Kopf des Tages: Heinz-Christian Strache, ehemaliger Vizekanzler Österreichs

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„Cherchez la femme“, ist man im Fall Strache geneigt zu sagen. Heinz-Christian Strache ist letztlich über sich selbst gefallen: seinen Drang zur Macht, koste es, was es wolle. Das haben die Macher des Videos geschickt ausgenutzt. Die attraktive („Bist du deppert, ist die scharf“) russische Oligarchen-Nichte sollte dabei helfen. Mit ihrem Geld könnte die mächtige Kronen-Zeitung gekapert und für Wahlkampfzwecke genutzt werden. Damit wäre er seinem Ziel näher gewesen, auf das er seit 2005, als er FPÖ-Vorsitzender wurde, hinarbeitete.

Seine politische Lehre absolvierte der gelernte Zahntechniker unter dem seinerzeitigen Übervater der Partei, Jörg Haider, war mit Mitte 20 der jüngste Abgeordnete im Wiener Landtag und führte mit 35 Jahren die Wiener FPÖ. Unter den Rechtsextremen kannte sich der am 12. Juni 1969 geborene Strache aus. Seine Beteiligung an Wehrsportübungen mit Neonazis tat er, als sie öffentlich wurden, als Jugendsünden ab. Sieben Jahre war er mit der Tochter des in Österreich landbekannten Neonazis Norbert Burger liiert. Zu seinem Bekanntenkreis zählte unter anderem auch Gottfried Küssel, ein in der deutschen und österreichischen Szene bekannter Neonazi, der bis zum Januar bereits seine zweite Haftstrafe wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbüßte. Unlängst erklärte Küssel in einem Interview mit einer rechtsextremen Zeitschrift, dass er noch so einiges über die damalige Zeit und den ehemaligen FPÖ-Vorsitzenden zu erzählen habe.

HC, wie sich Strache gerne nennen ließ, hatte aber seit diesen Zeiten einen anderen Weg eingeschlagen. Er hat sich im Kreide-Fressen versucht, ist von fremdenfeindlichen Wahlslogans wie „Daham statt Islam“ abgerückt und bemühte sich darum, seine Partei salon- bzw. koalitionsfähig zu machen. Mit Antisemitismus und Nazi-Verherrlichung wollte Strache nichts mehr zu tun haben. Dem Stil der Haider’schen Buberlpartei blieb er aber treu: locker und cool daherkommen, gegeltes Haar, feine Anzüge. Im Oktober 2016 heiratete er zudem in zweiter Ehe Philippa Beck, ehemaliges Model und Wetteransagerin, die 20 Jahre jünger ist als er. Mit ihr und einem gemeinsamen Kind zeichnete Strache zuletzt das Bild eines seriösen und sorgenden Familienvaters. Doch nicht einmal ein Jahr nach seiner Heirat fiel er in „typisch alkoholbedingtem Macho-Gehabe“, wie er es am Samstag nannte, auf den schönen Lockvogel herein.

Dabei hatte er sich so viel Mühe gegeben und auf so vieles geachtet, um mindestens bis zum Vizekanzler aufzusteigen und seine Partei in die Regierung zu führen. Nur haben er und sein Adlatus Johann Gudenus es versäumt, zu prüfen, mit wem sie es wirklich in der Villa auf Ibiza zu tun hatten. Die beiden unterlagen einem Anfängerfehler, der Politikern mit Ambitionen auf diesem Niveau eigentlich nicht passieren dürfte.