„Es geht darum, Leben zu retten“: Drogenkonsumraum in Esch öffnet im September

„Es geht darum, Leben zu retten“: Drogenkonsumraum in Esch öffnet im September

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In einem Punkt waren sich die Bürger bei der Informationsveranstaltung am Mittwochabend einig: Es ist gut, dass Suchtkranken in Esch geholfen wird. Der Drogenkonsumraum, der ab September in der Luxemburger Straße seinen Dienst aufnehmen wird, bereitet den Einwohnern dennoch Sorgen.

Info

Am 25. Juli findet die offizielle Einweihung von „Contact Esch“ statt.

Tag der offenen Tür ist am 30. August zwischen 14.00 und 18.00 Uhr und am 31. August von 10.00 bis 14.00 Uhr.

Im September öffnet der Drogenkonsumraum dann seine Türen für die Konsumenten. „Contact Esch“ wird nur tagsüber und in der Woche geöffnet sein.

Vorurteile abbauen und Ängste aus der Welt schaffen, bevor sie überhaupt entstehen: Das war das Ziel der Informationsveranstaltung bezüglich des Drogenkonsumraums, der im Herbst in Esch seine Türen öffnet. Standort ist das Haus Nummer 130 zwischen dem Lallinger CactusSupermarkt und der Kulturfabrik.

„Contact Esch“ wird neben „Abrigado“ in der Hauptstadt die zweite Anlaufstelle dieser Art in Luxemburg – und, wenn es nach Jean-Nico Pierre geht, nicht die letzte. Der gelernte Sozialhelfer leitet das Projekt in Esch und ist seit 2011 Direktor bei der „Jugend- an Drogenhëllef“ (JDH).

 

Esch übernimmt Verantwortung

„Zwei Drogenkonsumräume reichen nicht aus. Das Land benötigt noch mindestens einen weiteren im Norden. Jede Region muss ihre Verantwortung übernehmen, damit sich das Problem nicht, wie bisher, auf den einen Hotspot in Bonneweg konzentriert. Es ist gut, dass Esch diese Verantwortung nun für den Süden übernimmt“, sagte Pierre während der Versammlung.

Immerhin kommen laut Dr. Alain Origer, Drogenbeauftragter des Gesundheitsministeriums, 27 Prozent der Konsumenten von „Abrigado“ aus dem Süden. Bei einer Besucherzahl von schätzungsweise 200 Menschen am Tag wären das 54 Personen, die in Zukunft im „Contact Esch“ betreut werden können. „Viele von denen, die kommen werden, kennen wir schon“, sagte Pierre. Die JDH ist bereits seit 2007 in der Escher rue Saint-Vincent vertreten und bietet dort Beratungsgespräche für Drogenkonsumenten an. Auch Streetwork gehört seit Jahren zu den Aufgaben der JDH in Esch.

Problem existiert bereits

„Das Problem kommt nicht mit dem Drogenkonsumraum nach Esch“, betonte Sozialschöffin Mandy Ragni am Mittwoch. „Es existiert bereits. Die Einrichtung wird nicht geschaffen, um die Situation zu verschlechtern, sondern um sie zu verbessern.“

Um die Drogenhotspots in Esch bereits im Vorfeld zu identifizieren, hat die JDH die „Action sociale urbaine de proximité“ durchgeführt. „Wir sind durch Esch und die Nachbargemeinden gegangen und haben uns angeschaut, wo sich die Konsumenten treffen und wo Spritzen liegen bleiben“, erklärte Pierre.

Die Sozialarbeiter des JDH haben sich bei der Gelegenheit auch bei den potenziellen Nutzern von „Contact Esch“ vorgestellt und sie über die zukünftigen Möglichkeiten informiert. Sie möchten erreichen, dass Betroffene alle Dienste der Organisation durchlaufen, von der medizinischen Betreuung über die psychologische bis hin zur Sozialisierung und im Idealfall zur Vermittlung an eine Therapie in Luxemburg oder im Ausland.

Ausbildung für den „Service hygiène“

Ziel eines Drogenkonsumraums ist aber in erster Linie das Retten von Leben. Das betonte Dr. Alain Origer am Mittwochabend. Denn bei einer Überdosis könne das medizinische Personal sofort eingreifen. Die „Fixerstuff“, wie die Einrichtung in Bonneweg im Volksmund genannt wird, hat bereits viele Leben gerettet. Von 2.000 Überdosen seit 2005 sei keine tödlich geendet. Seitdem wurden 600.000 Konsumvorgänge dort durchgeführt – und somit nicht auf offener Straße. Jährlich werden 400.000 Spritzen im „Abrigado“ gewechselt.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Dadurch dass die Konsumenten saubere Spritzen bekommen, sinkt das Infektionsrisiko erheblich. In Esch soll das gleiche Prinzip angewandt werden wie in Bonneweg. Wer eine benutzte Spritze abgibt, bekommt eine saubere zurück. So soll verhindert werden, dass benutzte Spritzen auf der Straße landen.

Der Escher „Service hygiène“ hat sich ebenfalls im Vorfeld informiert und steht im regen Austausch mit den Kollegen aus der Hauptstadt. Bürgermeister Georges Mischo (CSV) kündigte zudem an, dass die Mitarbeiter des Hygienedienstes noch eine zusätzliche Ausbildung zum Umgang mit gefundenen Spritzen bekommen werden.

 

Die wichtigsten Fragen der Bürger bei der  Informationsveranstaltung

Wie geht die Polizei mit den Dealern um, die mit dem Drogenkonsumraum nach Esch kommen?

Yves Desquiotz (Polizei Esch): „Dealer gibt es auch jetzt schon in Esch. Sie sehen jedoch nicht so aus, wie man sie aus den Filmen kennt, sondern wie du und ich. Vielleicht passt mit der Eröffnung des ‚Contact Esch‘ der eine oder andere besser darauf auf. Wenn jemandem etwas auffällt, sollte derjenige uns das auf jeden Fall melden.“

Wer kümmert sich um die Konsumenten, wenn „Contact Esch“ geschlossen ist?

Martine Kap (Jugend- an Drogenhëllef): „Dieses Problem gibt es ja jetzt schon in Esch. Wenn der Drogenkonsumraum geschlossen ist, werden sie wohl das Gleiche tun wie jetzt auch. Sie gehen nach Hause oder in den Abrisud. Ich stelle einfach mal die Hypothese auf, dass sich mit der Eröffnung des Drogenkonsumraums in Esch nichts ändert.“

Werden Menschen mit Spritzen im Arm vor dem Cactus Lallingen liegen?

Mandy Ragni: „Im Hinterhof des Gebäudes wird es einen kleinen Garten geben, in den sich die Konsumenten zurückziehen können. Dieser wird umzäunt sein, sodass niemand auf das umliegende Gelände gelangt. Es wird einen ‚Doorman‘ geben, der die Eingänge bewacht und aufpasst, dass sich niemand zu lange auf dem Bürgersteig, in der Passage oder auf dem Parkplatz des Cactus aufhält.“

Jean-Nico Pierre: „In Esch gibt es keine Wiese wie in Bonneweg, auf der sich die Menschen niederlassen können. Wir können natürlich nichts zu hundert Prozent garantieren, aber wir werden den Konsumenten unsere internen Regeln nahelegen. Sie haben ein Recht, zu uns zu kommen, aber sie haben auch die Pflicht, unsere Regeln zu respektieren.“

Wie schnell wird den Anwohnern geholfen, falls doch einmal etwas passiert?

Guy Overmann (Polizei Esch): „Das kommt auf die Dringlichkeit des Problems an. Für Beschwerden steht der ‚Service doléance‘ der Escher Gemeinde unter der Telefonnummer 27 54 25 33 oder die ‚permanence sociale‘ unter der Nummer 27 54 55 44 oder der E-Mail-Adresse permancence.sociale@villeesch.lu zur Verfügung. Ist etwas Schlimmes passiert, wie eine Handgreiflichkeit oder ein Überfall, macht die Polizei natürlich alles, was in ihrer Möglichkeit steht, um schnell vor Ort zu sein. Das ist schließlich unser Job.“