Fünf-Sterne-Bewegung lehnt Salvini-Prozess ab – ist aber immer mehr gespalten

Fünf-Sterne-Bewegung lehnt Salvini-Prozess ab – ist aber immer mehr gespalten
Luigi Di Maio (l.) von den M5S und Lega-Chef Matteo Salvini können ihre Koalition nur noch so gerade eben aufrechterhalten

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Mit 59 Prozent hat die Basisbefragung unter der Fünf-Sterne-Bewegung ein Verfahren gegen Innenminister Salvini abgelehnt. Die Regierung scheint damit gerettet, die Bewegung jedoch gespalten.

Von unserem Korrespondenten Wolf H. Wagner, Florenz

Basisdemokratisch wollte sich die Bewegung 5 Sterne (M5S) zeigen und die Mitgliedschaft über die Eröffnung eines Verfahrens gegen Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini abstimmen lassen. Dem Lega-Chef werden von der Staatsanwaltschaft Catania „Menschenraub“, „Erpressung im Zusammenhang mit Festhalten von Geiseln“ sowie „Amtsmissbrauch“ vorgeworfen. Ein Tribunale dei Ministri sollte das Verfahren führen, dazu müssten die Abgeordneten von Parlament und Senat jedoch zunächst die Immunität des Politikers aufheben.

Eine Zustimmung der M5S-Basis hätte eine Krise der ohnehin schon angeschlagenen Koalitionsregierung in Rom ausgelöst. Eingedenk dieses Kalküls haben sich 59 Prozent der Sterne-Mitglieder gegen die Eröffnung des Verfahrens ausgesprochen. Doch immerhin wollten 41 Prozent den Innenminister angeklagt sehen. Für die politische Zukunft von M5S ist der Ausgang des Votums wenig vielversprechend.

Das Abstimmungsergebnis vom Montag hat das Überleben der Regierung zunächst gerettet, vor allem das des Vizepremiers Luigi Di Maio. Dennoch scheint es ein Pyrrhussieg für M5S zu sein: Die einst vom Kabarettisten Beppe Grillo ins Leben gerufene Bürgerbewegung zeigt sich tief gespalten. Während die einen sich hinter die Regierungspolitik stellen, unterstützen die anderen Bürgerbewegungen, die sowohl die Projekte Hochgeschwindigkeitstrasse als auch die Erdölbohrungen vor der apulischen Küste verhindern wollen.

Vor allem diese Opposition ist es, die die Ideale einer gegen die etablierten Parteien gerichteten „Revolution der Grillini“ verraten sieht. Aus diesem Zwiespalt ist die Krise von M5S unabwendbar, wie sich bei den jüngsten Wahlergebnissen in den Abruzzen zeigte. Düstere Aussichten also für die am 26. Mai stattfindenden Europawahlen.

Kritiker der Mitgliederbefragung, wie der Senator Gregorio De Falco – bei der Havarie der „Costa Concordia“ als Hafenkapitän von Livorno bekannt geworden –, erklären die Abstimmung für nicht legitim. Abgeordnete des Parlaments sind der Verfassung und ihrem Gewissen verpflichtet, eine innerparteiliche Abstimmung ist im parlamentarischen Prozess nicht vorgesehen. De Falco erklärte des Weiteren, dass die Fragestellung irreführend sei: Es gehe nicht um eine „Verspätung“ des Ausladens der Flüchtlinge von Bord des Küstenwachschiffes „U.Diciotti“, sondern um ein „Verbot“ seitens des Innenministers.

M5S-Wähler enttäuscht

Überdies sei die online-Plattform Rousseau ein innerparteiliches Ideologieinstrument, eine objektive Kontrolle des Abstimmungsergebnisses sei nicht möglich, so die Kritiker, es könne durchaus im Sinne des Machterhalts manipuliert sein.

Der Gründer und Motor der Bewegung 5 Sterne ist ob der jüngsten Politik Di Maios und dessen Gefolgschaft enttäuscht und verbittert. „Immer habe ich die kritisiert, die an der Macht kleben, nun sind wir es selbst …“, sagte Grillo in seinem jüngsten Programm „Schlaflosigkeit“. Mit seinen „Vaffa“-Tagen wollte sich der Kabarettist von der etablierten Politik lossagen und erhielt dafür vom enttäuschten Wahlvolk eine immense Unterstützung und Zulauf.

Dass die „Grillini“ eine Koalition mit der Lega eingingen, lief Grillos Intentionen schon vorher zuwider. Dass sie nun unbedingt an der Macht festhalten wollen, umso mehr. Aus seiner Abneigung gegen den Lega-Chef macht Beppe Grillo kein Hehl, so in seinem Programm: „Ma, scusate … hätte die Mamma von Salvini an dem entscheidenden Tag damals nicht die Pille nehmen können?“

Wie Grillo denkt auch ein beachtlicher Teil der M5S-Wählerschaft. Die Quittung für das jetzige Lavieren der an der Regierung beteiligten M5S-Politiker wird sich – wie bei der Abruzzen-Wahl – auch in den kommenden Urnengängen zeigen. Die Sterne-Bewegung, so ist zu beobachten, arbeitet an ihrem politischen Untergang.

Siegreich werden die Rechtspopulisten in Italien sein. Bereits am Abend nach der online-Abstimmung der Sterne sah man Salvini triumphieren.