Kuba öffnet sich der Moderne – aber nicht zu sehr

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Über den Kommunismus soll künftig nichts mehr in der Verfassung stehen, dafür aber über gleichgeschlechtliche Paare und privaten Besitz. Kuba will sich den modernen Zeiten anpassen – an der Macht der Partei allerdings wird nicht gerüttelt.

Millionen Kubaner diskutieren über eine Reform der Verfassung. Künftig sollen in dem sozialistischen Karibikstaat gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen und privater Besitz offiziell anerkannt werden. Am gestrigen Montag hat eine landesweite Debatte über die Verfassungsreform begonnen – ausgerechnet am Geburtstag des Revolutionsführers Fidel Castro (1926-2016).

In 135.000 Versammlungen und Foren auf der ganzen Insel beraten die Kubaner bis November über die neu gefasste Verfassung – auch in Castros Heimatort Birán. Bei den Diskussionsrunden in Wohnkomplexen und Betrieben könnten die Kubaner ihre Meinung über den Entwurf äußern und Änderungsvorschläge einbringen, berichtete die Nachrichtenagentur Prensa Latina am gestrigen Montag.

Eine weitreichende Liberalisierung ist im Ein-Parteien-Staat Kuba allerdings nicht zu erwarten. „Die Heilige Dreifaltigkeit der Diktatur bleibt in der Verfassung verankert: eine einzige Partei, Unveränderbarkeit des Systems und Kriminalisierung der politischen Opposition“, schreibt der regierungskritische Journalist Reinaldo Escobar auf dem Blog der prominenten Dissidentin Yoani Sánchez.

Kommenden Februar wird abgestimmt

Die reformierte Verfassung besteht aus einer Präambel und 224 Artikeln – 87 mehr als die bisherige Fassung. Rund 1,2 Millionen Exemplare des Textentwurfes sollen in Kuba unter das Volk gebracht werden. Im kommenden Februar wird in einem Referendum dann über die Verfassungsreform abgestimmt.

Die derzeitige Verfassung stammt aus dem Jahr 1972 und wurde bereits 1992 und 2002 überarbeitet. Die neue Verfassungsreform soll nun „unsere Wirklichkeit und die absehbare Zukunft abbilden“, hieß es aus Regierungskreisen. Die absolute Macht der Kommunistischen Partei Kubas wird allerdings nicht angetastet. Sie bleibt die einzige legale politische Kraft im Land.

Die Opposition sieht keine echte Veränderung durch die Verfassungsreform. „Das spiegelt nur die Ideen der Kommunistischen Partei wider – nicht der Nation. Einen Wettbewerb zwischen Parteien in der Politik wird es weiterhin nicht geben“, kritisiert der Oppositionelle Manuel Cuesta Morúa.

Nur noch zehn Jahre Präsidentschaft

Arturo López-Levy von der Universität Texas hingegen sieht Kuba mit der neu gefassten Verfassung am Scheideweg. Es seien weitere Schritte nötig wie „Dezentralisierung, Ausbau des privaten Sektors, mehr Investitionen und eine Reform des öffentlichen Dienstes“, um Erfolg zu haben.

Erstmals wird die Verfassung den Begriff des Privateigentums benutzen und ausländische Investitionen als wichtigen Faktor des Wirtschaftswachstums anerkennen. Künftige Präsidenten sollen höchstens zehn Jahre im Amt bleiben dürfen. Außerdem soll der „Präsident der Republik“ künftig ein eigenes Amt und nicht wie bislang der Vorsitzende des Staatsrats sein. Zudem soll es erstmals seit 1976 wieder einen Ministerpräsidenten geben.

Kuba hat sich in den vergangenen Jahren vorsichtig wirtschaftlich geöffnet. Zu weitreichenden politischen Reformen ist die sozialistische Staatsführung allerdings nicht bereit. Gerade Miguel Díaz-Canel dürfte als erster Präsident der jüngeren Generation nach den Castro-Brüdern zunächst darum bemüht sein, die Reihen eng geschlossen zu halten.