Finanzminister Olaf Scholz will nun doch SPD-Chef werden

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Um 11.40 Uhr schlug am Freitag die sozialdemokratische Bombe via Nachrichtenagenturen ein – und folgender Satz von Olaf Scholz, gesprochen Anfang Juni im TV bei Anne Will, war plötzlich Makulatur: „Ich halte das mit dem Amt eines Bundesministers für Finanzen zeitlich nicht zu schaffen.“ Beides gehe nicht zusammen, um die Aufgaben „ernsthaft“ zu erfüllen. Nun geht es doch.

Von unserem Korrespondenten Hagen Strauß, Berlin

Langer Prozess

Gewählt werden soll die neue Parteiführung auf einem SPD-Parteitag Anfang Dezember. Durch eine Satzungsänderung wollen die Sozialdemokraten eine Doppelspitze ermöglichen. Die Entscheidung soll aber bereits vorher in einer Mitgliederbefragung vom 14. bis zum 25. Oktober fallen.

In der SPD regt sich zunehmend Kritik an dem langen Auswahlverfahren, bei dem sich Interessenten für den Parteivorsitz bis zum 1. September melden müssen.

Genug taktiert. Scholz will für das Amt des SPD-Vorsitzenden antreten. Und Bundesfinanzminister bleiben. Ihnen vermasselte der Kassenwart mit der wohl gezielt gestreuten Ankündigung den Presse-Auftritt: dem SPD-Vize Ralf Stegner und der früheren Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Gesine Schwan. Ebenfalls bereit, Parteichefs zu werden. Und kurz zuvor hatten noch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping ihre gemeinsame Kandidatur für die Nachfolge der Anfang Juni zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles angekündigt.

Die Liste der Anwärter ist somit inzwischen lang: Europa-Staatsminister Michael Roth und die nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christina Kampmann, die Abgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer sowie die Oberbürgermeister Flensburgs und Bautzens, Simone Lange und Alexander Ahrens, wollen ins Rennen gehen. Zudem als Einzelkämpfer der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Robert Maier, und der Ex-Parlamentarier Hans Wallow.

Vizekanzler

Doch Scholz’ Kandidatur stellt vorerst alle anderen in den Schatten. Der Vizekanzler ist der erste bundesweit tatsächlich bekannte, politische Hochkaräter, der auf den Chefsessel der Genossen will. „Ich bin bereit, anzutreten, wenn ihr das wollt“, soll er dem Vernehmen nach am vergangenen Montag in einer Telefonschalte mit den Interimsvorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel gesagt haben. Seine Absicht wurde am Freitag von einer Parteisprecherin auf Nachfrage bestätigt.

Seitdem, so hieß es, sondiere Scholz im Hintergrund und suche nach einer Partnerin, mit der er als Doppelspitze antreten kann. Hinter den Kulissen fiel der Name der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen, bejaht wurde dies aber nicht. Offenbar will Scholz sich erst am kommenden Montag offiziell äußern. Sein Amt als Finanzminister wolle er aber behalten, so SPD-Kreise. Trotz der bereits erwähnten anderen Erklärung. Man darf gespannt sein, wie er diese Kehrtwende erläutern wird.

Riskantes Spiel

Es ist auf alle Fälle ein riskantes Spiel, das Scholz nun wagt. Denn der Minister ist nicht sonderlich beliebt in den eigenen Reihen; als SPD-Generalsekretär und als Parteivize erhielt er stets schlechte Wahlergebnisse auf den Parteitagen – zuletzt bekam er schlappe 59 Prozent. Scheitert er mit seiner Kandidatur, könnte das im schlimmsten Fall sein politisches Aus bedeuten. Bei vielen Genossen kam in der Vergangenheit nicht gut an, dass er sich mit Nahles einen intern harten und mit Andeutungen öffentlich geführten Wettbewerb um die nächste Kanzlerkandidatur lieferte – darauf arbeitet Scholz augenscheinlich hin.

Als Bundesfinanzminister hat er zudem nach Leibeskräften die schwarze Null verteidigt, also den Haushalt ohne neue Schulden. Zahlreiche Sozialdemokraten fordern aber schon länger eine Abkehr von diesem Prinzip, um wichtige Investitionen in die eigenen Projekte vornehmen zu können. Scholz gilt überdies als Technokrat, er ist keiner, der mitreißen und begeistern kann. Vielleicht sein größtes Problem. Das letzte Wort in Sachen Kandidatenreigen ist mit der Bereitschaft des Ministers aber noch nicht gesprochen. Bis zum 1. September läuft die Bewerbungsfrist, da kann sich durchaus noch jemand melden.

Technokrat

Nach wie vor richten sie die Blicke auf die anderen SPD-Ressortchefs im Kabinett. Familienministerin Franziska Giffey hat wegen des Plagiatsvorwurfs hinsichtlich ihrer Doktorarbeit abgewinkt – was Scholz beflügelt haben dürfte, seine Kandidatur zu verkünden.

Hubertus Heil, Arbeit, und Heiko Maas, Außen, galten bisher ebenfalls als „gegebenenfalls“ interessiert. „Zur Not“, wie es unlängst noch einmal aus dem Umfeld von Maas hieß.
Ob tatsächlich einer von ihnen jetzt noch aus der Deckung kommen wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Ins Grübeln gekommen sein dürfte überdies SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, ob er seinen Hut überhaupt noch in den Ring werfen soll.
Bleibt noch Kevin Kühnert. Was er plant, ist bisher unklar. Der forsche Juso-Chef, kein Freund von Olaf Scholz und für manchen in der Partei ein Hoffnungsträger, schwieg am Freitag. Sogar auf Twitter.

Dreyer: „Wir vergeben keine Noten“

Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Samstagsausgabe) von der „ersten ernstzunehmenden Kandidatur“. Demgegenüber machte die kommissarische SPD-Spitze klar, dass sie die Kandidaten nicht bewerten wolle.
Die Interims-Vorsitzende der SPD, Malu Dreyer, will demnach auch keine Empfehlung für die Wahl von Finanzminister Olaf Scholz zum neuen Parteichef abgeben. Es würden viele gute Kandidaten ins Rennen gehen, so die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin im Gespräch mit unserer Redaktion.

Tageblatt: Frau Dreyer, ist Olaf Scholz jetzt der große Favorit für den SPD-Vorsitz?

Malu Dreyer: Ich habe immer gesagt, wir werden viele gute Kandidatinnen und Kandidaten für diese große und auch wunderbare Aufgabe bekommen.

Unterstützen Sie denn die Kandidatur des Finanzministers?

Unsere Mitglieder werden darüber entscheiden, wen der Parteivorstand auf dem Parteitag nominieren wird. Manuela Schwesig, Thorsten Schäfer-Gümbel und ich leiten als kommissarische Vorsitzende das Verfahren. Wir geben keine Wahlempfehlung ab und werden auch keine Noten für Kandidatinnen und Kandidaten vergeben.

Aber Hand aufs Herz – die Kandidatensuche ist doch bislang eher absurd verlaufen, oder?

Wenn wir sagen, dass wir mehr Demokratie wagen wollen bei der personellen Neuaufstellung der Partei, dann stehen wir auch dazu.

Vielleicht ist die SPD einfach nicht mehr wiederzubeleben. Wie sehen Sie das?

Die SPD ist eine stolze Partei, sie hat Verfolgung und Kriege überstanden, staatspolitische Verantwortung für unser Land in schwierigen Zeiten übernommen. Wir haben mehr Mitglieder als jede andere Partei und – das ist vielleicht der wichtigste Grund – wir werden gebraucht. Jetzt haben wir ein Verfahren, um einen neuen Parteivorstand zu besetzen und vielen Beobachtern geht das nicht schnell genug. Ehrlich: Davon lassen wir uns nicht verrückt machen.

 

Jang
18. August 2019 - 7.26

Was für ein Getue in dieser korrupten Politik, sollte mal sich die Hungerrenten in seinem Land ansehen,immer nur laabern aber dreimal nix tun. Ein Land voller Problemer die nie gelöst werden.