Europäische Personalspiele – Debatte um Juncker-Nachfolge beginnt

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Die deutsche Wirtschaftstageszeitung Handelsblatt hat in ihrer Donnerstagsausgabe eine Diskussion zur Personalpolitik in der Europäischen Union losgetreten. Der Hintergrund: Alle Spitzenpositionen in Europa müssen 2019 neu besetzt werden.

Im kommenden Jahr müssen alle Spitzenpositionen in Europa neu besetzt werden. Das Mandat des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) läuft aus, was das Ende der Amtszeit von Mario Draghi bedeutet. Mit den Europawahlen müssen auch das Amt des EU-Kommissionspräsidenten und das des Ratspräsidenten der Europäischen Union neu besetzt werden. Damit wird der ehemalige Luxemburger Regierungschef und derzeitige Präsident der EU-Kommission Jean Claude Juncker in den europäischen Ruhestand geschickt. Auch der Posten des derzeitigen Ratspräsidenten, Donald Tusk, wird neu besetzt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel soll ihre Prioritäten in diesem Personalkarussell gesetzt haben, schreibt die angesehene deutsche Wirtschaftstageszeitung Handelsblatt.

Nach Darstellung der Zeitung soll Merkel in einem Gespräch mit dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, verdeutlicht haben, dass sie kein Interesse daran habe, ihn im kommenden Jahr als Kandidaten für die Nachfolge des derzeitigen Präsidenten der EZB, Mario Draghi, ins Rennen zu schicken. Weidmann gilt als Falke, eher in der Stabilitätsphilosophie der langen Tradition der Deutschen Bundesbank. Weidmann gilt als Gegner der Philosophie des leichten Geldes, die Mario Draghi als Politik umsetzt. Das heißt aber nichts. Einerseits hat Weidmann teilweise Entscheidungen von Draghi mitgetragen. Andererseits ist ein EZB-Präsident in einen Rat eingebunden, der durchaus kontrovers diskutiert. Von den Grundsatzentscheidungen des Rats ist der Präsident abhängig. Der Rat stützt Draghi. Weidmann würde also die Politik der EZB nicht grundlegend ändern können. Überdies müsste er damit rechnen, dass die Südländer, jene, die gemeinhin als „Club Med“ bezeichnet werden, zu einem grundlegenden Wandel der monetären Politik nicht bereit wären.

Teure Kandidatur

Die deutsche Kanzlerin dürfte eine Kandidatur von Weidmann überdies als „teuer“ empfinden. Deutschland findet seine Gegner für eine monetäre Stabilitätspolitik vor allem in jenen Ländern, die die Bedingungen des Stabilitätspaktes nicht erfüllen wollen. Länder, die andererseits aus welchen Gründen auch immer Deutschland nicht mögen. Der Preis, den Deutschland für den Posten des Präsidenten der EZB zu zahlen hätte, ist in den Augen der Kanzlerin zu hoch für das, was sie bekäme. Das heißt nicht, dass die Karriere für Weidmann beendet sein muss. Der 50-Jährige ist noch jung genug für internationale Finanzorganisationen.

Nach Meinung des Handelsblatts, arbeitet Merkel vielmehr daran, einen Deutschen oder eine Deutsche in das Amt des Kommissionspräsidenten der Europäischen Union zu bugsieren. Der „politische Präsident“ Jean Claude hat ihr gezeigt, welches Gewicht die Europäische Union im Ausland hat. Anders als bei der Zentralbank entscheidet der europäische Rat mit dem Europaparlament über der Präsidenten. Hier hat sich seit der letzten Europawahl eingebürgert, dass der Präsident aus der politischen Familie kommt, die die Wahl gewonnen hat. Die Annahme – nicht nur in Berlin – ist aber, dass die Europäische Volkspartei (EVP, der die deutsche CDU/CSU angehört) im Parlament die stärkste Fraktion werden wird. Das Brüsseler Büro der Wirtschaftszeitung nennt aus der europäischen Gerüchteküche Enda Kenny (Irland), Alexander Stubb (Finnland) und Manfred Weber (Deutschland), Chef der EVP Fraktion im Europaparlament. Das Berliner Büro der Zeitung sieht andere deutsche Namen: Ursula von der Leyen (CDU-)Verteidigungsministerin, die auch schon als neue Nato-Generalsekretärin im Gespräch war und den Saarländer Peter Altmeier, derzeit Wirtschaftsminister, der als kommissarischer Finanzminister in Brüssel bereits nachhaltigen Eindruck hinterlassen hatte.

Was ist mit Frankreich?

Das Berliner Europa-Personalspiel findet möglicherweise sogar eine Ergänzung auf französischer Seite. Frankreich hat niemanden, der Anspruch auf die Präsidentschaft der Kommission erheben könnte. In Frage käme Michel Barnier, Ex-kommissar, Verlierer der Wahl gegen Jean Claude Juncker und derzeit mächtiger Brexit-Unterhändler Europas. Michel Barnier soll Interesse bekundet haben, die Brexit-Verhandlungen zu beenden, was ihn möglicherweise aus dem Rennen nimmt. Interesse bekundet hat Pierre Moscovici, früherer französischer Europaminister, Finanzminister und nun EU-Kommissar. Aber gegen ihn hatte Berlin bereits bei seiner Ernennung zum EU-Kommissar Bauchschmerzen signalisiert. Moscovici ist andererseits französischer Sozialist und hat auch als Kommissar eine Nähe zu seiner Partei und zu seinem Präsidenten Francois Hollande nie verheimlicht. Moscovici ist in Frankreich auch für eine Steuerpolitik verantwortlich, die zu der Bewegung „Nase voll von Steuern“ geführt hatte. Er dürfte kaum Chancen haben, von Emmanuel Macron ins Rennen geschickt zu werden.

Bei der europäischen Zentralbank sieht die Situation dagegen anders aus. Hier hat, so zählt das Handelsblatt auf, Frankreich gleich mehrere Vorschlagsmöglichkeiten. Der Chef der französischen Notenbank, Francois Villeroy de Galhau, Mitglied der Jahrhunderte alten Keramik-Dynastie Villeroy & Boch, würde auf einhellige Zustimmung treffen. Aber auch Christine Lagarde, derzeit Cheffin des Internationalen Währungsfonds, wird für den Posten ins Spiel gebracht. Frankreich hat andererseits das Problem, dass der ausgewiesen Experte und Mitglied des Direktorium Benoit Coeuré nicht wiedergewählt werden kann. Würde Francois Villeroy de Galhau Präsident der EZB, böte sich ein Ämtertausch an.

Merkel muss Spitzenkandidaten benennen

Das Berliner Ämterspiel für Europa wird lange vor der Europawahl konkret werden. Will die Kanzlerin wirklich Macht in Brüssel ausüben, muss ein Spitzenkandidat für den Wahlkampf benannt werden. Das wird wohl bis Ende des Jahres erfolgen. Ob nach der Wahl allerdings die Berliner Ideen Wirklichkeit werden, hängt nicht zuletzt von Ländern wie Irland, Finnland, möglicherweise auch der Niederlande ab, die seit langem beklagen, dass die „Großen“ die Ämter unter sich aufteilen.

In Deutschland verweist man darauf, dass das Land bisher nur einen Kommissionspräsidenten gestellt hat, mit Walter Hallstein (bis 1967) den ersten in der damals EWG genannten Union. Luxemburg stellte drei, Gaston Thorn, Jacques Santer und Jean Claude Juncker. Letzterer hat betont, dass er keine zweite Amtszeit anstrebe. Jacques Santer führte die gesamte Kommission in den Rücktritt, nachdem die von Frankreich benannte Kommissarin Edith Cresson in den Verdacht der Vorteilsgewährung geraten war.

fluppes
26. August 2018 - 13.35

Vläicht sollte mol d'Bierger gefrot gi wien an Europa wou soll sëtzen? Dat nennt een Demokratie mä domat hu mir jo bekanntlech e klenge Mëssel. An de gudde Jean-Claude huet dee Problem mam Ischias, hien huet seng Pensioun dofir och wuel verdéngt.

Laird Glenmore
26. August 2018 - 10.25

Hoffentlich keine Deutschen Vertreter !!! Die deutschen sind immer nur ihrem alten Kontrollwahn verfallen wie sie ihn vor über siebzig Jahren an den Tag legten und diese Zeit wollen wir doch nicht wieder. Man braucht doch nur im Fernsehen zu verfolgen wie auf deutschen Straßen und Grenzen kontrolliert wird wie im einem Polizeistaat. Man darf den deutschen nicht zu viel Macht in Europa geben besser wären und das ist nur meine Meinung Vertreter aus anderen Ländern. Christine Lagarde wäre nicht schlecht.