In der Todeszone: Der Aufstieg zum Mount Everest als Konsumprodukt der Juxgesellschaft

In der Todeszone: Der Aufstieg zum Mount Everest als Konsumprodukt der Juxgesellschaft

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Während gestern fünf vermisste Bergsteiger in der Nanda-Devi-Region tot aufgefunden wurden, sorgte der Mount Everest vergangene Woche für Negativschlagzeilen. Elf Tote beklagt man 2019 auf dem Dach der Welt, womit der „Bodycount“ inzwischen bei über 300 Menschen liegt, die beim Versuch, den 8.848 Meter hohen Gipfel zu erstürmen, ihr Leben ließen.

Selbst schuld möchte man sagen, denn das Szenario wiederholt sich jedes Jahr aufs Neue. Als „Treffpunkt der modernen Juxgesellschaft“ bezeichnete Reinhold Messner den Berg, den er 1978 als erster Mensch ohne Sauerstoffgerät bezwang. Es sind die grotesken Auswüchse des Abenteuertourismus, der im Fall Everest mit Massentourismus gleichgesetzt werden kann.

Jedenfalls glauben immer mehr Menschen, auf dem höchsten Berg der Welt stehen zu müssen. Warum? Dummheit und Selbstüberschätzung sind das eine, die Suche nach immer größeren Herausforderungen bzw. Nervenkitzeln das andere. Letzten Endes dürften auch kommerzielle Aspekte eine Rolle spielen. Aus der Besteigung des höchsten Bergs der Welt lässt sich Kapital schlagen. Das Abenteuer Everest ist wie geschaffen für eine Vermarktung in Form von Büchern oder Vorträgen und zudem ein prima Sprungbrett für eine politische Karriere, wie im Falle des ersten Luxemburgers auf dem Gipfel, dem heutigen DP-Fraktionschef Eugène Berger.

Auch für das bitterarme Nepal ist der Mount Everest ein lukratives Geschäft. Ca. 10.000 Euro Gipfelgebühr muss der Bergsteiger auf den Tisch legen. Insgesamt kostet das Abenteuer Everest zwischen 30.000 und 90.000 Euro. Das macht den Berg zu einem gewaltigen Wirtschaftsfaktor für den Nepal. Kein Wunder demnach, dass in diesem Jahr mit 281 Aufstiegsgenehmigungen ein neuer Rekord aufgestellt wurde. Da es bis heute keinen Leistungs- oder Qualifikationstest für die Gipfelstürmer gibt und das durch die klimatischen Bedingungen definierte Zeitfenster zum Aufstieg äußerst klein ist, sorgen die Bergtouristen regelmäßig für lebensbedrohliche Staus in der Todeszone.

„We finally knocked the bastard off“ (Wir haben den Bastard letztlich bezwungen), sagte Edmund Hillary unmittelbar nach der Erstbesteigung mit Tenzing Norgay. Das Echo in den Medien war 1953 gewaltig, nachdem der höchste Berg der Welt endlich bezwungen war. Die Evening News titelte: „Verbissene Zähigkeit besiegt Everest. Er wird nie wieder erstiegen werden.“ Die Zeitung irrte gewaltig, denn seitdem haben es über 5.000 Menschen auf den Gipfel geschafft.

Viel zu viele für den Berg, der nicht nur von Leichen, sondern auch von Müll übersät ist. Hätten Hillary und Norgay geahnt, welche Auswüchse der Everest-Abenteuertourismus 66 Jahre nach ihrer großen Leistung angenommen hat, sie wären wohl umgekehrt. Der Bastard wäre Bastard geblieben und nicht zum Konsumprodukt der Juxgesellschaft mutiert.

Laird Glenmore
8. Juni 2019 - 8.37

den Nagel auf den Kopf getroffen, je höher man krabbelt je tiefer fällt man.

de Schmatt
7. Juni 2019 - 18.42

Hochmut kommt vor dem Fall!

Nëckel
7. Juni 2019 - 11.34

Wie viele Menschen bringen sich heutzutage bei "Selfies" um ? Und wir glauben immer noch, das intelligenteste Wesen zu sein.

Laird Glenmore
5. Juni 2019 - 19.38

alles nur Geld und Presse geile Menschen, die ohne diesem Wahnsinn wahrscheinlich überhaupt nicht beachtet werden würden, wie damals die kleine 15 jährige Holländerin als alleinige Weltumseglerin was vor Gericht durchgesetzt wurde, da fragt man sich doch wer ist dümmer die Eltern oder der Richter der seinen Segen dazu gab. Dann lieber ein paar Greta Thunbergs da haben dann alle was von und keiner kommt zu Tode.

de Schéifermisch
5. Juni 2019 - 14.56

1953 war die Erstbesteigung des Mount Everest durch den Neuseeländer Hillary und seinen nepalesischen Sherpas Tensing, ohne Sauerstoff und sonstige technische Hilfsmittel, eine gewaltige sportliche Leistung, die ihresgleichen sucht. Niemand konnte zu dem Zeitpunkt vorhersehen, dass sich im Laufe der Jahrzehnte der Aufstieg zum höchsten Gipfel der Welt zu einem Konsumprodukt unserer Juxgesellschaft entwickeln könnte und würde. Früher war der Marathonlauf ein sportliches Ereignis besonderer Art,an das sich kaum ein durchtrainierter Langläufer heranwagte. Heute ist er nicht nur ein Volkslauf sondern obendrein auch noch zu einer Art Kavalkade mutiert, bei der nicht die Leistung im Vordergrund steht sondern das Mitmachen und wenn man 8 Stunden unterwegs ist. Hauptsache man ist dabei.

Hp
5. Juni 2019 - 13.27

bei denen die unbedingt dazu gehören möchten. Das stimmt wir nannten das Konformismus das es so extrem enden würde dachten wir damals nicht im Gegenteil es wurde belächelt...……..Sollen sie doch solange nicht andere darunter leiden müssen und sie nicht als Vorbild vermarktet werden …….Es würde in der heutigen Zeit mehr bringen über den Wahnsinn nicht zu berichten um keine Neuzeithelden zu erschaffen und Nachahmer davon abringen dasselbe zu tun. Stoppen wir die Vermarktung der Dummheit.

johngoe
4. Juni 2019 - 19.59

"Das Echo in den Medien war 1953 gewaltig" schreibt Herr Philip Michel. Vielleicht liegt ja gerade hier der Hund begraben. Herr Hillary und andere nachfolgende Extremabenteurer wären - meiner Meinung nach - keineswegs umgekehrt ob des Bewusstseins der gesellschaftlichen Folgen. Solche Leute werden angestachelt, bezahlt und hochgelobt von den Medien und der Tourismusindustrie. Was danach kommt? Wen juxt's?

de Prolet
4. Juni 2019 - 16.55

Wenn immer mehr glauben und davon überzeugt sind, sie wären zu allem fähig, Geld haben um sich solche Extravaganzen zu leisten, dann mündet diese Einstellung unweigerlich im Wahn und artet in Lächerlichkeit aus. Das obige Foto ist eine Karikatur, ein Zerrbild von der Mentalität wie sie in der Jetsetgesellschaft oder bei denen, die unbedingt dazu gehören möchten, vorherrscht. Absolut verrückt und absurd. Von Sport nicht die Spur!