Investor Alex Poullig kritisiert Baupolitik in Esch: „Der Stadtarchitekt hat zu viel Macht“

Investor Alex Poullig kritisiert Baupolitik in Esch: „Der Stadtarchitekt hat zu viel Macht“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Investor sorgt dafür, dass das Ariston und andere historische Gebäude in Esch unter Denkmalschutz gestellt werden. Als Altruist sieht er sich nicht, aber er hat das wirtschaftliche Potenzial der Studentenstadt erkannt und will es nutzen. Unterstützung von der Stadt Esch erhält Alex Poullig nicht. Darüber ist er wütend und enttäuscht.

Trotz der Eröffnung der Uni auf Belval vor vier Jahren verliert die Stadt Esch immer weiter an Attraktivität. Der erhoffte Aufschwung durch die Studenten, Forscher und Professoren bleibt zumindest im Stadtzentrum aus. Dabei gebe es genug Investoren, die Interesse an der einstigen Minettemetropole hätten, sagt Bauunternehmer Alex Poullig, der gemeinsam mit Marianne Putz die Immobilienfirma „Lexmar sàrl“ betreibt.

Seit über fünf Jahren investiert der Sohn des letzten luxemburgischen Kinoplakatmalers Josy Poullig in die Stadt Esch. In der rue de Belval hat er den Standort des Bio-Supermarkts Naturata gebaut sowie eine Kindertagesstätte, die vom Escher CIGL verwaltet wird. In der Alzettestraße, wo er mehrere Häuser besitzt, hat er das traditionsreiche „Hôtel de la Poste“ gekauft, saniert und damit vor dem Verfall gerettet.

LINK
Lesen Sie zum Thema auch unseren Kommentar

Alex Poullig hat aber noch andere Projekte in Esch. Er will das Ariston kaufen. Und erhalten. Nachdem die Stadt Ende November verkündet hatte, sie habe kein Interesse mehr an dem Gebäude, kam mit Michel Reckinger noch ein anderer Investor ins Spiel. Doch dessen Entwurf sieht den Abriss des Traditionsgebäudes und einen Neubau vor.

Als Poullig davon hörte, hat er vor einigen Wochen einen Antrag beim Kulturministerium eingereicht, um das Ariston schützen zu lassen. Mitsamt der Grenzer Kirche. „Ich kann nicht verstehen, dass die Gemeinde sich die Chance entgehen lässt, dort ein Kulturzentrum einzurichten. Das ist doch eine Katastrophe im Hinblick auf die Europäische Kulturhauptstadt“, sagt der 57-Jährige.

Sam Tanson ist „beeindruckt“

Die nationale Denkmalschutzkommission hat kürzlich ein positives Gutachten zum Klassierungsantrag abgegeben. Die Stadt Esch will sich Tageblatt-Informationen zufolge dagegen aussprechen. Doch ihr Gutachten ist nicht bindend. Kulturministerin Sam Tanson („déi gréng“) erklärte auf Nachfrage, dass das Gebäude sie bei einer rezenten Visite „beeindruckt“ habe. Es sei noch imposanter, als sie es in Erinnerung gehabt habe. Sie wird letztendlich darüber entscheiden, ob sie dem Regierungsrat den Antrag zum Denkmalschutz vorlegen wird.

Eine Entscheidungshilfe könnte die Neuauflage der Petition von Paulo Lobo und Adolf El Assal sein. Poullig hatte sie vor einigen Wochen gebeten, ihre Unterschriftensammlung von 2016 zu wiederholen, um ihn zu unterstützen. Über 1.100 Personen haben bereits unterzeichnet.

Die „Oeuvres paroissiales Sacré-Coeur“, die Besitzer des Ariston, befürchten, dass Poullig mit seinen Aktionen den Preis des Gebäudes drücken will. „Natürlich will ich den Preis drücken. Ich frage mich nur, wieso die Stadt Esch nicht auf die Idee gekommen ist, das Gebäude zu schützen. Dann hätten sie es auch vielleicht billiger bekommen“, entgegnet der Investor. Die sechs Millionen Euro, die die Stadt für den Umbau berechnet hat, bezeichnet Poullig als „lächerlich“. Das Ariston müsse nur gereinigt und instand gesetzt werden, um es nutzen zu können.

Alex Poullig ist kein klassischer „promoteur“. Er habe Spaß an außergewöhnlichen Projekten. Ideen hat er auch schon. Eine Tagesstätte für Senioren zum Beispiel. Damit die Einnahmen garantiert sind, auf die er als Privatinvestor angewiesen sei. Das Kino würde er erhalten. Der junge Filmemacher Adolf El Assal könnte sich vorstellen, es mit seiner Produktionsfirma zu betreiben und Festivals dort zu organisieren. Er hat gute Kontakte in der Filmbranche und sieht großes Potenzial im Ariston.

Doch Poullig zögert. Das Kulturministerium habe ihm zwar Hilfe zugesagt, doch ohne die Unterstützung der Stadt Esch sei das Ganze nicht machbar. Und die sei zu negativ eingestellt. Poullig befürchtet, dass er die notwendigen Genehmigungen der Kommune für die Umbauarbeiten nicht bekommen wird.

Grund für seine Angst seien negative Erfahrungen mit der Gemeindeverwaltung. Dort gebe es Mitarbeiter, die Investoren willkürlich Steine in den Weg legten, erzählt Poullig. Vor einigen Jahren hat er im „Dieswee“ ein historisches Haus an der ehemaligen Hüttenbahnlinie gekauft, in dem er im Hinblick auf die Europäische Kulturhauptstadt 2022 ein Kunstmuseum einrichten wollte.

Auch dieses Haus ließ er unter Denkmalschutz stellen. Unter dem Haus verläuft ein Tunnel, der von der Brache Esch-Schifflingen über „Terre-Rouge“ bis nach Audun-le-Tiche führt. In dem Tunnel wollte er eine Kunstgalerie unterbringen. Doch der Tunnel gehört ArcelorMittal.
Mit der ehemaligen Bürgermeisterin Vera Spautz (LSAP) sei er sich eigentlich schon einig gewesen. Doch nach dem politischen Wechsel in Esch sei das Projekt nicht mehr vorangekommen. Der neue Bürgermeister Georges Mischo (CSV) sei am Anfang nicht dagegen gewesen, doch er habe verlangt, dass Poullig selber Kontakt zu ArcelorMittal aufnehme, um über die Nutzung des Tunnels zu verhandeln. „Dafür bin ich aber zu klein, ich habe nicht genug Kontakte. Ich fühlte mich von der Gemeinde alleine gelassen“, bedauert der Investor.

Deshalb habe er eine andere Nutzung des Hauses vorgesehen und wollte es nach der Renovierung an eine Treuhandgesellschaft („fiduciaire“) vermieten. Doch auch daraus wurde nichts. „Sie lassen mich seit fast anderthalb Jahren hängen. So lange warte ich schon auf eine Baugenehmigung“, klagt der Unternehmer. Das Haus im „Dieswee“ steht seit Jahren leer.

„Unwahrscheinlich viel Potenzial“

Probleme mit der Baugenehmigung gebe es auch in dem Haus, das Poullig in der Alzettestraße an die Vinothek Drupi’s vermietet hat. Er habe so langsam die Nase voll von Esch, meint der Investor. Als Hauptschuldigen für den Stillstand macht er den Stadtarchitekten Luc Everling aus. Everling sei eine „Bremse“. Jeder könne die Bautenreglements lesen, doch er sei der Einzige, der sie interpretieren dürfe, heiße es in Architekten- und Investorenkreisen, sagt Poullig. Im Bereich der „travaux municipaux“ müsse eine neue Struktur aufgebaut werden, die der Stadt Esch gerecht werde.
In Esch ist diese Feststellung längst ein offenes Geheimnis. Öffentlich spricht niemand darüber, doch hinter vorgehaltener Hand steht Everling in der Kritik. Auch in politischen Kreisen.

Der Stadtarchitekt habe zu viel Macht, meint Poullig. Gleichzeitig sei die Politik zu schwach, um ihm Grenzen zu setzen. Obwohl das eigentlich ihre Aufgabe wäre. Auch deshalb brauche Esch einen Bürgermeister in Vollzeit. Seit Mischo Abgeordneter ist, habe er kaum noch Zeit für Esch, moniert Poullig. Mischo selbst, der zurzeit im Ausland weilt, wollte sich auf Nachfrage nicht zu den Vorwürfen äußern.

Für Esch sei das alles schade, denn die Stadt verfüge über fantastische Gebäude. „Viele Private wollen investieren, doch die Gemeinde ist negativ eingestellt und macht Probleme. Sie trifft Entscheidungen, die nicht nachvollziehbar sind“, kritisiert der Investor die seiner Ansicht nach „inkohärente Stadtpolitik“.

Als Beispiele nennt Poullig die plötzliche Rückkehr des Hochhauses „Portal Eent“ und die Investition in die „Maison Beaujean“, wo die Stadt kürzlich 280 Quadratmeter Geschäftsfläche und einen Keller für 2,5 Millionen Euro erwarb.
Am 4. März hat er einen Termin, um den Verantwortlichen der Stadt seine Ideen für die Neunutzung des Ariston zu unterbreiten.

„Die Hauptstadt ist am Anschlag. Esch hat unwahrscheinlich viel Potenzial. Die Entwicklung hier ist nicht mehr aufzuhalten. Doch anstatt sie zu steuern, läuft die Politik nur hinterher“, bedauert Poullig.

L.Marx
9. Februar 2019 - 17.23

Den Investor selwer wëll dat den Ariston ënner Denkmalschutz gestalt gët ! Steet am alleréischte Satz vum Artikel !

Laird Glenmore
9. Februar 2019 - 11.33

Wie ich schon des öfteren hier erwähnte gibt die Gemeinde Esch/Alzette lieber Geld für Schrott, unnötige Sachen oder die Randgebiete ( Belval, Lallange usw. ), was in der City passiert hat noch keinen der Volksvertreter so richtig interessiert, sie versuchen alle sich nur ein Denkmal zu setzen damit ihr Name auf einem Straßenschild oder wo auch immer verewigt wird. Denkmalschutz oder Erhaltung ist in Esch/Alzette ein Fremdwort, leider verkommt die Stadt immer mehr, wir haben so viele Gemeindearbeiter aber anständig sauber gemacht wird nicht, es ist angenehmer mit den kleinen stinkenden Dieselbetriebenen Autos durch die Gegend zu fahren. Die Kommunalpolitik hier in Esch/Alzette ist verbesserungswürdig.

Jang
9. Februar 2019 - 8.38

Ett ass nëtt ëmmer ubruecht vir all Gebei önner Denkmalschutz ze setzen,do soll een mol kucken wéi dann déi Baustruktur ausgeseit, Sites et Monuments iwerdreiwen leider munchmol, vielleicht ass ëtt och Unkompetenz vun verschidde Leit?