Datenzentrum„Keine Spur von Transparenz“: Googles Pläne für Bissen werden weiter heftig kritisiert

Datenzentrum / „Keine Spur von Transparenz“: Googles Pläne für Bissen werden weiter heftig kritisiert
Auf diesem Flugblatt wirft die „Biergerinitiativ Biissen“ Google „Fake News“ vor Foto: privat

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Am heutigen Montagabend (13.1.) läuft die Frist ab für Einwände gegen den Teilbebauungsplan zum geplanten Google-Datenzentrum auf dem Gebiet der Gemeinde Bissen. Grund für kritische Fragen enthält der Plan offenbar reichlich: Gleich zwei Bürgerinitiativen setzen sich jedenfalls kritisch mit dem Projekt auseinander.

Mit Anhängen mehr als 300 Seiten dick ist der Teilbebauungsplan („plan d’aménagement particulier“, PAP), der sich mit dem Google-Datenzentrum in Bissen beschäftigt (Link zum PDF, 29 MB). Wer sich durch die Lektüre (oder den Versuch) neue Details zum Projekt erhofft hatte, die er bis dahin nicht kannte, konnte enttäuscht werden: Dass sowohl die Bauherren als auch die Luxemburger Regierung wenig transparent auftreten, beklagen jedenfalls die Bürgerinitiativen „Pro Biissen asbl.“ und „Biergerinitiativ Bissen“.

„Nachdem wir uns den PAP in allen Einzelheiten angeschaut hatten, teilten wir der Gemeindeführung unsere Position zum Projekt mit: Ein Projekt, das, so wie es nun vorliegt, nicht gutgeheißen werden darf“, erläutert im Gespräch mit dem Tageblatt ein Mitglied von „Pro Biissen“ den Standpunkt der Bürgerinitiative (Seite bei Facebook). Der Bebauungsplan sei voller Widersprüche – und von Transparenz keine Spur: „Viele Angaben sind zwei- oder mehrdeutig, beziehungsweise überhaupt nicht nachvollziehbar. Wir stellten eine schlechte und auch unvollständige technische Planung fest und machten zudem viele ungeklärte Gefahrenpunkte für die Bürger unserer Gemeinde aus“, beklagt sich das „Pro Biissen“-Mitglied.

Auch die „Biergerinitiativ Bissen“ (Seite bei Facebook) ist unzufrieden mit der Informationspolitik: „Über ein Projekt, das unsere Ortschaft und auch unsere Landschaft nicht unwesentlich verändern wird, werden wir einfach nicht komplett informiert“, heißt es in einem Rundschreiben der Initiative. Google liefere bislang nur Beruhigungspillen und verstumme bei entscheidenden Fragen, etwa zur Menge des benötigten Kühlwassers, dem Trinkwasser- und Energieverbrauch, dem sonstigen Einfluss auf die Natur oder zum voraussichtlichen zusätzlichen Verkehrsaufkommen. Allein den Stromverbrauch schätzt die Initiative auf 2,5 Terawattstunden pro Jahr – das wäre zweieinhalbmal so viel, wie sämtliche Haushalte Luxemburgs verbrauchen. Um diese Leistung zu erreichen, müssten neue Stromleitungen aus Deutschland und Cattenom nach Bissen gezogen werden, so die Befürchtungen der Kritiker: „Mir gi vu kenger Säit gewuer, wéi den Deal mat Google ausgesäit.“

Fragen zum Sichtschutz

In einem Schreiben von „Pro Biissen“ heißt es, beim Wasser- und Stromverbrauch sei man stets auf den Teilbebauungsplan verwiesen worden. Der liege zwar jetzt vor, verliere aber weiter kein Wort dazu. Zudem würden die Gebäude des Datenzentrums nicht, wie seit Monaten versprochen, mit einer maximalen Höhe von 25 Metern skizziert: Der aktuelle Plan erlaube Bauten von 28 Metern Höhe mit zusätzlichen Aufbauten von 8 Metern Höhe – und durch die Unebenheiten des Areals könnten sogar noch mal bis zu 4 Meter dazukommen.

Der Sicht- und Schallschutz bestehe laut PAP-Vorlage aus 9 Meter hohen Bäumen. Auf den im vergangenen Jahr von Google gezeigten Skizzen seien Bäume mit einer Höhe von 18 Meter eingetragen gewesen. Erbost zeigt sich die Initiative auch beim Schallschutz: Im Bebauungsplan werde eine entsprechende Studie lediglich angeraten („recommandée“). „Das müsste doch bei einem Projekt dieser Größenordnung obligatorisch sein“, ärgert man sich bei „Pro Biissen“ – zumal, da möglicherweise eine Luftkühlung vorgesehen sei, die sehr laute Aggregate erfordert. Laut den Kritikern seien zudem die eingeplanten Regenrückhaltebecken absolut unterdimensioniert, was bei starken Regenfällen unausweichlich zu Überschwemmungen führen könnte.

Noch bis Montagabend (13.1.) können Bürger Einsprüche gegen den PAP bei der Gemeinde einreichen. Bisher sei das rund 60-mal geschehen, verrät Bürgermeister David Viaggi auf Nachfrage. „Wir zählten sehr viele von der Vereinigung ,Pro Biissen‘ vorgedruckte und an alle Haushalte verteilte Formulare, auf denen zwölf Hauptkritikpunkte aufgeführt sind. Doch es gibt auch Bürger, die sich viel Zeit genommen haben, um den Bebauungsplan genau zu studieren und ihre ganz persönlichen Kritikpunkte zu Papier zu bringen.“ Die meisten Fragen stellen sich die Bürger in puncto Lärm, zum Beispiel durch die nötigen Klimaanlagen, sowie zu den Themen Verkehrsbelastung, Wasserdampfentwicklung, Abwasser- und Kühlwassermengen sowie Umfang des Gesamtprojektes.

„Beim Thema Wasserdampfentwicklung durch Kühltürme wird sogar die Frage aufgeworfen, wie hoch die Gefahr durch eventuell auftretende Legionellen ist“, gibt Viaggi ein Beispiel. „Darauf angesprochen haben uns Experten gesagt, dass dies rein eine Frage des Unterhalts und der Kontrollen sei. In den letzten zehn Jahren sei lediglich ein solcher Fall bei einem Atomkraftwerk notiert worden.“

„Big boys“

Auf die Frage, wie es denn nun weitergehe, holt David Viaggi erst mal tief Luft. „Goggle hat uns einst gesagt, dass, wenn die Gemeinde Bissen erst einmal die Umänderung des Gesamtbebauungsplans (PAG) für das Areal, auf dem das Datacenter eventuell gebaut werden soll, gutgeheißen habe, werde dies für den Internetgiganten grünes Licht für eine konkrete Planung heißen. Dieses grüne Licht hat die Gemeinde ja dann auch im letzten Jahr mit der Verabschiedung des PAG gegeben. Im November hat die Firma nun den Teilbebauungsplan eingereicht, seitdem ist wieder Funkstille, so auf die Art ,Wir haben geliefert, jetzt gehen wir wieder in Wartestellung‘. Diesen ,big boys‘ ist es ganz egal, ob Bürger, Gemeinderäte, ein Bürgermeister oder ein Minister noch Fragen zu dem Projekt haben …“

„Was nun die Themen Abwasser- und Kühlwassermengen sowie Stromverbrauch anbelangt, so liegt der Ball aber ganz klar bei den staatlichen Instanzen beziehungsweise bei Creos/Enovos“, so David Viaggi weiter. „Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Ich will natürlich wissen, wie hoch dieser Verbrauch ist und ob es Auswirkungen auf unsere Gemeinde haben wird. Doch wenn mir die Spezialisten aus den Ministerien beziehungsweise des nationalen Stromlieferanten hoch und heilig versichern, dass es keine Probleme geben wird, dann liegt die Verantwortung nicht mehr auf den Schultern der Gemeinde. Wir werden aber weiterhin ein kritisches Auge darauf haben. Es wäre natürlich besser, alle Zahlen würden vorliegen, doch, wie gesagt …“

Allerletzte Gelegenheit für Klarheit

Eines solle man nicht vergessen, so der Bürgermeister: „Die Abstimmung über den nun vorliegenden PAP zuzüglich des daran angekoppelten Abkommens mit Google ist für uns die allerletzte Gelegenheit, in diesem Projekt für Klarheit zu sorgen. Ich sehe nicht ein, dass wir als Gemeinde alles Erdenkliche in Bewegung setzen müssen und im Nachhinein nichts davon haben. Wenn die Regierung Google nach Luxemburg gerufen hat, dann soll der Staat auch seine Verantwortung übernehmen und sich nicht, wie bis jetzt, ducken. Das Datacenter bedeutet für uns nicht nur ein gigantisches Bauprojekt. Daran angemacht sind auch eine ganze Reihe von Problemen, die die Lebensqualität unserer Bürger stark beeinträchtigen können. Wir reden zudem seit Langem über Möglichkeiten, den Zulieferverkehr zu den einzelnen Firmen auf Roost und an der Finsterthaler Straße sowie den Durchgangsverkehr über einen Bypass am Dorfkern vorbeizuführen. Auch eine dringend notwendige neue Verkehrsführung auf Roost steht an. Wir sind gerne bereit, Firmen, die die Regierung nach Luxemburg lockt, bei uns aufzunehmen – doch wir sind nicht weiter bereit, anschließend allein im Regen stehen gelassen zu werden.“

Mit Ablauf der Frist zum Einreichen der Einwände am Montag, 13.1., hat die Gemeinde nun drei Monate Zeit, um über den PAP abzustimmen. Danach geht das Dossier an die zuständigen staatlichen Instanzen. Bekannt ist aber, dass gegen die Abstimmung des Gemeinderates vom vergangenen Jahr in puncto Gesamtbebauungsplan (PAG) zwischenzeitlich zwei Berufungsverfahren angestrebt wurden. Solche Verfahren dauern oft bis zu zwei Jahre – und länger.

jean-pierre goelff
13. Januar 2020 - 18.17

Triwwelt nach e bësschen esou weider mat déen Argumenter,,à la noix,,,dann geet Google bei den Nooper kucken,IKEA huët daat jo och gemeet an weist dem Ländle eng ganz laang Nuës.....Nix kapiert im Schlaraffenland????!!!

Grober
13. Januar 2020 - 15.33

Was für ein Drama, Google macht hunderttausend Mal weniger Schmutz, Rauch und Abgase als etwa eine Nagelfabrik.