderung?
Seit er in Paderborn angekommen hat, hat er seinen speziellen Spielstil integriert. Für die Zuschauer ist dieser Fußball mit Sicherheit sehr attraktiv, denn es fallen viele Tore. Es handelt sich eben um eine sehr offensiv ausgerichtete Taktik, bei der man den Gegner hoch presst. Vielleicht kann es manchmal vorkommen, dass die Leute sich fragen, warum ein einzelner Spieler so hoch steht – aber das sind nun mal die Vorgaben. Diese Art und Weise. wie wir auftreten, ist mit Risiko verbunden, aber der Erfolg gibt dem Trainer recht. Alles andere, was er erwartet, sind die klassischen Anforderungen an einen Verteidiger: Abwehrarbeit, Ruhe am Ball, das Ganze mit Offensivdrang. Es wird für mich sehr laufintensiv werden, aber das mache ich gerne. Das System kann eine Waffe sein und ich würde sogar behaupten, dass es mir liegt.

Der SCP wird in dieser Saison versuchen, den Klassenerhalt zu schaffen. Sie selbst haben bereits Erfahrung mit dem Abstiegskampf. Kommt das Ihnen entgegen?
Ich habe zwei Jahre in Beveren gegen den Abstieg gespielt. Man lernt, mit Druck umzugehen, wenn es mal nicht läuft. Du weißt, worauf es in bestimmten Situationen ankommt. Ich hoffe aber, dass ich meine Erfahrungswerte mit dem Abstiegskampf nicht brauche.

Der FC Metz hat Sie für zwölf Monate ausgeliehen. Beschäftigt man sich bereits damit, was danach kommt?
Zurzeit ist das noch kein Thema. Der Tag wird kommen, an dem man sich damit auseinandersetzen muss, aber damit beschäftige ich mich noch nicht.


Laurent Jans über …

… Kylian Mbappé: Als der Kapitän der Nationalmannschaft in Paderborn vorgestellt wurde, beschäftigte die deutschen Journalisten immer wieder ein Mann, der französische Superstar Kylian Mbappé. „Gegen Jans bekam er kaum einen Stich“, erinnerte sich im Juli die Neue Westfälische. Direkt angesprochen wurde er auf das 0:0 in Toulouse zwar nicht, doch „sie haben mich gefragt, gegen welchen Star ich sonst noch gespielt habe“.
… bekannte Zuschauer: „Gegen Rödinghausen hat mich noch niemand besucht, aber in Leverkusen werden Freunde und Verwandte kommen. Nach dem Sieg im DFB-Pokal habe ich einige Nachrichten bekommen, Freunde haben angekündigt, dass sie am Samstag (heute) dabei sein würden.“
… kulinarische Spezialitäten: Münchner Weißwürste, Berliner Currywürste oder die Schwarzwälder Kirschtorte kennt jeder Luxemburger. Aber welche Spezialität gibt es in Paderborn? „Bestimmt gibt es die. Aber dazu sage ich jetzt erst mal lieber nichts,“ lachte Laurent Jans, der wohl noch keine Zeit hatte, sich ein Pfund Paderborner Landbrot zu besorgen.
… Leandro Barreiro: Nachdem er in Belgien bereits zweimal gegen Kollegen aus der Nationalmannschaft antreten durfte (Maxime Chanot in Courtrai und Anthony Moris in Malines), kommen Leandro Barreiro und seine Mainzer am 5. Oktober nach Nordrhein-Westfalen. „Ich hoffe, dass wir beide dann spielen werden. Das ist immer speziell, einen Freund zu treffen.“
… Medienrummel: Fotoshootings, Interviews und generelles Interesse, in der Bundesliga ist alles noch einmal eine ganze Nummer größer als in der Ligue 2. Einen ganzen Tag lang wurden die Spieler abgelichtet, beispielsweise für Einspieler auf dem Pay-TV-Sender Sky. „Der Rummel rundherum ist größer. Es ist die Bundesliga: Diese Meisterschaft interessiert die ganze Welt.“


 Ex-Bundesliga-Profi Jeff Strasser über seinen Nachfolger

Mit seinen 194 Bundesliga-Einsätzen ist Jeff Strasser nicht nur ein Experte für eine der einflussreichsten Ligen Europas, sondern damals selbst ein Paradebeispiel für Disziplin, Ehrgeiz und Wille gewesen. Genau diese Eigenschaften haben auch seinen Ex-Schüler dorthin gebracht.

Jeff Strasser weiß aus eigener Erfahrung, dass Talent allein für eine Profikarriere nicht reicht. Auch Laurent Jans, den er 2011 aus der 1. Division nach Esch holte, brachte diese Zielstrebigkeit mit auf den Galgenberg: „Er hat alles aus seinem Potenzial gemacht. Er hatte schon immer diesen Willen, etwas zu erreichen. Das hat ihm erlaubt, sich zu entwickeln. Er hat nie aufgegeben. Er ist ein Arbeitstier, das immer dazulernen wollte.“
Strasser ist stolz, dem 27-Jährigen sein eigenes Wissen mit auf den Weg gegeben zu haben: „ Ich habe ihn auf einem Teilstück begleitet. Er hat viel dazugelernt und durch die Zeit bei der Fola den Weg in die Nationalmannschaft gefunden und sich gleichzeitig im Europapokal präsentiert. Dass er einen weiteren Schritt nach vorne gemacht hat, freut einen natürlich.“

Im September wird es 20 Jahre her sein, dass er selbst sein allererstes Bundesligaspiel absolviert hat. Mit 194 Einsätzen für den 1. FC Kaiserslautern und Borussia Mönchengladbach führt er die Liste der Luxemburger mit großem Vorsprung an. Aus eigener Erfahrung kann er demnach erklären, wie sich der Rechtsverteidiger in den kommenden Stunden fühlen wird: „Anspannung ja, aber eine, die sich positiv auswirkt und nicht hemmt. Das ist schon etwas ganz anderes als in Belgien oder in einer zweiten Liga in Frankreich. Ich wünsche ihm, dass er sich durchsetzen kann. Es werden nämlich auch schwere Zeiten auf ihn zukommen.“

Das Angebot

Mit Paderborn habe Jans auf jeden Fall die richtige Wahl getroffen, fügt der Fola-Coach hinzu: „Der Verein passt zu seinem Charakter. Es handelt sich um eine kleinere, familiäre Nummer.“ Das hat er seinem ehemaligen Verteidiger nach Bekanntwerden des Transfers selbst mitgeteilt. Jans hat die Nachricht gefreut: „Als ich unterschrieben habe, hat er mir eine Nachricht geschickt. Darin stand, dass ich mich immer bei ihm melden könnte, wenn ich eine Frage hätte.“ In Anspruch genommen hat er dieses Angebot bislang nicht: „Es ist ja nicht so, als hätte ich erst gestern mein erstes Spiel gemacht und wüsste nicht, wo ich den Ball hinspielen muss“, lacht Jans.

Davon wird sich Strasser heute überzeugen. Nicht im Stadion, sondern vor dem Fernseher. „Wenn ich Zeit habe, werde ich mir das Spiel ansehen, ansonsten aber auf jeden Fall die Zusammenfassung. Seine Leistungen werde ich verfolgen.“