DrogenprozessEscher Barbesitzerin will Drogendeals nicht bemerkt haben

Drogenprozess / Escher Barbesitzerin will Drogendeals nicht bemerkt haben
Drei Wochen lang hatten die Beamten die Kreuzung der Avenue de la Gare mit der Rue Nothomb im Auge. Das angrenzende Café Chez Nadia sei Dreh- und Angelpunkt der Escher Drogengeschäfte gewesen, behauptet die Staatsanwaltschaft.  Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Acht Verhandlungstage waren im Escher Drogenprozess angesetzt. Am Ende aber könnte bereits nach der Hälfte Schluss sein: Nachdem in den vergangenen Tagen Ermittler und Beschuldigte aussagen durften, könnte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag (12.12.) bereits ihren Strafantrag vorlegen.

Von Eric Hamus

„Es werden jeden Tag weniger“, musste Guy Herrmann, der vorsitzende Richter der 16. Strafkammer am Bezirksgericht Luxemburg am Mittwoch (11.12.) zum Auftakt des dritten Prozesstages feststellen. Bereits zum Prozessauftakt am Montag waren nur neun der 15 Beschuldigten vor Gericht aufgetaucht. Und auch an den Folgetagen schien es zunächst, als gingen jeden Tag immer mehr Beschuldigte verloren. Allerdings hatten sie lediglich Schwierigkeiten, mit Zeiten den Weg in den Gerichtssaal zu finden. Nach etwa einer Stunde war denn auch gestern die Anklagebank wieder vollzählig besetzt.

14 junge Männer nigerianischer und kapverdischer Herkunft müssen sich seit Montag wegen des Besitzes, Transports und Verkaufs illegaler Drogen vor Gericht verantworten. Einer 41-jährigen Barbesitzerin wird überdies vorgeworfen, den Verkauf der Drogen erleichtert zu haben, indem sie den Dealern in ihrem Gasthaus zumindest freie Hand ließ. Tatsächlich geht der Prozess zurück auf eine groß angelegte Razzia im Escher Bahnhofsviertel am 16. Oktober 2018. Mehrere Wochen lang hatten sich die Ermittler an der Kreuzung der Avenue de la Gare mit der Rue Nothomb auf die Lauer gelegt und mehr als 100 Übergaben festgehalten. Dabei habe sich das Café Chez Nadia als Dreh- und Angelpunkt der Geschäfte heraus geschält.

Was der Anwalt der Barbesitzerin, Me Daniel Noël, gestern allerdings entschieden zurück wies. Das Café seiner Mandantin sei keineswegs eine Drehscheibe des Drogenhandels im Escher Bahnhofsviertel gewesen, so der Verteidiger. „Gedealt wurde vor der Tür“, betonte Me Noël. Deshalb habe seine Mandantin auch nichts von den Geschäften mitbekommen. Entsprechend könne das Gericht auch nicht anders, als einen Freispruch zu sprechen, forderte der Anwalt.

Diskrete Einkäufe

Freisprüche forderten gestern auch die Anwälte verschiedener jungen Männer. So hat beispielsweise einer der Beschuldigten angegeben, sich nie etwas zu Schulden haben kommen lassen. Er habe lediglich in der Gegend der Kreuzung gewohnt. Auf den Hinweis des Richters, dass der junge Mann innerhalb von drei Wochen gleich bei vier Übergaben beobachtet wurde, meinte dieser: „Wenn ich etwas einkaufe, dann mache ich das diskret“. In anderen Worten: Er sei nicht Dealer, sondern Kunde. Verkauft habe er nie. Dem hielt der Richter zwei entsprechende Verurteilungen aus Belgien entgegen. „Das ist das erste Mal, dass ich davon erfahre“, protestierte darauf hin der Anwalt des jungen Mannes. Davon ließ sich Richter Herrmann aber nicht beirren: „Ich glaube, dass man einem offiziellen Auszug aus dem Strafregister doch etwas mehr Glauben schenken kann als einem Angeklagten.“

Ein Geständnis bekamen die Richter der 16. Strafkammer gestern aber auch noch zu Ohren: Einer der zwei jungen Männer, die sich derzeit in Haft befinden, gab zu, Drogen verkauft zu haben. Er sei nicht er selbst gewesen, habe in der Zeit viele Probleme gehabt, versuchte sich der junge Angeklagte nigerianischer Herkunft zu rechtfertigen. Der junge Mann hatte bereits während der Ermittlungen zugegeben, mit den Drogengeldern seine Schulden bei einem Schlepper abbezahlt zu haben. Dieser habe ihn für sehr viel Geld nach Europa geschleust.

„Ich bin seit 2015 in Luxemburg. Zu einem gewissen Moment wurde mir befohlen, Drogen zu verkaufen“, so der Angeklagte. Im Café selbst aber habe er nie verkauft, weil er von der Besitzerin des Lokales verwiesen worden sei, so der Angeklagte, bevor er das Gericht um eine zweite Chance bat.
Das Verfahren wird heute Nachmittag fortgesetzt. Dabei könnte die Staatsanwaltschaft bereits ihren Strafantrag vortragen, womit zumindest die Verhandlung abgeschlossen wäre. Vorerst aber soll nochmals die Besitzerin des Café Chez Nadia zu Wort kommen. Sie streitet die Vorwürfe weiterhin kategorisch ab.

de Prolet
16. Dezember 2019 - 12.48

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