Brexit: Die EU und London haben einen Austrittsvertrag ausgehandelt

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Das Abkommen über den EU-Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union steht. Die britische Premierministerin Theresa May konnte am Mittwoch ihre Kabinettskollegen davon überzeugen, dem vorliegenden Entwurf zuzustimmen.

Die EU-Kommission hat am Mittwochabend, nachdem das britische Kabinett dem Entwurf des Abkommens zugestimmt hatte, das 585 Seiten umfassende Dokument veröffentlicht. Daneben haben sich die beiden Verhandlungsseiten auch auf einen Plan für die Verhandlungen über ihre künftigen Beziehungen geeinigt, wie EU-Chefverhandler Michel Barnier am Mittwochabend in Brüssel mitteilte.  Nach 17 Monaten, während denen verhandelt wurde, sei nun eine „entscheidende Etappe erreicht, um die Verhandlungen abzuschließen“.

Noch am Mittwochabend hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, darüber informiert, dass „entscheidende Fortschritte“ bei den Austrittsverhandlungen gemacht worden seien. Diese Formulierung ist die Voraussetzung, damit Tusk einen Sondergipfel der 27 einberufen kann, der sich dann mit dem Verhandlungsergebnis befassen wird. Medienberichten zufolge könnte dieses Treffen bereits am 25. November stattfinden. Der EU-Ratspräsident dürfte dies am Donnerstagmorgen bekannt geben.

Auffanglösung für Nordirland

Der größte Knackpunkt bei den Verhandlungen war bis zuletzt die Grenze zwischen der zum Vereinigten Königreich gehörenden nordirischen Provinz und der Republik Irland. Es sei aber nun eine Lösung gefunden worden, um „eine harte Grenze zu vermeiden“, erklärte Michel Barnier am Mittwoch. Die beiden Verhandlungsparteien wollen sich bis Juli 2020 Zeit geben, um eine definitive Lösung für die innerirische Grenze zu finden. Es soll vermieden werden, dass es dort wieder zu Grenzkontrollen kommt, was den Frieden auf der Insel gefährden würde.

Großbritannien wird ohnehin nach seinem EU-Austritt am 29. März 2019 eine Übergangsphase von 21 Monaten bis zum 31. Dezember 2020 zugestanden. Diese Übergangsphase könne „für einen kurzen Zeitraum“ verlängert werden. Dies könne geschehen, wenn bis zum Juli 2020 keine Lösung in der irischen Grenzfrage gefunden ist. Sollte auch nach Ablauf der Verlängerung der Übergangsphase keine Einigung gefunden sein, trete eine Auffanglösung in Kraft, nach der Nordirland mit der EU und dem Vereinigten Königreich in einer Zollunion bleiben.

Ein „präzises und detailliertes Dokument“

Die Bestimmungen zum Umgang mit dem irischen Grenzproblem sind in einem der drei Protokolle des 185 Artikel umfassenden Austrittsvertrages enthalten. Die beiden anderen Protokolle befassen sich zum einen mit Gibraltar, zum anderen mit den britischen Militärstützpunkten auf Zypern und den dort lebenden 11.000 Zyprioten. Barnier erklärte, der vorliegende Vertragsentwurf sei ein „präzises und detailliertes Dokument“, das allen Beteiligten Rechtssicherheit gebe. In dem Abkommen werden zudem die Rechte der Bürger geregelt, der EU-Bürger in Großbritannien sowie der Briten in den EU-Ländern. Weiter ist darin festgehalten, inwieweit das Vereinigte Königreich seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber der EU nachkommen muss. Barnier brachte es auf die Formel, dass alle Verpflichtungen, die von den 28 eingegangen wurden, auch von den 28 getragen werden müssen.

Zudem gibt es eine Regelung über die sogenannte „Governance“ des Abkommens, wobei etwa festgehalten ist, dass in Streitfragen zur Auslegung des Austrittsvertrages Schiedsrichter eingesetzt werden sollen, um zwischen den beiden Parteien zu schlichten.
In Großbritannien muss die britische Premierministerin den Vertragsentwurf noch durch das Parlament bringen. Was allerdings eine schwieriges Unterfangen sein dürfte, denn selbst viele ihrer konservativen Abgeordneten dürften gegen das Abkommen stimmen. Auf die Frage, ob noch einmal nachverhandelt werden könnte, falls das britische Parlament das Abkommen ablehnt, meinte Michel Barnier, die beiden Seiten hätten ihre Verantwortung genommen, auch die britische Seite. Was bedeuten dürfte, dass es in diesem Fall zu einem No-Deal-Brexit kommt.