Es werde Licht: Die Laserforschung kommt nach Luxemburg

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Der Nobelpreis für Physik ging in diesem Jahr an drei Laserforscher. Das Feld war bisher in Luxemburg nicht vertreten. Das wird sich ändern. Der Forscher Daniele Brida baut gerade an einem Laser-Labor auf dem Limpertsberg und wird ab Februar auch an der Universität lehren.

Daniele Brida saß am Nachmittag des 2. Oktober in seinem Büro auf dem Limpertsberg. Links lief eine Liveübertragung aus Stockholm, wo gerade die Sieger des Nobelpreises für Physik verkündet wurden. Rechts chattete er über ein Skype-Fenster mit Kollegen aus aller Welt. Lange hatten sie untereinander spekuliert, wer den prestigeträchtigen Preis gewinnen würde, doch mit diesen drei Namen hatte keiner gerechnet. „Die Auszeichnungen kamen viel zu spät“, sagt Daniele Brida, als er am Tag darauf in seinem Büro die Sieger Revue passiert. Die Arbeit von Gérard Mourou und Donna Strickland, zwei der drei Nobelpreisgewinner, ermöglichte den Bau eines besonders starken Lasers. „Diese Technologie ist schon 30 Jahre alt“, sagt Brida. Die Arbeit, für die sie den Nobelpreis nun erhalten, wurde im Jahr 1985 veröffentlicht.

Auch der dritte Nobelpreis, der an den Amerikaner Arthur Ashkin ging, war eine Überraschung. Er hatte die Idee für ein Verfahren, das es ermöglicht, mit Lichtstrahlen Zellen und Quantenobjekte zu manipulieren. Brida spricht von einem Wiedergutmachungs-Preis. „Einer seiner Studenten hat sein Konzept für ein weiteres moderneres Verfahren genutzt und schon vor 20 Jahren damit einen Nobelpreis gewonnen.“ Deswegen sei es an der Zeit gewesen, dass Ashkin seinen Preis erhielt.

Einen der Preisträger, Gérard Mourou, kennt er sogar persönlich. Bevor er in Luxemburg landete, studierte Brida an der polytechnischen Universität in Mailand. Dort kreuzte Mourou immer wieder auf und half bei verschiedenen Arbeiten, weil er ein persönlicher Freund eines Professors der Universität war.

Die Lasertechnologie wird mittlerweile vielfältig genutzt. Zum Beispiel bei der Herstellung von Smartphones: Das Display wird mit einem Laser geschnitten. Oder in der Medizin, wo die Lichtstrahlen Korrekturen an den Augen ermöglichen. Sogar das Militär greift auf die Technologie zurück. Lichtschwerter gibt es zwar keine – das ist laut Brida physikalisch gar nicht möglich –, dafür aber Laser, die die Wärmebildkameras von Raketen blenden oder durch die Hitze ganze Maschinen der Gegner lahmlegen können.

„Es ist gut für unser Forschungsfeld, dass ausgerechnet Laserforscher den Preis erhalten haben“, sagt er. Und dieses Feld wird mit Brida in Zukunft auch einen Vertreter in Luxemburg haben. Er ist noch nicht lange hier. Erst seit Juli arbeitet er als Professor an der Universität. Davor war er in Konstanz. Eigene Studenten hat er noch nicht. Seine ganze Zeit widmet er im Moment seinem Laser-Labor, das in den kommenden Wochen auf dem Limpertsberg entstehen wird.

Dort wurde ihm im dritten Stock der Universität ein großer Raum zur Verfügung gestellt. Früher wurde hier Biologie gelehrt. Entlang der Fenster stehen noch Waschbecken. Im hinteren Bereich des Raumes hängt eine Tafel. Dass Brida hier am Werk ist, erkennt man trotzdem. Gegenüber der Tafel steht eine riesige Maschine, aus der ein Rohr ragt, das sich über die gesamte Decke zieht. Es handelt sich um eine Kühlanlage, die wegen der von den Lasern erzeugten Hitze notwendig ist. Auf dem Boden befinden sich Markierungen, die drei Felder zeichnen. Hier werden später die Laser-Konstruktionen stehen.

Zwei davon hat Brida gekauft. Sie kosten jeweils 200.000 Euro. Eine dritte hat der Forscher selbst gebaut, als er noch in Konstanz arbeitete. Bis alles steht, wird es aber noch dauern. Der Umzug ist kompliziert. „Es ist unmöglich, das Material über einen Aufzug in den dritten Stock zu bringen“, erklärt Brida. Ein Tisch mit den Laserkonstruktionen wiegt etwa eine Tonne. Deswegen muss extra ein Kran gemietet werden, der alles über ein Fenster hineinhievt. Wenn alles steht, kann Brida mit der Arbeit beginnen.

Er wird auf dem Limpertsberg die Lichtstrahlen nutzen, um die Eigenschaften von Materialien zu erforschen. Es geht also darum, gebündeltes Licht durch verschiedene Materialien zu jagen und zu analysieren, wie diese reagieren. „Ich bin also nicht nur Laserforscher, sondern auch Materialforscher.“ Deswegen ist er überhaupt in Luxemburg gelandet. Die Materialforschung wurde von der Universität als einer ihrer zukünftigen Schwerpunkte auserkoren.

Sein Aufenthalt auf dem Limpertsberg ist zeitlich begrenzt. In vier Jahren wird er weiterziehen. Nicht etwa ins Ausland, sondern nach Belval. Eigentlich wäre er am liebsten gleich dorthin gezogen, das war aber nicht möglich, weil die Gebäude noch nicht bereit sind. Sie sind zwar gebaut, aber nicht auf ein Laser-Laboratorium ausgerichtet.
Jetzt konzentriert er sich aber erst mal auf seine Arbeit in der Stadt. Wenn sein Labor steht, beginnt die härteste Aufgabe für ihn: Ab Februar wird er sich seinen Studenten widmen müssen. Der Posten auf der Universität Luxemburg ist sein erster Job als Professor. Mit 36 Jahren ist er eigentlich noch sehr jung dafür. Er musste sich gegen 200 weitere Bewerber durchsetzen. „Ich weiß nicht, ob ich jemandem empfehlen würde, eine akademische Karriere einzuschlagen“, sagt er. „Es gibt einfach so wenige Jobs und die Konkurrenz ist riesig.“


Physik und Sexismus

Die Physik stand in den letzten Tagen nicht nur wegen dem Nobelpreis im öffentlichen Interesse. Vor kurzem sorgte ein Physiker des Schweizer Recherche-Institut CERN für Kritik, weil er meinte, „Physik ist von Männer erfunden und gebaut worden“. Obwohl es sich eigentlich um ein Seminar über Frauendiskriminierung handelte, meinte er, dass vielmehr die Männer diskriminiert würden. Die Frauen würden wegen ihres Geschlechts und nicht wegen ihres Verdienstes eingestellt werden. Der Wissenschaftler wurde suspendiert.

Auch nach der Nobelpreisverkündung flammte das Thema wieder auf, als Beobachter darauf hinwiesen, dass Gérard Mourou vor dem Preis eine Wikipedia-Seite hatte. Donna Strickland hatte keine, obwohl die beiden gemeinsam an dem Projekt gearbeitet hatten. Sie ist übrigens erst die dritte Frau, die einen Nobelpreis für Physik erhielt. „Das mit der Wikipedia-Seite hat andere Gründe“, meinte Laserforscher Daniele Brida im Gespräch mit dem Tageblatt. Mourou sei nach dieser Arbeit immer wieder in der Physik aufgefallen, während das bei Strickland nicht der Fall gewesen sei. „Es kann aber sein, dass Sexismus ihre Karriere ausgebremst hat“, sagt er.

Es sei Fakt, dass es sehr wenige Physikerinnen gebe. Er sieht die Ursache hierfür allerdings weniger beim Fach als in der Gesellschaft. „Wenn man einem Mädchen eine Puppe zum Spielen gibt und einem Jungen ein Roboter, ist es normal, dass sie sich später in die eine oder in die andere Richtung orientieren werden.“ Genau hier müsse seiner Meinung nach angesetzt werden, damit später auch mehr Frauen in den lange von Männer dominierten Wissenschaften landen und die Unterschiede irgendwann aufgehoben werden.

Er wies darauf hin, dass in seinem ersten Studienland, in Italien, relativ viele Frauen in seinem Forschungsfeld arbeiteten. „Das liegt daran, dass dort Literatur und Kunst viel wichtiger sind und es eigentlich keinen interessiert, wer Physik studiert.“ In seinem zweiten Studienland, Deutschland, wo die Naturwissenschaften wichtiger sind, habe die Situation ganz anders ausgesehen. „Dort gab es fast nur Männer im Fach.“