Forscher weisen nach, wie die Rechten ihren „Informationskrieg“ gegen den UN-Migrationspakt führten

Forscher weisen nach, wie die Rechten ihren „Informationskrieg“ gegen den UN-Migrationspakt führten

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Die Beobachtung war schon gemacht worden. Nun haben Wissenschaftler sie belegt. In einer breiten und offenbar koordinierten Aktion haben Rechtsradikale, Neonazis und Verschwörungstheoretiker im Internet Stimmung gegen den UN-Migrationspakt getrieben.

Die Falschinformationen, die sie gegen das rechtlich nicht bindende Abkommen zum Schutz von Migranten verbreiteten, fanden später zum Teil ihren Weg in offizielle Regierungserklärungen, wie unter anderem der österreichische Standard berichtete.

So geschehen in Österreich, dessen Diplomaten aufgrund des EU-Ratsvorsitzes, das die Alpenrepublik in der zweiten Jahreshälfte 2018 innehatte, maßgeblich an der Ausarbeitung des „Global Compact for Migration“ (Text als PDF in deutsch) beteiligt waren. Wissenschaftler des in London ansässigen „Institute for Strategic Dialogue“ (ISD) und Forscher der Uni Tilburg in den Niederlanden analysierten tausende Aktivitäten von Rechtsextremen, Neonazis und Verschwörungstheoretikern auf Facebook, Twitter und Youtube, immer in Bezug auf den UN-Migrationspakt. Dabei wird ein sprunghafter Anstieg an solchen Postings, Tweets und Videos sichtbar – in den Wochen, bevor Österreichs Kanzler Sebastian Kurz bekannt gab, dass sein Land dem Pakt nicht zustimmen werde.

Besonders auf YouTube

Besonders Youtube trete hier hervor, zitiert das Magazin Politico einen der Forscher. Und hier wiederum vor allem ein Video des Chefs der österreichischen Identitären Bewegung, Martin Sellner, das dieser Mitte September veröffentlichte. Den Höhepunkt an Aktivitäten gab es am 31. Oktober, dem Tag, als Kurz den Ausstieg Österreichs aus dem Pakt verkündete. Zuvor hatte sich dessen Vizekanzler, Heinz-Christian Strache von der rechtsextremen FPÖ, in der Boulevardzeitung Krone ablehnend gegenüber dem Abkommen gezeigt. In typischer Manier teilte Strache daraufhin das Krone-Gespräch auf seiner eigenen Facebook-Seite, woraufhin rechte Medien wie Unzensuriert oder Wochenblick das Thema aufgriffen. Sellner, der Shootingstar unter Europas Rechten, hatte in seinem Video zu einem „Informationskrieg“ aufgerufen.

Ungarn und die USA hatten sich bereits vor den Österreichern von dem Pakt distanziert. Dass Wien dies tat – und dazu noch als EU-Ratsvorsitz-Land –  hat der Stimmung gegen den Pakt aber einen noch größeren Schub verliehen. So sagte Bart de Wever, Chef der flämischen Nationalisten der N-VA, im Dezember gegenüber dem Sender VRT, dass Kurz’ Entscheidung ihn dazu veranlasst habe, den Pakt ebenfalls abzulehnen.

Österreichs Gewicht

Trump und Orban seien nicht unbedingt Politiker, deren Linie er folgen wolle, so De Wever, aber wenn Österreich das mache, als erstes „normales Land“, dann werde auch seine N-VA gegen den Pakt eintreten. In Belgien ist daraufhin die Regierungskoalition zerbrochen, da Premierminister Charles Michel trotz der Ablehnung seines Koalitionspartners nach Marrakesch geflogen war, um den Pakt anzunehmen. Michel sagte in Marokko, er wolle, dass Belgien „auf der richtigen Seite der Geschichte steht“, auch wenn das das Ende seiner Regierung bedeute.

Der Pakt wurde am 10. Dezember in Marrakesch angenommen. Insgesamt 17 Länder verweigerten dies: die USA , Israel, Singapur, Libyen, Algerien, Chile und Australien sowie aus Europa Ungarn, Polen, die Tschechien, Österreich, Austria, Bulgarien, Italien, Lettland, Liechtenstein, Rumänien und die Schweiz. In Luxemburg hatte sich im Vorfeld des UN-Treffens zum Pakt einzig die ADR gegen einen Annahme ausgesprochen. Außenminister Jean Asselborn war für das Großherzogtum zu dem Treffen gereist.

Consti F.
11. Januar 2019 - 16.43

Abwarten lieber "Realist". KTG wird es Ihnen erklären.

Jean Henry
11. Januar 2019 - 14.16

Sie als selbsternannter Realist müssten doch eigentlich wissen das es Nachschlagewerke gibt wo Sie die Bedeutung von politisch rechts nachlesen können. Schauen Sie dort mal unter konservativ oder reaktionär nach.

Realist
11. Januar 2019 - 10.43

Wer sind eigentlich die "Rechten"? Nazis? Konservative? Jeder, der nicht grün wählt, bzw. Herrn Asselborn nicht für einen fähigen Politiker hält ? Wann ist man "rechts"? Wenn man den Global Compact for Migration trotz allem immer noch nicht so toll findet? Und inwiefern ist "rechts" irgendwie schlimmer, menschlich fragwürdiger oder weniger akzeptabel als "links"?

Garde-fou
10. Januar 2019 - 13.38

@Cornichon. Dat ass richteg an wichteg am Aa ze behalen. @Thema: den Pakt usech ass jo, AM VAKUUM, eng gut Initiative. Leider ass awer net alles an engem Vakuum ze kucken, d.h., et ginn Elementer déi an der Gesellschaft do sinn, déi bewirken kinnten dass d'Resultat net gut gëtt (och wann d'Idee gut wor): Mangel un Aarbëscht fir déi Lait déi elo schonn an den respektiven Länner sinn (matt enger Evolution déi wéider an déi Richtung geet) -> wat gëtt dann d'Reaktioun wann nach méi Lait sech an engem Land nidderloossen an den Marché de l'emploi awer net méi grouss gëtt (an déi evtl och nach eng Aarbëscht géifen kréien)?, Empfonnten Steigerung vunn der Kriminalitéit, Virurdeeler, Angst an mangelnden Kontakt vis-à-vis vunn aneren Reliounen oder Kulturen, Frust duerch diverse Ursachen an der Gesellschaft, asw. -> dëst alles kann machen, dass eng economësch an och eng sozial Integratioun herno stark erschwéiert gëtt, an dat ass awer den A an den O fir an dësem Kontext sënnvoll ze schaffen. As dat net den Fall, huet een zwar eng wichteg an sënnvoll 1st Hëllef gemach, deen Moment wou et brennt, mais et huet een awer net à long terme sënnvoll gehandelt. Et huet een den Problem just verwandelt an verlagert. Duerfir sinn ech zwar net fir een verdeiwelen vum Migratiounspakt, mais denken awer och dass net alles Gold as wat glänzt...

Cornichon
10. Januar 2019 - 12.15

Eine öffentliche Debatte zwischen Volk und Entscheidungsträgern wird ja auch immer weniger geführt. Aus Angst vor den Rechten werden die politischen Diskussionen in den EU Gremien in die Hinterzimmer verlagert. Wozu führt das? Zu noch mehr Fehlinformation und zu noch mehr Rechten.