Forschungsfonds: „Wir brauchen einen Masterplan für Belval“

Forschungsfonds: „Wir brauchen einen Masterplan für Belval“

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Der Termin rückt immer näher. Selbst wenn die Politik aktuell eine Pause macht und die Parteien dem Wochenmarkt vorübergehend den Rücken kehren, so bleiben die Wahlen weiterhin aktuell. Das gilt auch für die Uni Luxemburg. Ihre aktuelle Konsolidierung wird von keiner Partei infrage gestellt. Dennoch wünscht sich der Generalsekretär des nationalen Forschungsfonds (FNR), Dr. Marc Schiltz, ein stärkeres Engagement und den Willen, weiterhin in die Zukunft der Forschung zu investieren.

Logo Wahlen 2018

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Luxemburgs Universität ist zwar erst 15 Jahre alt, sie kann aber schon auf eine Reihe von zuständigen Ministern zurückblicken. Aus der Taufe gehoben wurde sie seinerzeit von Erna Hennicot-Schoepges, mit François Biltgen und Martine Hansen blieb das Hochschulwesen in den Händen der CSV. In der aktuellen Bettel-Schneider-Regierung ist Marc Hansen (DP) für Hochschule und Forschung zuständig.

Unser Gesprächspartner, Marc Schiltz, ist Generalsekretär des Forschungsfonds FNR und versteht sich als solcher nicht als Sprachrohr für die ganze Uni Luxemburg, selbst wenn der Fonds eng mit ihr zusammenarbeitet.

Auf die Frage nach einem Wunschkandidaten für das nächste Ministeramt lässt sich der administrative Chef des politisch neutralen und unabhängigen FNR nicht ein. Mit seinen Erwartungen hält er aber nicht hinter dem Berg.

Botschaften an die Politik

Marc Schiltz

„Wir brauchen einen langfristigen, globalen Masterplan über den Ausbau von Belval“, fordert der Wissenschaftler. Marc Schiltz weiß genau, wovon er spricht. Sein Büro ist in der „Maison du savoir“, im Verwaltungsgebäude der Universität, von seinem Fenster aus kann er verfolgen, wie das neue Stadtviertel von Esch wächst und in seiner Tätigkeit allgemein vielfältiger wird. „Es ist kein reiner Universitätscampus“, unterstreicht Schiltz.

Was jetzt passiert, ist Schiltz alles etwas zu bruchstückhaft. Es reiche nicht, jedes neue Gebäude feierlich einzuweihen und herzuzeigen. Belval brauche vielmehr ein Gesamtkonzept, aus dem genau hervorgeht, wie es sich in Zukunft weiterentwickeln soll. Dieses Konzept müsse jedoch von der Regierung kommen. Sie muss den politischen Willen haben, aus dem Standort gewissermaßen eine Vitrine für Forschung und Innovation zu machen.

Könnten die Forschungszentren gemeinsame Sache machen?

Die zweite Botschaft der Forschung an die Politik ist genauso klar. Die strategische Führung der Recherche müsse neu konzipiert werden, fordert Schiltz. Die drei Forschungszentren LIST (Luxembourg Institute of Science and Technology), LIH (Luxembourg Institute of Health) und Liser (Luxembourg Institute of Socio-Economic Research) sind jeweils unabhängige Einheiten, die individuell über ihre jeweiligen Projekte entscheiden können. Das soll auch in Zukunft so bleiben.

Weil sie jedoch, an den internationalen Maßstäben gemessen, verhältnismäßig klein sind, stellt sich die Frage nach einer gemeinsamen Vorgehensweise, die zu einer Gesamtstrategie für die Forschung werden könne. In der Praxis werde bereits zusammengearbeitet. Deshalb sei die Zeit vielleicht gekommen, das auch nach draußen zu dokumentieren, so wie es die OECD bereits nahegelegt hat. „Das wiederum würde helfen, Belval besser zu organisieren“, kommt Schiltz auf seinen ersten Vorschlag zurück.

Kein Geld für private Initiativen

Sein dritter Wunsch an die Regierung betrifft die Finanzierung der Forschung. Sie leide darunter, dass die jeweils zuständigen Ministerien unabhängig voneinander punktuelle Aufträge erteilen können und der von öffentlichen Geldern finanzierte Forschungsfonds keine privaten Initiativen unterstützen darf. „Wir können nur die Projekte der öffentlichen Forschungsinstitutionen zusätzlich bezuschussen, individuelle Projekte wie Start-ups dürfen wir nicht fördern. Um das möglich zu machen, bräuchten wir zusätzliche finanzielle Möglichkeiten. Nur so kann Luxemburg, gemäß dem politischen Willen, zur Start-up-Nation werden“, sagt Schiltz.

Diese Frage habe sich vor zehn Jahren, bei der Organisation der Forschung, noch nicht gestellt. Hier müsse nachgebessert werden, um Forschung und Innovation weiterhin auf einem hohen Stand zu halten.

Die geplante „Ecole de médecine“ spricht Marc Schiltz nicht an, meint aber auf Nachfrage, sie mache für ihn persönlich in den Bereichen Neurologie und Krebsforschung durchaus Sinn, weil in Luxemburg bereits hochwertige Recherchen betrieben würden. Es könne so zu einem wertvollen Brückenschlag zwischen Ausbildung, Spezialisation und Forschung kommen.

Mehr Vorbehalte hat Schiltz über die – politisch bereits beschlossene – medizinische Grundausbildung. Sie sei nicht so einfach aufzubauen und man müsse sich der Frage stellen, ob Luxemburg auf diesem Gebiet mehr oder etwas anderes anbieten könne als das, was auch schon im nahen Ausland gelehrt wird. „Sollten wir uns nicht lieber auf die Forschungsgebiete spezialisieren, in denen wir aktuell schon gut sind, und versuchen, weitere Spezialisten anzuwerben, die Forschung und Praxis miteinander verbinden? Das wäre ein echter Zugewinn.“

Die Antworten kommen nach dem 14. Oktober.

Aus dem Nichts

Mit der Entwicklung der Universität ist auch die Finanzierung der Forschung in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Wurden im Jahr 2000 gerade einmal 23,6 Millionen Euro für die Forschung bereitgestellt, so hat sich diese Summe bis 2017 mit 345 Millionen mehr als verzehnfacht.

So schnell wird das Budget in den nächsten Jahren voraussichtlich nicht mehr steigen. Mit Blick auf die Wahlen hofft die luxemburgische Wissenschaft jedoch, dass auch die künftige Regierung weiterhin in die Forschung investieren will.

Ein Argument in diesem Sinn ist der internationale Vergleich. Die 345 Millionen Forschungsgelder entsprechen rund 0,60% des BIP. Damit liegt Luxemburg leicht unter dem europäischen Durchschnitt von etwa 0,7%.