GroKo will mehr Europa – und mehr dafür bezahlen

GroKo will mehr Europa – und mehr dafür bezahlen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Union und SPD haben ihre Pläne für die Europäische Union symbolträchtig an den Anfang ihrer Sondierungsergebnisse gestellt. Vor allem ein Signal aus Berlin dürfte die EU-Partner aufhorchen lassen.

Die Deutschen sollen mehr an Brüssel zahlen – und dafür eine stärkere, effizientere Europäische Union und einen krisenfesteren Euro bekommen. Das ist der Kern dessen, was sich Union und SPD in ihrer Sondierung für Europa vorgenommen haben. Das sei ein „großer Wurf“, sagt SPD-Chef Martin Schulz.

Darüber wird man sicher noch streiten. Von Schulz‘ Vision der „Vereinigten Staaten von Europa“ ist im Ergebnispapier jedenfalls nichts zu sehen. Vielmehr bewegen sich die Vorschläge ziemlich mittig in der bereits laufenden europäischen Reformdebatte. Aber zumindest wird nun klarer, worauf sich die deutschen Steuerzahler und die EU-Partner – vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron – einstellen können.

Macrons Ideen im deutschen Koalitionsvertrag

Macron hatte im September in einer Rede an der Pariser Sorbonne ein Feuerwerk an Reformvorschlägen abgefeuert, die auf eine Runderneuerung der EU hinauslaufen. Anklänge daran finden sich nun in den Europaplänen der möglichen großen Koalition wieder, die nach Schulz‘ Worten zum größten Teil aus seiner Feder stammen.

Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, soziale Angleichung in der EU, Kampf gegen Steuerdumping, die Absage an Nationalismus, das Bekenntnis zur Verteidigungsunion, eine bessere „Ordnung“ der Flüchtlingspolitik – da herrscht viel Übereinstimmung mit Paris. Es stecke „viel Macron in der GroKo-Vereinbarung“, meint auch der Ökonom Lüder Gerken vom Freiburger Centrum für Europäische Politik.

Wo jedoch Macron in klaren Worten einen europäischen Finanzminister und einen eigenen Haushalt für die Eurozone fordert, bleiben die künftigen GroKo-Partner ziemlich vage. Man befürworte „spezifische Haushaltsmittel für wirtschaftliche Stabilisierung und soziale Konvergenz und für die Unterstützung von Strukturreformen in der Eurozone, die Ausgangspunkt für einen künftigen Investivhaushalt für die Eurozone sein können“, heißt es da in geschliffenem Kompromissdeutsch.

Kommt der Euro-Finanzminister?

Der Hinweis auf einen Eurofinanzminister fehlt – aber nur, weil dessen Funktion noch nicht geklärt sei, beschwichtigte Schulz am Freitagabend im ZDF. „Der europäische Finanzminister wird kommen“, ist er sich sicher. „Die Frage ist: Ist das ein Mitglied der Kommission oder ist das einer, der aus einer nationalen Regierung kommt? Aber die entscheidende Frage ist: Was soll er tun?“

Die drei Seiten zur Europapolitik, prominent am Anfang der Sondierungsergebnisse platziert, können sicher noch nicht alle Fragen beantworten. Über vieles dürfte im Detail noch gestritten werden, zuerst in Berlin, dann zwischen Deutschland und Frankreich, die bis März eine gemeinsame Position zur Reform der Eurozone finden wollen, und schließlich mit den übrigen europäischen Partnern, die möglicherweise im Juni erste Beschlüsse fassen.

Aber ein Signal dürfte in Europa in jedem Fall gut ankommen: „Wir wollen die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann“, heißt es im Ergebnispapier. Und: „Wir sind auch zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit.“ Die EU-Partner wird das beruhigen, beginnt doch gerade das große Schachern um den künftigen EU-Finanzrahmen für die Jahre ab 2020.

Großbritannien fehlt dem EU-Haushalt

Dann fehlt nach dem Brexit nicht nur der Beitragszahler Großbritannien mit netto 12 bis 13 Milliarden Euro. Für neue Aufgaben wie Verteidigung oder die Bekämpfung von Fluchtursachen wird zudem frisches Geld gebraucht. So soll der EU-Haushalt aufgestockt werden, von derzeit 1,0 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung auf 1,1 bis knapp unter 1,2 Prozent. Klingt kleinteilig, steht aber für dicke Brocken: Ein Wert von 1,2 Prozent würde für Deutschland eine Nettobelastung von rund zehn Milliarden Euro pro Jahr bedeuten, rechnete Außenminister Sigmar Gabriel neulich in Brüssel vor.

Viel Geld für Europa – in etwa so viel, zum Beispiel, wie für den Abbau des Solidaritätszuschlags in Deutschland vorgesehen ist. Ob das gerade die GroKo-skeptische SPD begeistert, dürfte der Sonderparteitag nächstes Wochenende zeigen.

„Gut angelegtes Geld“

Ex-Parteichef Gabriel warb schon einmal, für das Friedensprojekt Europa sei das gut angelegtes Geld. In jedem Fall dürfte es helfen, die Gemeinschaft beieinander zu halten. Verstrickt sie sich dagegen in bittere Verteilungskämpfe, dürfte es mit dem Umbau zu einer funktionstüchtigen, engeren und wirtschaftlich stabilen EU nicht weit her sein. Schulz schlägt da den Bogen zu Macron: Dass Deutschland „massiv mehr Beiträge für den EU-Haushalt“ zahlen wolle, sei „Voraussetzung dafür, dass der Herr Macron sein milliardenschweres Programm verwirklichen kann.“

Der französische Präsident reagierte erst einmal unverbindlich freundlich auf die Vorschläge aus Berlin. Noch sei es zu früh für ein endgültiges Urteil, sagte er am Freitag. Kommissionspräsident Juncker, der mit Schulz wie auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel enge Kontakte pflegt, kann indes mit dem Ergebnis offenbar sehr gut leben und pries es mit einer rekordverdächtigen Vielfalt freundlicher Adjektive: „Das ist ein sehr erheblicher, positiver, konstruktiver, zukunftsorientierter, zielführender Beitrag zur europapolitischen Debatte“, sagte der Kommissionspräsident und erklärte sich „vollumfänglich zufrieden“.

J.C. KEMP
14. Januar 2018 - 17.23

Bei dem Anblick des Seeungeheuers aus Bayern läuft es mir kalt den Rücken runter. Rot-Rot-Grün/Gelb, ohne Mutti und besonders ohne CSU, wäre besser für D und für die EU.

Jürgen Gerrhard
14. Januar 2018 - 14.51

Merkel will sich mit der GroKo weitere 4 Jahre Macht erkaufen! Nur darum geht es.

Peter Mutschke
14. Januar 2018 - 10.55

Die Parteien haben sich mit den Groko Sondierungen 4 Jahre Macht 'erkauft.Und was kommt Dann???