Europa League: F91 macht seinen Traum wahr

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Nach der Kür folgte die Bestätigung: Es war kein Sensationserfolg, den rund 12.000 Zuschauer in Warschau gesehen hatten. Auch im Rückspiel der dritten Runde der Europa League hatte der F91 Düdelingen den Favoriten aus Polen teilweise an die Wand gespielt. Zwar zeigte Legia Warschau nach der Pause ein anderes Gesicht und ließ die Luxemburger auch mächtig leiden, doch mit viel Einsatz und etwas Glück verwalteten die Hausherren ihren Vorsprung über die Zeit. Nun wartet der rumänische Meister Cluj in den Play-offs.

Trotz des 2:1-Vorsprungs aus dem Hinspiel wollte im Vorfeld dieses Spiels niemand sich beim F91 eine Favoritenrolle aufdrücken lassen. Die Angst vor einer Reaktion oder einem Befreiungsschlag des polnischen Titelträgers war zu groß. Legia Warschau stand trotz seiner vielen Probleme und enttäuschenden Ergebnisse in der Pflicht und alles andere als der Einzug in die vierte Runde galt als undenkbar. Bis eben am Donnerstag …

F91-Trainer Dino Toppmöller hatte es angedeutet: Der Portugiese Ricardo Sa Pinto, am Donnerstag zum ersten Mal beim polnischen Meister in der Verantwortung, würde innerhalb von drei Tagen keine ganze Mannschaft umkrempeln können. Der Luxemburger Profi Chris Philipps ersetzte den Rotsünder Astiz in der Viererverteidigung – die erste große taktische Veränderung gegenüber dem Hinspiel. Im Sturm durfte Kanté von Beginn an ran, auch der angeschlagene Ex-Bundesligaprofi Hlousek war für das Rückspiel wieder rechtzeitig wieder fit geworden. Bei den Düdelingern gab es zwei Wechsel: Den gesperrten Schnell ersetzte Nationalspieler Malget, für Sinani stand Turpel in der Startformation.

Damit stand auch gleich beim Blick auf die Spielerbögen fest, dass der BGL-Ligue-Meister nicht vorhatte, sich während 90 Minuten aufs Verteidigen zu beschränken. Ganz im Gegenteil sogar … In der 4. schickte Turpel seinen Sturmpartner Stumpf beispielsweise ein erstes Mal in die Tiefe – doch das absolute Highlight, ein traumhaftes Tor, gelang diesem Duo „erst“ drei Minuten später: Couturier schickte Turpel mit einem weiten Ball in die Gasse, woraufhin er das gesamte Legia-Interesse auf sich zog. Trotzdem behauptete sich der 25-Jährige und legte für den F91-Neuzugang auf, der aus 15 Metern abzog. In der 13. bot sich ein ähnliches Bild, doch Stolz konnte das Zuspiel von Turpel nicht verwerten.

F91 führte 2:0

Überhaupt war der Luxemburger Mittelstürmer in dieser Phase des Spiels überall anzutreffen: Nachdem er im Hinspiel zunächst zusehen musste, präsentierte er sich am Donnerstag in einer sehr starken Verfassung. Enorme Laufwege und nicht umsonst auch die Vorlage zum zweiten Treffer standen nach nicht einmal 20 Minuten auf seiner Habenseite: Ein Bilderbuch-Passspiel mit Cruz innerhalb des Legia-Strafraums endete in der 18. im gegnerischen Netz. Die Luxemburger führten 2:0 und standen mit einem Fuß im Play-off.

Zwischenzeitlich hatte Cafu zwar einen Warnschuss in Richtung Joubert abgegeben, doch der Ball flog am Gehäuse vorbei. Platziert war dagegen der wuchtige Schuss von Stolz, der Malarz in der 27. zu einer Parade zwang.

Der Favorit war angezählt, aber nicht k.o.: Der erneut brandgefährliche Kucharczyk setzte sich gegen El Hriti durch und leitete auf Kanté weiter, der in der 33. auf 1:2 verkürzte. Die F91-Truppe ließ sich nicht von ihrem Weg abbringen und knüpfte dort an, wo sie aufgehört hatte: Turpel und Couturier (39.) blieb der Erfolg vor dem Tor allerdings verwehrt, in der 42. scheiterte Malget am Pfosten.

Einzug in die nächste Runde

Nach dem Dreh blieb Philipps in der Kabine und die Gäste erhöhten den Druck, und zwar gewaltig. Die zwei Schüsse von Kanté (47., 48.) deuteten früh an, in welche Richtung es nun für die Warschauer gehen sollte. Düdelingen schaffte es nicht, das Leder aus der Gefahrenzone zu befördern und stand minutenlang unter Dauerbeschuss. Trotz ihrer Möglichkeiten zogen die Polen daraus aber kein Kapital. Auch nach einem Ballverlust von Turpel verfehlte Szymanski das Tor um einige Meter (63.). Mit einer gefährlichen Flanke von Jordanov meldete sich der F91 zurück, doch Stumpf kam nicht mehr an den Ball (69.).

Toppmöller hatte den nächsten Schachzug bereits in der Vorwoche angekündigt. Sollte es in den letzten 20 Minuten darum gehen, die defensive Abteilung mit einem erfahrenen Mann zu verstärken, würde er sich für folgende Option entscheiden: den Ex-Metzer Bisevac als Abwehrchef einer Fünferkette einzuwechseln, für die es nun darum ging, den Vorsprung über die Zeit zu retten. Legia stemmte sich bis zum Schluss gegen die Niederlage und das Ausscheiden in der dritten Runde: Mit einem flachen Schuss ins rechte Eck besorgte Kanté den Ausgleich vier Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit.

Es wurde noch einmal richtig brenzlig vor dem Joubert-Tor, der sich in der 90. noch auf einen Ball werfen musste. Vier lange Minuten mussten die Düdelinger nach dieser Aktion noch über sich ergehen lassen, bevor der Unparteiische die Mannschaft erlöste. Den historischen Moment erlebten zwar rund 10.000 Zuschauer weniger als letzte Woche, doch das war den Spielern letztendlich egal. Sie feierten ihre verdiente Qualifikation und werden sich ab Freitag mit dem rumänischen Meister Cluj auseinandersetzen dürfen.

chd


Stimmen

Flavio Becca (Mäzen des F91 Düdelingen): „Die Mannschaft hat fantastisch gespielt und hat verdient gewonnen. Wir haben gekämpft und waren klar das bessere Team. Mir war zu keinem Moment angst und bange. Und jetzt schauen wir von Spiel zu Spiel. Ziel ist es aber unmissverständlich, in die Gruppenphase der Europa League zu kommen. Daraus mache ich keinen Hehl.“

Paul Philipp (FLF-Präsident): „Düdelingen hat verdient gewonnen, besonders in der ersten Halbzeit waren die Mannen von Dino Toppmöller die klar bessere Mannschaft. Das ist natürlich eine tolle Werbung und für den Luxemburger Fußball ist es ist ein großartiger Moment. Das war noch nie da.“

Romain Schumacher (Präsident F91): „Ich bin stolz auf unsere Mannschaft. Alle haben einen prima Job gemacht und wir haben verdient gewonnen. Und jetzt geht es in der nächsten Runde gegen Cluj aus Rumänien. Ich warne allerdings davor, bei der ganzen Euphorie die Meisterschaft nicht aus den Augen zu verlieren.“

Jonathan Joubert (Kapitän F91): „Wir haben verdient gewonnen, auch wenn es zum Schluss noch richtig spannend wurde. Entscheidend wird jetzt sein, dass wir uns von den Strapazen erholen und das Spiel gegen Cluj bestmöglich vorbereiten. Ich bin stolz auf mein Team und glücklich, Teil dieser Mannschaft zu sein.“

Ricardo Sa Pinto (Legia-Trainer): „Nach dem Hinspiel war es für uns nicht leicht. In der ersten Hälfte haben wir nicht das Nötigste getan. Sie haben aus ihren zwei Möglichkeiten auch zwei Tore gemacht. Psychologisch war das schwer zu verkraften. In der Pause haben wir einige Änderungen vorgenommen. Das Team hat die richtige Reaktion gezeigt, doch der Schiedsrichter wollte nicht, dass wir hier als Sieger vom Platz gehen. Er hat uns einen klaren Elfmeter verwehrt. Glückwunsch an den Unparteiischen … Ich hätte mir einen fairen Schiedsrichter gewünscht.“

Dino Toppmöller (Trainer F91): „Ich war ein bisschen überrascht, dass Legia nicht von Anfang an diesen Druck machte wie in der zweiten Hälfte. Wir hatten uns für zwei Schnelle vorne entschieden, obwohl Sinani eigentlich nicht wegzudenken ist aus der Startelf. Dieses Spiel ist schon ein Highlight, auch wenn wir zweimal die Meisterschaft gewonnen haben, das hier ist schon etwas ganz anderes. Man muss den Hut vor meiner Mannschaft ziehen. Wir haben uns noch nicht mit dem Gegner beschäftigt. Es war klar, dass es Cluj werden würde, das wird genauso schwer wie gegen den polnischen Meister. Wir wollen diesen Schritt auch noch gehen, aber jeder muss sich bewusst sein, dass das nicht mal einfach so im Vorbeigehen funktionieren wird.“
Lg/chd