Katalonien fordert den spanischen Staat heraus

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Mit einem umstrittenen Referendum über die Loslösung von Spanien fordert die Region Katalonien am Sonntag die Zentralregierung in Madrid heraus. Die von der Regionalregierung ausgerufene und vom Verfassungsgericht verbotene Abstimmung werde trotz der Gegenmaßnahmen der Staatsbehörden stattfinden, beteuerte am Samstagabend in Barcelona der katalanische Regierungssprecher Jordi Turull. In Erwartung des Beginns der Abstimmung um neun Uhr morgens (MESZ) hielten Separatisten in der Nacht weiter Dutzende von Schulen besetzt, die als Wahllokale dienen sollen.

Am frühen Sonntagmorgen herrschte in den größten Städte Kataloniens gespannte Ruhe, wie Medien berichteten. Über Barcelona wurde in der Dunkelheit ein Hubschrauber bei Patrouillenflügen beobachtet.

Paella-Essen und Pyjama-Partys

Experten der staatlichen Polizeieinheit Guardia Civil setzten am Samstag das Stimmenauszählungssystem der Region außer Betrieb. Die illegale Abstimmung sei somit endgültig „annulliert“ worden, sagte der Sprecher der Zentralregierung, Íñigo Méndez de Vigo. Doch Turull entgegnete: „Alle können beruhigt sein. Morgen wird abgestimmt, und es wird ausgezählt und nochmals ausgezählt“.

Mehr als 5,3 Millionen Menschen sind aufgerufen, in einem der 2315 Wahllokale ihre Stimme abzugeben. Ministerpräsident Mariano Rajoy beteuerte mehrfach, das Referendum werde nicht stattfinden. Die Generalstaatsanwaltschaft wies die Polizei an, die Wahllokale abzusperren und die Stimmabgabe am Sonntag zu verhindern.

In ganz Katalonien besetzten deshalb schon in der Nacht zum Samstag Politiker, Lehrer und Eltern zum Teil mit ihren Kindern zahlreiche Schulen und weitere öffentliche Gebäude, die als Wahllokale dienen sollen. Sie veranstalteten unter anderem Filmvorführungen (etwa einen „Harry-Potter-Marathon“), Paella-Essen und Pyjama-Partys.

„Separatisten, Terroristen!“

Die Polizei habe am Samstag rund 1300 Schulen aufgesucht und dabei 163 besetzte Lehranstalten vorgefunden, teilte Madrid mit. Die Aufforderung der Polizei, die Gebäude zu verlassen, hätten die Besetzer bis zum späten Samstagabend noch nicht befolgt, hieß es.

Schon seit Tagen versucht Madrid, die Befragung mit allen Mitteln zu verhindern. Bei Dutzenden von Razzien wurden in Druckereien und Regionalministerien mindestens zwölf Millionen Wahlzettel sowie Millionen von Wahlplakaten und Broschüren beschlagnahmt. Viele Webseiten wurden gesperrt. Mehr als 4000 Angehörige der Guardia Civil und der Nationalpolizei wurden nach Katalonien entsandt.

Das Referendum hält nicht nur Katalonien in Atem. Am Samstag gingen in ganz Spanien Gegner und Unterstützer der Separatisten auf die Straßen. In Madrid versammelten sich Tausende von Menschen vor dem Rathaus der Hauptstadt, um gegen die Abstimmung zu protestieren. Die Demonstranten forderten, dass Puigdemont festgenommen wird. Sie skandierten unter anderem: „Separatisten, Terroristen!“ und „Viva España!“. Zum Protest vor dem Rathaus rief die rechtskonservative „Stiftung zum Schutz der Spanischen Nation“ (DENAES) auf.

Größere Demonstrationen erwartet

Was am Wahltag geschehen wird, wagt derweil niemand vorherzusagen. Unter Berücksichtigung der Störungsaktionen aus Madrid würde die Abgabe von einer Million Stimmen „einen überragenden Erfolg“ darstellen, sagte am Samstag Jordi Sánchez, der Präsident der separatistischen Organisation „Katalanische National-Versammlung“ (ANC). Bei einem Sieg des „Ja“-Lagers will Barcelona schon in den Tagen nach der Abstimmung die Unabhängigkeit von Spanien ausrufen.

Die Gegner der Separatisten wollen nicht an der Abstimmung teilnehmen. Erwartet werden größere Demonstrationen. Ob und wann ein Ergebnis verkündet wird, war am Samstag weiterhin unklar.

Die Zahl der Befürworter einer Abspaltung Kataloniens von Spanien lag in den vergangenen Jahren zwischen knapp 40 und 50 Prozent. Schon seit 2012 finden immer wieder Massendemonstrationen der Separatisten statt. Kundgebungen der Gegner des Referendums und der Unabhängigkeit gab es in Barcelona allerdings kaum.

BillieTH
1. Oktober 2017 - 13.06

la police qui tire sur sur les participants au referendum. l'Espagne n'a plus sa place ds l'Union Europeene. la silence de Mr Juncker er Asselborn est honteux.

Jeannosch
1. Oktober 2017 - 10.13

Wer ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzwingt, Spanien über Jahrzehnte dem katalonischen Volke seine Herrschaft auferzwungen hat, braucht sich nicht zu wundern, wenn diese Situation aus dem Ruder läuft.Wenn Spanier die Bestrebungen eines Volkes ,seine kulturellen Identität wiederzuerlangen mit Slogans wie Separisten gleich Terroristen skandiert, spricht einem Volke das Recht auf Selbstbestimmung, Eigenständigkeit ab ,setzt sich gleich der Ideologien ehemaliger Diktatoren.

Serenissima
1. Oktober 2017 - 9.18

Die Katalanen habe das Recht gegebenenfalls eine Staat für sich selbst zu fordern, die Zentralregierung in Madrid will regieren wie der Diktator Franco, der das Katalanische Volk unterdrückt hatte jahrzehnte lang, und wir als Luxemburger sollten jedes Volk unterstützen wenn es mittels Referendum sein Eigenstaatlichkeit bestimmen will, egal was jetzt wieder Herr Asselborn sagen sollte, im Kosovo haben wir ja auch für ein Referendum plädiert....