Jempy Drucker hat genug von den breiten Straßen

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Während es bislang in Dubai und Oman für Jempy Drucker vor allem darum ging, wieder in den Rennrhythmus zu finden, beginnt am Wochenende für den BMC-Profi wieder die schönste Zeit der Saison. Endlich kann er wieder über die flämischen „Kasseien“ rollen. Am Samstag steht der Omloop Het Nieuwsblad und am Sonntag Kuurne-Brüssel-Kuurne an.

Man merkt Jempy Drucker die Vorfreude richtig an. Der „coureur luxembourgeois le plus flandrien“, wie ihn die Kollegen vom Le Quotidien ihn vor einigen Jahren getauft haben, fühlt sich halt auf den schmalen, gepflasterten belgischen Straßen am wohlsten.
Im Tageblatt-Interview spricht der 31-jährige Familienvater über die anstehenden Rennen, sein BMC-Team und was er sich von seinem Giro-Debüt erhofft.

Tageblatt: Am Wochenende geht es mit den ersten Rennen in Belgien los. Wie groß ist die Vorfreude?
Jempy Drucker: Die ist schon sehr groß. Endlich wieder Kopfsteinpflaster unter den Rädern. Von den breiten Straßen in Dubai und Oman hatte ich jetzt genug. Nun geht es wieder auf schmale Feldwege. (lacht)

Du hast Dubai und Oman angesprochen. War der Temperaturschock bei deiner Rückkehr nach Luxemburg nicht zu extrem?
Knapp 40 Grad Unterschied sind schon eine Menge. Ich bin froh, wieder bei Kälte fahren zu können. Die Temperaturen im Oman und in Dubai waren mir zu hoch. Das Wetter hier in Luxemburg kommt mir eher entgegen. Außerdem war ich jetzt gut zwei Wochen unterwegs und freue mich, wieder zu Hause zu sein.

Im Winter bist du Vater geworden. Seitdem fällt es dir sicherlich noch schwerer, zu den Rennen zu reisen.
Definitiv. Man genießt jeden Moment, den man mit der Familie verbringen kann. Deshalb bin ich auch froh, erst morgen (heute, d.Red.) nach Belgien zu reisen. Wir haben uns die Strecke nämlich schon im Januar zwischen den Trainingslagern angesehen.

Kommen wir noch mal auf deine ersten Saisonrennen zurück. Wie zufrieden bist du mit deiner Leistung bei der Dubai-Tour und der Oman-Rundfahrt?
Mit meiner Leistung bei der Dubai-Tour war ich ganz zufrieden. Auch die ersten Tage der Oman-Rundfahrt waren in Ordnung. Anschließend hatte ich mit den hohen Temperaturen zu kämpfen und deshalb musste ich dann auch aussteigen. Aber ich hoffe, dass es wirklich nur an der Hitze lag und die Form weiterhin stimmt.

Waren die beiden Rennen eine erste Standortbestimmung?
Ja und nein. Natürlich konnte man sich testen und sehen, wie es um die Form steht. Dennoch geht jetzt wieder alles bei null los. Jetzt beginnen die wichtigen Rennen. Diese Wettkämpfe, die nun anstehen, haben nicht viel mit den Rennen in Dubai oder Oman zu tun.

Ist es für einen Profi denn eine so große Umstellung von den breiten Straßen in Dubai auf die Kopfsteinpflaster in Flandern?
Eigentlich nicht, denn man weiß ja, was einen erwartet. Es ist eher, als ob man einen Hebel im Kopf umlegen würde, um nun auf die kleinen, schmalen Straßen umzusteigen.

Im BMC-Team gab es ein paar Änderungen, die auch das Klassiker-Team betreffen. Wie stellt man sich auf die neuen Teamkollegen ein?
Es dauert wohl ein wenig, bis die Automatismen zu 100 Prozent greifen, aber das ist eigentlich kein großes Problem. Wir haben uns schließlich schon im Trainingslager getroffen und man kennt sich ja auch aus dem Peloton. Nach einer kurzen Findungsphase ist man normalerweise für die Rennen aufeinander eingestellt.

Wie schätzt du euer Team diese Saison ein?
Ich glaube, dass wir wieder eine Hauptrolle bei den Klassikern spielen werden. Greg (van Avermaet) hat bei der Oman-Rundfahrt einen starken Eindruck hinterlassen. Vor allem die Art, wie er die Etappe gewann, war schon beeindruckend. Mit dem Belgier Jurgen Roelandts haben wir zudem einen weiteren endschnellen Mann im Team. Er wird den Weggang von Daniel Oss kompensieren. Während Oss ein 100-prozentiger „Equipier“ ist, kann Roelandts auch aus einer kleinen Gruppe heraus einen Sprint gewinnen. Mit ihm können wir definitiv eine weitere Karte ausspielen.

Du gehörst mittlerweile zum harten Kern des BMC-Teams. Wie sieht deine Rolle dieses Jahr aus?
Eigentlich ähnlich wie in den Jahren zuvor. Ich gehe davon aus, dass ich bis ins Finale gebraucht werde, um Greg zu unterstützen.

Wie siehst du persönlich die Rennen vom Wochenende? Wirst du die Möglichkeit erhalten, auf ein eigenes Resultat zu fahren?
Mein eigenes Abschneiden am Wochenende ist eher zweitrangig. In den letzten beiden Jahren ist es vor allem beim Het Nieuwsblad für mich persönlich nicht optimal gelaufen (2017 34., 2016 ausgeschieden, d.Red.) und Greg (van Avermaet) hat beide Rennen gewonnen. Damit kann ich gut leben (lacht). Mal im ernst, am Samstag ist es klar, dass wir für Greg fahren werden. Kuurne-Brüssel-Kuurne am Sonntag entscheidet sich oft im Sprint. Wenn ich also eine Chance auf ein Resultat haben, dann eher am Sonntag. Aber es hängt alles vom Rennverlauf ab und wir haben jetzt ja auch Jurgen Roelandts für den Sprint. Mal sehen, wie die Rennen verlaufen werden.

Diese Saison wirst du den Giro ein erstes Mal fahren. Was erwartest du für diese Rundfahrt?
Ich bin gespannt, zu sehen, wie es ist, gleich nach der Klassiker-Kampagne eine große Rundfahrt zu bestreiten. Bislang bin ich von den drei großen Landesrundfahrten nur die Vuelta gefahren und kam jedes Mal mit einer guten Form aus dem Rennen heraus. Allerdings war dies immer am Ende der Saison. Ich hoffe, dass ich ähnlich gestärkt aus dem Giro komme und für die zweite Saisonhälfte von dieser Form profitieren kann.

So wie deine Teamkollegen Silvan Dillier (mittlerweile bei Ag2r – La Mondiale) und Dylan Teuns im vergangenen Jahr?
Sie haben gezeigt, dass man gut aus dem Giro kommen kann. Silvan hatte sogar eine Etappe bei der Italien-Rundfahrt gewonnen. Anschließend siegte er im Juni bei der Route du Sud und wurde Schweizer Meister. Dylan hat nach dem Giro ebenfalls einen sehr starken Sommer hingelegt. Im Juli und August siegte er bei der Tour de Wallonie, der Polen-Rundfahrt und dem Arctic Race of Norway. Der Giro kann der Grundstein zu einer erfolgreichen zweiten Saisonhälfte sein, Wäre schön, wenn das in meinem Fall auch zutreffen würde.