Großbritannien will „temporäre Zollunion“

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Großbritannien hat für die Zeit nach dem Brexit eine zeitlich begrenzte Zollunion vorgeschlagen. „Unser Ziel ist es, einen so reibungslosen Handel mit der EU wie möglich zu gewährleisten“, teilte das Brexit-Ministerium in London am Dienstag mit. In der Übergangszeit will London demnach die Handelsbeziehungen weltweit neu regeln und Unternehmen den Übergang erleichtern. Die EU-Kommission begrüßte, dass London seine Position präzisiere, verwies aber auf den Vorrang der „Scheidungsthemen“ vor Regelungen für die Zeit nach dem Brexit.

Es sei im beiderseitigen Interesse, die Handelsbeziehungen „ohne Brüche“ zu gestalten, sagte Brexit-Minister David Davis der BBC. Es sei „sinnvoller“, eine „kurze Periode“ zu vereinbaren, in der die „geltenden Vereinbarungen beibehalten werden“. Als Zeitraum für die „temporäre Zollunion“ nannte Davis eine Größenordnung von „in etwa zwei Jahren“. In diesem Zeitraum wolle London dann die Neuverhandlungen zu Zollabkommen führen, die durch den EU-Austritt erforderlich werden.

„Menschen, Geld und Irland“

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier erinnerte in einer Twitter-Kurzmitteilung daran, dass aus Sicht der EU die Klärung der drei wichtigsten „Scheidungsthemen“ vordringlich sei. Sie laufen unter dem Kurzmotto „Menschen, Geld und Irland“: „Menschen“ steht dabei für den zukünftigen Status von mehreren Millionen EU-Bürgern in Großbritannien und Briten in der EU, „Geld“ für die von Großbritannien erwarteten Milliarden-Zahlungen vor dem Brexit und „Irland“ für die zukünftige Gestaltung der Grenze zwischen Nordirland und Irland. „Je schneller das Vereinigte Königreich und die EU der 27 eine Einigung über die Menschen, die Abrechnung und über Irland erzielen, desto schneller können wir über Zölle und die künftigen Beziehungen reden“, twitterte Barnier.

Die Brexit-Verhandlungen sollen nach dem derzeitigen Planungsstand bis März 2019 abgeschlossen sein. Der Verband der britischen Industrie (CBI) nannte den Vorschlag für die „temporäre Zollunion“ „ermutigend“. Die Zeit laufe unerbittlich ab, daher benötigten die Unternehmen „Vertrauen, um so schnell wie möglich weiter zu investieren“, sagte CBI-Vize-Chef Josh Hardie. Der oppositionelle Labour-Abgeordnete Chris Leslie bezeichnete den Vorschlag des Brexit-Ministers als einen „frommen Wunsch“.

„Fantasterei“

Der belgische EU-Parlamentarier Guy Verhofstadt nannte es eine „Fantasterei“, wenn Großbritannien gleichzeitig in- und außerhalb der Zollunion sein wolle. Die EU-Kommission nehme den Vorschlag des Brexit-Ministers „zur Kenntnis“, sagte ein Sprecher der Kommission. Dieses Thema könne jedoch erst „angesprochen werden“, wenn es „hinreichend große Fortschritte“ bei den Verhandlungen über den Brexit gegeben habe.

Ein Abkommen über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien könne erst fertiggestellt werden, wenn Großbritannien den Status eines „Drittstaats“ angenommen habe. Die Veröffentlichung präziserer Vorstellungen Londons sei eine „positive Etappe“, erklärte die Kommission weiter. Damit werde es möglich, „wirklich in die erste Phase der Verhandlungen einzutreten“. Die Regierung in London stellte für Mittwoch in Aussicht, ihre Position zur Grenzregelung zwischen Irland und Nordirland zu erläutern. Die nächste Runde der Brexit-Verhandlungen ist für den 28. August geplant.