Italien: Ärger um Lebenslauf von Premier-Kandidat

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Ein riesiger Schuldenberg und zwei Parteien, die Mehrausgaben planen. Das Szenario für Italien sorgt seit Tagen für Unruhe. Jetzt kommt eine brisante Personalie hinzu – und Ärger um den Lebenslauf des möglichen künftigen Premierministers.

Er ist noch gar nicht im Amt, da kommen schon Zweifel auf: Der Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten in einer populistischen Regierung in Italien sieht sich Vorwürfen über Ungereimtheiten in seinem Lebenslauf ausgesetzt. Der Jurist Giuseppe Conte hatte darin renommierte Universitäten auf der ganzen Welt aufgelistet, darunter auch die New York University (NYU). Eine NYU-Sprecherin sagte der New York Times allerdings, ein Giuseppe Conte sei dort weder Student noch Angehöriger einer Fakultät gewesen.

Die Fünf Sterne stellten daraufhin am Dienstag klar: Conte habe an keiner Stelle geschrieben, Kurse oder Master an der Universität absolviert zu haben. Er habe lediglich sein Studium der Rechtswissenschaften „perfektioniert und aufgefrischt“. Die Anti-Establishment-Bewegung und die Lega hatten am Montagabend Conte als Wunschkandidat bekannt gegeben.

Bedenken im Präsidentenpalast

Es wird erwartet, dass Staatspräsident Sergio Mattarella dem 53-jährigen Polit-Quereinsteiger nun den Regierungsauftrag erteilt. Dazu will er allerdings noch Bedenken aus dem Weg räumen, wie aus dem Präsidentenpalast verlautete. Vor Mittwoch wurde keine Entscheidung erwartet. Mattarella traf am Dienstag die Präsidenten der beiden Parlamentskammern zu Beratungen.

Die Pläne der zwei Parteien, vom Sparkurs gemäß der EU-Vorgaben abzurücken und milliardenschwere Vorhaben wie Steuersenkungen durchzusetzen, sorgen angesichts der hohen Staatsverschuldung Italiens europaweit für Unruhe. Streitpunkt ist auch die Besetzung des Wirtschafts- und Finanzministeriums – ein Schlüsselposten.

Savona als Wirtschafts- oder Finanzminister?

Denn als möglicher Kandidat wird der Euro- und Deutschland-Kritiker Paolo Savona gehandelt. Der Wirtschaftswissenschaftler soll der Wunschkandidat der Lega sein. Der 1936 geborene Savona hält den Euro für ein „deutsches Gefängnis“. Die Zeitung La Stampa zitierte weiter aus seiner Autobiografie: „Deutschland hat seine Vision für seine Rolle in Europa nach dem Nationalsozialismus nicht geändert, obwohl es sich von der Vorstellung verabschiedet hat, dies mit Waffengewalt durchzusetzen“. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass der Staatspräsident einen Kandidaten wie Savona für das zentrale Ministerium durchgehen lässt.

Die Zeit drängt. Italien braucht dringend politische Stabilität. Die Wahl am 4. März war ohne klaren Sieger ausgegangen. Nach wochenlangen Verhandlungen rauften sich die Lega – einstige Separatisten-Partei aus dem Norden Italiens – und die als Anti-Establishment-Bewegung groß gewordenen Sterne schließlich zusammen.